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KINOTE 02.2020

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Um einen Wandel der Finanzbranche erfolgreich zu meistern, müssen Kreditinstitute sowohl Chancen als auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erkennen. Unter der neuen Marke KINOTE der Bank-Verlag GmbH finden Sie Meldungen, Studien und Fachartikel zum Themenkomplex KI. Wir beantworten Ihre Fragen rund um KI. Wir berichten über Trends, neue Technologien, Forschungsergebnisse und daraus entstehende Möglichkeiten, die KI Ihrem Unternehmen bietet.

10 02 | 2020 und ihren

10 02 | 2020 und ihren Methodensatz aus eigenem Antrieb zu erweitern. Eine solche Superintelligenz würde rasch die intellektuellen Fähigkeiten jedes Menschen übertreffen. 2 Die Forschung ist mehrheitlich der Ansicht, dass die Entwicklung einer starken KI möglich ist. Auch bei schwacher KI mit begrenztem Anwendungsfeld sind die Aspekte der Kontrolle, Verantwortung, Nachvollziehbarkeit, Risiko und Ethik von hoher Relevanz. Werden z. B. Entscheidungen auf Grundlage von Prognosen oder Optimierungsvorschlägen einer KI getroffen, sind die möglichen Nebeneffekte (z. B. finanzielle, unternehmerische, personelle etc.) zu berücksichtigen, für die die schwache KI nicht ausgelegt ist. Motivation der Studie und Leitfragen Die Bedeutung von KI ist durch ihr großes wirtschaftliches Potenzial gekennzeichnet. So schätzt die Bundesregierung auf Grundlage unabhängiger Studien 3,4 , dass durch den Einsatz von KI eine zusätzliche Bruttowertschöpfung im produzierenden Gewerbe in Deutschland in Höhe von 31,8 Mrd. € innerhalb des Zeitraums von 2019 bis 2023 erzielt wird. Dies entspricht etwa einem Drittel des gesamten prognostizierten Wachstums. 5 Unter der Annahme eines flächendeckenden KI-Einsatzes wird für die gesamte deutsche Wirtschaft eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 480 Mrd. € von 2019 bis 2025 geschätzt. 6 Gleichzeitig wird das Risiko geäußert, Deutschland könne aufgrund niedriger KI-Investitionen im internationalen Vergleich den Anschluss verlieren. 7 Angesichts ihres Potenzials schreitet die KI-Durchsetzung im ERP-Kontext allerdings nur langsam voran. 8 Die Prognose ist jedoch eindeutig: Künstliche Intelligenz wird zukünftig stark in unternehmerischen Kernprozessen verankert sein und die ERP-Landschaft deutlich verändern. In einigen Jahren könnten autonome ERP-Systeme, die komplexe Unternehmensprozesse managen, bereits Standard sein. Diese Studie ist dadurch motiviert, zu beleuchten, wie Unternehmen besser von KI in ERP-Systemen profitieren können. Dazu werden folgende Leitfragen untersucht: ■ Wie wird Künstliche Intelligenz aktuell in ERP-Systemen genutzt? Welche Entwicklungen sind zukünftig zu erwarten? ■ Welche Faktoren verhindern den Einsatz von KI in ERP- Systemen? Wie können bestehende Hindernisse überwunden werden? ■ Welche Chancen, Risiken und Wünsche verbinden Unternehmen mit dem Einsatz von KI in ERP-Systemen? Es wird zudem untersucht, inwieweit die Ergebnisse der Studie auf die in Nordrhein-Westfalen stark vertretenen Branchen übertragbar sind. Aktuelle Use Cases Allgemein lässt sich eine KI-Anwendung in die Komponenten Wahrnehmen, Verstehen, Handeln und Lernen unterteilen. Da jede Komponente sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann, ergibt sich ein breites Spektrum möglicher Use Cases. Das macht KI zum Allzweckwerkzeug. Was eine KI alles tun kann, lässt sich anhand eines vierteiligen Schemas einordnen: 9 Auf der einen Achse steht die Arbeitskomplexität der zu erledigenden Aufgaben, auf der anderen Achse die Komplexität der Datengrundlage. Danach können vier Aufgabenfelder unterschieden werden: ■ Effizienz: Routineaufgaben, die zuverlässig auf einer überschaubaren Datengrundlage ausgeführt werden und sich für die Automatisierung eignen. ■ Effektivität: Routineaufgaben, die durch umfangreiche Informationen, Abhängigkeiten oder Koordination erschwert und durch KI besser bewältigt werden. ■ Expertise: Aufgaben, die in der Regel menschliches Urteilsvermögen, Erfahrung und Expertise benötigen und durch KI-Informationen unterstützt werden. ■ Innovation: Aufgaben im Bereich des kreativen Schaffens bzw. der Ideenbildung, die durch KI-generierte Optimierungen oder Alternativen unterstützt werden. Das Angebot aufseiten der ERP-Anbieter wird derzeit als überschaubar und die Zahl der Anwendungsfälle auf Kundenseite als klein eingestuft. 10 Angesichts der hohen Bedeutung von KI als Wettbewerbsfaktor stellt sich die Frage, warum KI nicht flächendeckend in ERP-Systemen eingesetzt und beworben wird. Es soll im Folgenden untersucht werden, welche Faktoren den KI-Einsatz beschleunigen und welche ihn behindern. Voraussetzungen für den KI-Einsatz in ERP- Systemen Eine KI arbeitet nur so gut, wie die Daten, mit denen sie trainiert worden ist. Dies kann der ERP-Anbieter nur im begrenzten Umfang leisten. 11 Handelt es sich z. B. um Sprach- bzw. Texterkennung oder automatische Übersetzungen, so kann die KI zwar direkt verwendet werden, aber nicht direkt mit dem speziellen Vokabular der Domäne umgehen und Kontexte korrekt erschließen. Dazu muss sie weiterhin angelernt werden.

