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KINOTE 01.2021

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Um einen Wandel der Finanzbranche erfolgreich zu meistern, müssen Kreditinstitute sowohl Chancen als auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erkennen. Unter der neuen Marke KINOTE der Bank-Verlag GmbH finden Sie Meldungen, Studien und Fachartikel zum Themenkomplex KI. Wir beantworten Ihre Fragen rund um KI. Wir berichten über Trends, neue Technologien, Forschungsergebnisse und daraus entstehende Möglichkeiten, die KI Ihrem Unternehmen bietet.

50 01 | 2021 Werkzeuge

50 01 | 2021 Werkzeuge zur Portfoliokonstruktion. Wenn allerdings eine Risk Engine das Portfolio konstruiert und optimiert, findet dieser Prozess gleichsam in einer Black Box statt – aus der Perspektive des Beraters ebenso wie aus der des Klienten. Wird das Zielportfolio mit Unterstützung durch KI zusammengestellt, ist es kaum mehr möglich, zu erklären, wie dies genau passiert ist. Bei herkömmlichen Investitionsempfehlungen, die auf einer bestimmten Aktie beruhen, gibt es dagegen ein historisches Narrativ innerhalb einer bestimmten Branche – eine Erzählung, mit der der Berater seine Anlageempfehlung dem Kunden vermitteln kann. Zu einem mithilfe von Software konstruierten Portfolio, das in der Black Box entstanden ist, gibt es dagegen keinen emotionalen Bezug. Auch die Betrachtung von Makrorisiken lässt sich bislang kaum auf den Anleger hin individualisieren. Bei der Untersuchung von Makrorisiken gibt die Forschungsabteilung ihre Ergebnisse oft in sehr generischer Form aus, etwa als PDF­ Datei. Dieses generische Dokument, das nicht auf die individuellen Interessen oder das Portfolio des einzelnen Anlegers eingeht, fördert keinen wirklichen Austausch zwischen dem Berater und seinem Klienten. Es ist eine Push­Information ohne klaren Bezug zum Kundeninteresse. Tatsächlich kann eine digitale Beratungslösung den Beratungsprozess und die dialogische Interaktion hier entscheidend unterstützen. Denn die Beratungsplattform ist per KI in der Lage, die Bedeutung der Makrorisikoanalyse für den Klienten zu bestimmen und daraus individuell relevante Inhalte zu generieren. Inhalte, die für den Berater ein willkommener Anlass sind, seinen Kunden zu adressieren und mit ihm in einen Dialog zu treten. Das Interactive Advisor Framework Die Beratungsplattform analysiert automatisch die Auswirkung auf ein Portfolio – sei sie positiv oder negativ. Ergibt sich ein Kommunikationsanlass, erkennt die Plattform dies und benachrichtigt die betroffenen Berater. Diese können ihren Klienten in einem anschließenden Dialog dann genau die Empfehlungen und die Investmentstorys unterbreiten, die aus Kundensicht relevant sind. Dabei lässt sich besprechen, ob die Auswirkungen positiv oder negativ sind, welche Absicherungsmaßnahmen sich anbieten und welche Entscheidung der Klient für sein Portfolio treffen möchte. Im Idealfall findet dieser Dialog zwischen Kunde und Berater auf einer gemeinsamen Beratungsplattform statt. Wenn die Beratungslösung die Informationen und das Klientenportfolio dann noch ansprechend präsentiert, verstärkt dies den vertrauensfördernden Charakter des Beratungsdialogs weiter. In der Schweiz hat ein renommierter Vermögensverwalter in einem Pilotprojekt solch ein Interactive Advisor Framework eingeführt. Die dazugehörige Wealth­Management­Plattform integriert unterschiedlichste Microservices nahtlos über API­ Schnittstellen, auch die neue Beratungsumgebung. In ihr tauschen sich Kunden und Berater aus und diskutieren die Anlagevorschläge, die der Berater – unterstützt durch KI – für den Klienten erstellt hat. Für den Berater verringert sich so der Aufwand für Vorbereitung und Analyse seiner Investmentvorschläge. Denn die Beratungsplattform macht aus den Informationen Investmentstorys, die für das individuelle Portfolio des Klienten relevant sind. Die Berater des Schweizer Vermögensverwalters haben diese Option dankbar angenommen. Der storybasierte Ansatz führt sie zu neuen Investmentideen und liefert ihnen willkommene Anlässe zur Kontaktaufnahme mit ihren Klienten. Bedeutendes Anwenderfeld: Conversational Banking Auch befragte Investoren selbst konstatieren, dass es einen klaren Trend hin zu KI­Unterstützung, Robo Advisory und Automatisierung gibt. 73 Prozent sehen diese Entwicklung sogar als die wichtigste für die Vermögensberatung innerhalb der nächsten fünf Jahre. 2 Ein bedeutendes Anwendungsfeld für die KI­Unterstützung ist das Conversational Banking. Denn erst die Datenanalysen und die Unterstützung durch die Beratungsplattform versetzen Kundenbetreuer überhaupt in die Lage, den Aufgaben des Conversational Banking zu entsprechen. Erst dadurch kann der Berater vom sporadischen Austausch zur kontinuierlichen Interaktion übergehen. Um mit dieser neuen Intensität und Frequenz der Kommunikation Schritt zu halten, nutzt der Berater automatisierte Tools für das Natural Language Processing und diverse KI­

