Aufrufe
vor 1 Jahr

KINOTE 02 // 2022

  • Text
  • Wwwbankverlagde
  • Insbesondere
  • Finanzdienstleister
  • Zeit
  • Banking
  • Richtlinie
  • Keywords
  • Banken
  • Intelligenz
  • Einsatz
  • Unternehmen
Um einen Wandel der Finanzbranche erfolgreich zu meistern, müssen Kreditinstitute sowohl Chancen als auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erkennen. Unter der neuen Marke KINOTE der Bank-Verlag GmbH finden Sie Meldungen, Studien und Fachartikel zum Themenkomplex KI. Wir beantworten Ihre Fragen rund um KI. Wir berichten über Trends, neue Technologien, Forschungsergebnisse und daraus entstehende Möglichkeiten, die KI Ihrem Unternehmen bietet.

10 02 |

10 02 | 2022 Teil deutlich in ihrer Komplexität unterscheiden. Bei der Auswahl sind neben dem konkreten Anwendungsfall auch immer die verfügbare Datengrundlage, die zu modellierende Größe sowie die Schritte zur Datenaufbereitung entscheidend. Das gilt insbesondere für die stärker regulierten Bereiche. Betrachtet man Natural Language Processing (NLP) als Beispiel: Mit NLP soll ein künstlich intelligentes System in die Lage versetzt werden, natürliche Sprache in Maschinensprache und damit verarbeitbare Formate zu übersetzen. So wird aus unstrukturiertem Input ein strukturiertes Dokument. Eine KI kommt selten allein Nun ist es mit einer reinen Übersetzungslogik eines NLP- Modells allerdings nicht getan. Wenn ein System beispielsweise versteht, dass ein Kunde in einer E-Mail eine Kündigung ausspricht oder eine Finanzierung anfragt und dazu einzelne Parameter – wie ein Datum, eine Vertragsnummer oder einen Geldbetrag – erkennt, stellt sich unmittelbar die Frage nach der gewünschten Weiterverarbeitung beziehungsweise der gewünschten Business Logic. Allein daran wird deutlich, dass KI in der Praxis niemals allein auftritt, sondern stets im Kontext eines Systems beziehungsweise eines Business-Prozesses betrachtet werden muss, damit echte Mehrwerte im Einsatz entstehen. NLP wird häufig in der Kunden- und Mitarbeitenden-Interaktion als digitaler Assistent genutzt, also beispielsweise in Form eines Chatbots im Web oder eines Voicebots am Telefon. Auch hier fungiert ein Bot immer im Kontext einer übergreifenden System- und Prozesslandschaft. Immer wieder zeigt sich dabei: Ein Bot erscheint immer nur so intelligent, wie es die Prozessund Systemlandschaft im Hintergrund hergibt. Und die Anwender erkennen schnell, ob diese gut gemacht ist oder eben nicht. KI als Multiplikator: „Kollegin und Kollege KI“ Eine Technologie wie NLP kann, im richtigen systemischen wie auch unternehmerischem Kontext, als regelrechter Multiplikator in der Interaktion mit Kunden sowie in der Verarbeitungskapazität im Hintergrund fungieren. Ein digitaler Assistent kann nicht nur schnell auf individuelle Anfragen reagieren, sondern dies auch auf einer 1-zu-1-Skalierbarkeit. Dem digitalen Assistenten ist egal, ob die Anfragen mitten in der Nacht oder kurz nach der Mittagspause eintrudeln; ihm ist egal, ob ein Kunde nur eine kurze Frage zu Öffnungszeiten hat oder eine Überweisung veranlassen möchte, und ihm ist egal, ob er parallel zwei oder zweitausend Kundinnen und Kunden bedient. Ganz im Gegenteil: Große Mengen an Anfragen und Interaktionen sind sogar hilfreich, denn mit ihnen erhöht sich die Lernmenge an Fällen, aus denen die KI trainiert werden kann. Mit mehr Fällen außerhalb des Entwicklungslabors ist die KI näher an der Realität der Kunden. Fast nebenbei fallen dabei für Kunden Aspekte wie Wartezeiten sowie Service- Zeiten weg, und die Barrierefreiheit wird durch eine textliche sowie sprachliche Interaktion gewährleistet. Aber nicht jeder Fall kann durch die KI fallabschließend bearbeitet werden. Gerade zu Beginn der Einführung können vereinzelte Fälle nicht abschließend geklärt werden, da das NLP-Modell noch nicht jeden Input versteht und korrekt verarbeitet. Dies kann aber über redaktionelle Pflege und gezieltes Training schrittweise optimiert werden. Auch reifere Modelle können nicht jeden Fall automatisch verarbeiten. Gerade komplexe Fälle oder Fragestellungen, die nur selten vorkommen oder neuartig sind, werden von einer KI in aller Regel nicht bearbeitet. In solchen Fällen muss der Mensch weiterhelfen. Reale Kolleginnen und Kollegen können sich allerdings – dank des Einsatzes von KI in den Standardfällen – vollständig auf höherwertige Anfragen und die komplexe Beratung konzentrieren. Mit KI zu einem faireren Banking? Bankgeschäfte sind für die meisten Privatkunden eher ein notwendiges Alltagsübel und kein Thema, mit dem sie sich intensiver beschäftigen möchten. Die Hausfinanzierung etwa dürfte für die Mehrheit der Privathaushalte das größte Finanzgeschäft ihres Lebens sein, während Ratenkredite für den Spontankauf in den Alltag übergegangen sind. Gleichzeitig scheint es, dass die erforderlichen Grundkenntnisse rund ums Thema Geld und Bankgeschäfte nicht bei allen Privatkunden vorausgesetzt werden können. Aber ist das schlimm? Auch ein Auto bringt uns von A nach B, ohne dass wir verstehen, wie genau der Motor funktioniert. KI kann – verantwortungsvoll eingesetzt – insbesondere im Privatkundenbereich einen großen Beitrag dazu leisten, Banking ein Stück fairer zu machen und Kunden auf Augenhöhe mit Banken zu bringen: mit allgemeinverständlichen Erklärungen, gut nachvollziehbaren Optimierungsvorschlägen und kundenindividuellen Handlungsempfehlungen, etwa zur Geldanlage oder zur Kreditablösung. Das Thema Vertrauensbildung ist und bleibt dabei essenziell.

