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KINOTE 01.2020

Um einen Wandel der Finanzbranche erfolgreich zu meistern, müssen Kreditinstitute sowohl Chancen als auch Herausforderungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erkennen. Unter der neuen Marke KINOTE der Bank-Verlag GmbH finden Sie Meldungen, Studien und Fachartikel zum Themenkomplex KI. Wir beantworten Ihre Fragen rund um KI. Wir berichten über Trends, neue Technologien, Forschungsergebnisse und daraus entstehende Möglichkeiten, die KI Ihrem Unternehmen bietet.

10 01 | 2020 der Regel

10 01 | 2020 der Regel nur wenige historische Daten gibt, macht die Wertbestimmung nicht einfacher. Die zweite große Aufgabe, die sich beim operativen Umgang mit non-bankable Assets im Investmentkontext stellt, ist es, die mittel- und langfristige Spannbreite der Asset-Werte zu bestimmen. Für eine ordnungsgemäße Ex-ante-Risikoanalyse ist dies unerlässlich. Die dritte Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass sich das non-bankable Asset jederzeit unter den richtigen Bedingungen tauschen lässt. Anders gesagt: Es muss stets für ein akzeptables Niveau an Liquidität für diese Assets gesorgt sein. Diese drei Punkte bilden also die Mindestanforderungen, damit neben den traditionellen Finanzanlagen überhaupt alternative Vermögenswerte in ein Anlageportfolio aufgenommen werden können: die genaue Schätzung der aktuellen Preise von non-bankable Assets; die Schätzung ihrer zukünftigen Preise; und ein liquider Markt, auf dem sie zu gegebener Zeit gehandelt werden können. CAPM als klassisches Bewertungsmodell Einer der einfachsten und zugänglichsten Ansätze zur Bewertung der finanziellen Sicherheit ist das Capital Asset Pricing Model (CAPM), das auf die 1960er-Jahre zurückgeht. Dieses Modell setzt die erwartete Rendite des Wertpapiers auf einfachste Weise mit dem (systematischen) Marktrisiko in Beziehung. Das heißt linear, als ERs = Rf + Bs (ERm - Rf), wobei RF der risikofreie Zinssatz, ERs die erwartete Rendite des Wertpapiers über einen bestimmten Zeithorizont und ERm die erwartete Rendite des sogenannten Marktportfolios über denselben Zeithorizont ist. Das Marktportfolio ist dabei ein hypothetisches Portfolio, das aus allen gehandelten Wertpapieren in Relation zu ihrer Marktpräsenz besteht. In der Praxis wird das Marktportfolio durch Indices wie den S&P 500 für den US-Aktienmarkt oder den DAX für den deutschen Markt repräsentiert. sikofreien Zinssatz leihen und verleihen können. In der Praxis ist dies unmöglich. Das CAPM-Modell mit seinen nicht verifizierten Annahmen anwenden zu wollen, birgt Gefahren und hat in der Praxis unabsehbare Folgen. Diese Beobachtung führte 1976 zu einem flexibleren und leistungsfähigeren Bewertungsschema, der Arbitrage Pricing Theory (APT). Man könnte sagen, dass die APT-Preisformel das CAPM zu einem multilinearen Regressionsmodell verallgemeinert – um einen Begriff aus dem Machine Learning zu bemühen. So besagt die APT auch, dass sich Asset-Preise auf Basis einer linearen Beziehung vorhersagen lassen: der zwischen den erwarteten Renditen auf die Assets und einigen wenigen makroökonomischen Variablen, die ein systemisches Risiko erfassen. Arbitrage-Gewinne mit non-bankable Assets Bei Investments ist der Hauptvorteil der APT gegenüber dem CAPM, dass die APT eine vorübergehende Fehleinschätzung von Vermögenswerten zulässt. Wichtig ist, dass der Investor von der Rückkehr dieser Preise zu ihrem fairen Wert profitieren kann, indem er zulässt, dass Asset-Preise zumindest vorübergehend von ihrem Gleichgewichtswert abweichen Arbitrage Pricing Theory Trotz oder gerade wegen seiner Simplizität ist das CAPM oft kein guter Ausgangspunkt, um nicht bankfähige und auch etliche finanzielle Assets zu bewerten. Schon weil das Modell von starken Annahmen über den Markt und seine Teilnehmer ausgeht – einschließlich der Voraussetzung, dass die Informationen regelmäßig und beständig zwischen den Teilnehmern fließen. Diese Grundannahmen wurden im Laufe der Jahre allerdings stark kritisiert; manche von ihnen gelten inzwischen einfach als falsch. Zum Beispiel die Annahme, dass Investoren zu einem ri-