01 | 2021 51 basierte Analysewerkzeuge, um Kundenabsichten zu erkennen und Kundenfragen zu beantworten. Die Beratungsplattform kann sogar in Echtzeit, während des Chats, geeignete Antworten vorschlagen. Ebenso lässt sie sich mit Newsfeeds ausstatten, die über relevante Nachrichten und wichtige Trends informieren. Eine KI­gestützte Beratungslösung ist in der Lage, die Berater bei ihren alltäglichen Aufgaben wirkungsvoll zu entlasten. Sie hilft, den Service für die Kunden deutlich zu verbessern und die Personalisierung voranzutreiben, ohne dass die Berater dabei stärker beansprucht wären als früher. Zudem können automatisierte Datenanalysen heute Beziehungsnetzwerke von Kunden und Nicht­Kunden ermitteln. So lässt sich auch eruieren, wer in Neukundenfällen der tatsächlich wirtschaftlich Berechtigte ist. Ist etwa ein Vererbungsfall absehbar, lohnt es, die künftigen Erben zu kontaktieren, damit die verwalteten Assets dem Institut im Erbschaftsfall nicht verloren gehen. KI und Machine Learning helfen dem Empfehlungsmarketing, monitoren das Client­Engagement und unterstützen die Churn Prevention. Die Grundregel: Je größer die Datenmenge über alle Klienten hinweg, desto besser die prädiktive Analyse der individuellen Kundenbedürfnisse. Fazit Die automatische Datenanalyse mit KI- und Machine- Learning-Technologien ermöglicht Finanzinstituten passgenaue Angebote zum idealen Zeitpunkt, sogar in Echtzeit direkt während eines Chats. Es ist also beides möglich: die Beratung so weit wie sinnvoll zu automatisieren und dem Klienten dabei dennoch ein hyperpersonalisiertes Beratungserlebnis zu verschaffen. An KI und an effizienten, digitalen Beratungsumgebungen führt in der Vermögensverwaltung kaum mehr ein Weg vorbei. Autor Karl im Brahm ist CEO der Avaloq Sourcing (Europe) AG und verantwortet als Head of Germany die Aktivitäten der Avaloq Gruppe im deutschen Markt. Zudem wurden wichtige Informationen zu diesem Artikel von Luxoft beigetragen. 1 Vgl. Avaloq­Studie „The Front­to­Back Office Report. How are functions in the finance industry changing?“ 12/20. 2 Siehe zuvor.

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