02 | 2022 11 01 | KI-gestützte Kreditantragsstrecke am Beispiel einer geeigneten KI-Software Quelle: msg GillardonBSM AG. Bessere Kundenerlebnisse dank KI Der Trend im Banking hin zu einer situations- und adressatengerechten Beratung wird sich weiter verstärken: zum Beispiel auf die Beratung in komplexen Lebenssituationen, wie der Finanzierung des Eigenheims oder mit der richtigen Strategie für die Altersvorsorge, sowie auf der anderen Seite mit hochverfügbaren und kostengünstigen Self Services für Standardprozesse, wie etwa eine Kontoeröffnung oder eine kurzfristige Geldanlage. Dabei stehen klassische Banken im starken Wettbewerb zu anderen Marktteilnehmern und Plattformen. Bei der Geldanlage hat KI bereits bewiesen, wie sie Mehrwert erzeugen und das Kundenerlebnis verbessern kann. Einfach bedienbare Robo- Advisors zur algorithmengestützten Vermögensanlage sind am Markt etabliert und werden teilweise auch von Verbraucherorganisationen wie der Stiftung Warentest (Finanztest) empfohlen. Auch in komplexen Banking-Prozessen wie der Kreditvergabe könnte KI künftig einen noch größeren Beitrag leisten – etwa im Anbahnungsprozess bei der Erfassung der Kundenbedürfnisse: Wofür wird der Kredit benötigt? Welche monatliche Belastung ist gewünscht und leistbar? Gleiches gilt für die automatische Erfassung von Kreditinformationen bei einer geplanten Kreditablösung, etwa durch das Einscannen von Standardformblättern und die automatische Erkennung und Interpretation der relevanten Informationen. Sowohl für die Bank als auch für den Kunden verringern sich die Transaktionskosten dadurch enorm – und das eigentliche Beratungsgespräch in der Mensch-zu-Mensch-Interaktion kann sich auf die echte Beratung konzentrieren und nicht auf das mühsame Erfassen von Basisdaten. In der Abbildung » 1 ist eine KI-gestützte Kreditanbahnung anschaulich dargestellt.

die bank