02 | 2020 11 Hindernisse für den KI-Einsatz in ERP-Systemen Aus den genannten Voraussetzungen lassen sich folgende Hindernisse für den KI-Einsatz ableiten: ■ Small-Data-Problematik: Die Datenmengen sind zu gering für das Training von KI. ■ Fachkräftemangel: Experten mit spezifischem Domänenund Branchenwissen bei gleichzeitiger informationstechnischer Expertise fehlen. ■ Technische Hindernisse: Inkompatible Datenstrukturen, fehlende Schnittstellen oder ungeeignete ERP-Systeme erhöhen den Aufwand für den KI-Einsatz. Für den Fall, dass der KI-Einsatz nur durch einen ERP-Wechsel zu bewerkstelligen ist, werden die damit zusammenhängenden Hindernisse geerbt. ■ Fehlende Wirtschaftlichkeit: Der Aufwand für die Einführung und den Betrieb ist zu groß im Vergleich zum betriebswirtschaftlichen Nutzen. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass die betrachteten Use Cases nicht die richtigen sind. Entscheidend sind neben der Qualität der Daten auch deren Quantität. Im ERP-Kontext sind dies z. B. die Anzahl der Unternehmensprozesse, Aufträge, Transaktionen etc. Ist die Datenmenge zu klein für das KI-Training, spricht man von der Small-Data-Problematik. Schlussendlich muss eine KI- Anwendung auch technisch kompatibel mit dem ERP-System und dessen Datenstrukturen sein. In dem Fall, dass die KI bereits als Bestandteil eines ERP-Pakets ausgeliefert wird, ist das Kompatibilitätsproblem durch den Hersteller (zumindest für die ERP-internen Daten) bereits gelöst. Besitzt ein Unternehmen heterogene Datenlandschaften oder ein älteres, eher unflexibles ERP-System (z. B. als Zweitsystem), so ist der Einsatz von KI eingeschränkt oder mit hohem Aufwand verbunden. Hinzu kommen ethische und juristische Aspekte: ■ Vertrauen in die Technik: 12 Schlussfolgerungen einer KI sind in der Regel nicht nachvollziehbar. Ohne Vertrauen in die Aussagen einer KI könnten menschliche Entscheider diese ablehnen. ■ Datenschutz: Die Umsetzung datenschutzrechtlicher Anforderungen (z. B. Recht auf Löschung) an die KI ist abhängig vom Anwendungsfall und stellt Design-Herausforderungen an die Anbieter. 13 Neben der technischen Umsetzung bedarf es auch einer organisatorischen Umsetzung im Unternehmen (z. B. zur Auskunftspflicht). ■ Haftungsfragen: Der rechtliche Haftungsrahmen für wirtschaftliche Schäden durch Fehlentscheidungen der KI ist bislang nicht geklärt. Es fehlt an belastbaren Präzedenzfällen. Was kann getan werden, um diese Hindernisse abzuschwächen oder zu überwinden? Auf Unternehmensseite sollte eine geeignete KI-Compliance und KI-Governance eingeführt werden, 14 um Fragen von KI-Management, Datenschutz und Haftung zu begegnen. Während das deutsche Haftungsrechtssystem theoretisch lückenlos ist, 15 erscheint es in der Praxis doch lückenhaft und bedarf weiterer Klärung. Es ist zu erwarten, dass sich mit zunehmenden Präzedenzfällen auch hier Wege und Rechtsrahmen etablieren werden, z. B. über spezielle Versicherungen für Hersteller und Betreiber von KI.

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