01 | 2020 11 – das Prinzip der Arbitrage. Die natürliche Art und Weise, wie sich in diesem Zusammenhang Gewinn erzielen lässt, besteht in einem langfristigen Kauf eines unterbewerteten Assets und seinem Verkauf zum Gleichgewichtswert – oder umgekehrt im Short-Selling bzw. Leerverkauf eines überbewerteten Vermögenswerts, bei dem man auf einen fallenden Preis spekuliert. Liebhaber und Experten mit Wissensvorsprung Wollen Anleger dies realisieren, müssen sie in der Lage sein, den fairen Wert eines Assets ebenso gut zu beurteilen wie die wahrscheinliche Angebots- und Nachfrageentwicklung auf mittlere bis lange Sicht. Eine gründliche Kenntnis des Assets und des Markts sind darum entscheidende Vorteile, um künftige Wertentwicklungen genau einzuschätzen. Für einschlägige Liebhaber, Experten und Sammler ist es viel einfacher, beispielsweise den potenziellen langfristigen Wert eines Picasso-Gemäldes, einer Luxusvilla in Davos oder einer seltenen Rolex zu antizipieren, als die potenziellen Renditen von liquiden Aktien oder Aktienfonds über einen Horizont von fünf bis zehn Jahren. Auch dies unterscheidet Investitionen in nicht bankfähige Vermögenswerte von ihrem traditionellen Gegenstück. Vom Asset Pricing zum Machine Learning Es lohnt, die grundlegenden Preismodelle – die APT und deren Sonderfall CAPM – noch eingehender aus der Perspektive des Machine Learnings zu betrachten. Wie die grundlegendsten Modelle des Machine Learnings gehen APT und CAPM von linearen Beziehungen zwischen den Prädiktoren (Faktorrenditen) und der Zielvariablen (Kapitalrendite oder Asset-Preis) aus. Was geschieht aber in Situationen, in denen die Annahme der linearen Beziehung generell nicht zutrifft? Wenn es also gute Gründe dafür gibt, eine (stark) nichtlineare Prädiktor-Ziel-Beziehung anzunehmen? In solch einem Fall weiter auf falsche Annahmen zu vertrauen, führt zu gefährlichen Bewertungsfehlern: Die realen Risken, die mit den Vermögenswerten verbunden sind, werden dann erheblich unterschätzt. Ein fälschlich lineares Modell führt bei der Vermögensverwaltung zu hohen Betriebs- und Portfoliorisiken – für die Bank und den Investor. KI-Algorithmen versprechen Abhilfe Hier stattdessen ein flexibleres Machine-Learning-Modell zu nutzen, kann die Risikoexposition deutlich mindern. Die folgenden validen Kandidaten kommen schon seit Jahren im Vermögens- und Portfoliomanagement zum Einsatz: ■ Logistische Regression – hauptsächlich zur Klassifizierung. ■ Polynomiale Regression – eine Form der linearen Regression, bei der Beiträge von Prädiktoren höherer Ordnung erlaubt sind; typischerweise Varianz, Schiefe und Exzess von Vermögensrenditen. ■ Nicht-lineare Regression – eine Verallgemeinerung der polynomialen Regression, bei der eine nicht-lineare Funktion spezifiziert wird und zur Modellierung der Abhängigkeit zwischen Prädiktoren und dem Zielwert dient. ■ Ridge- und Lasso-Regressionen – bestrafte lineare Regressionsmodelle, die häufig verwendet werden, um die Estimatoren für Risiko und Rendite zu stabilisieren und so ein kostspieliges Portfolio-Turnover besser zu kontrollieren. ■ Künstliche neuronale Netze (KNN) – die praktisch jede Art von spezifizierter oder nicht spezifizierter Abhängigkeit zwischen Prädiktoren und einer Zielvariablen erfassen können; vorausgesetzt, es stehen genügend Daten zur Verfügung, um das Modell zu trainieren. Die breite Kategorie der KNN-Modelle umfasst insbesondere Feedforward- und rekurrierende neuronale Netze (RNN), die im Finanzsektor hauptsächlich dazu dienen, komplexe Regressions- und Zeitreihenvorhersage-Probleme wie etwa Intraday-Transaktionen und Market Making zu lösen. 01 | Vorhersagefehler bei der Bestimmung von Immobilienverkaufspreisen 9 % 8 % 7 % 6 % 5 % 4 % 3 % 2 % 1 % 0 % Hedonisch Absolute Vorhersagefehler KNN Quelle: Avaloq auf Basis von Hasam Selim: „Determinants of house prices in Turkey“.

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