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diebank 10 // 2019

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT FUSIONEN BÜNDELN

MARKT FUSIONEN BÜNDELN KRÄFTE UND STÄRKEN Notwendige Konsequenz des Konsolidierungsdrucks im Bankensektor Der Konsolidierungsprozess im deutschen Bankensektor ist in vollem Gange. Experten gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahren deutlich weniger Banken als heute geben wird. Geschuldet ist dies dem starken Anpassungszwang, dem deutsche Geldhäuser aufgrund des digitalen Wandels, der aufsichtsrechtlichen Anforderungen, dem Niedrigzinsniveau und dem zunehmenden Konkurrenzdruck unterliegen. Welche Banken überleben werden. Um den dreigliedrigen deutschen Bankensektor ist es aktuell nicht gut bestellt. Der von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegte Hauptrefinanzierungssatz liegt seit dem 10. März 2016 bei 0 Prozent, und die Einlagefazilität wurde gerade erst von bisher minus 0,4 Prozent auf minus 0,5 Prozent gesenkt. Damit müssen die Finanzinstitute, die überschüssiges Geld bei der Notenbank kurzfristig parken, faktisch einen höheren Strafzins zahlen.1 Darüber hinaus jagen Auslandsbanken und FinTechs den hiesigen Geldhäusern verstärkt die Kunden ab und belasten dadurch ebenfalls die Erträge der Kreditinstitute nachhaltig. Auf der anderen Seite führen Regulierungsauflagen und unaufschiebbare Investitionen in die Digitalisierung zu hohen Aufwendungen, sodass unter dem Strich die Produktivität und damit die Effizienz deutscher Geldhäuser immer weiter sinken. Abzulesen ist dies an der Cost- Income-Ratio, die nach Angaben der Deutschen Bundesbank im Geschäftsjahr 2018 über alle drei Säulen des deutschen Bankensektors hinweg bei 75,5 Prozent und damit etwas niedriger als im Jahr 2017 lag. Im Jahr 2016 betrug diese allerdings noch 73,3 Prozent, im Jahr 2015 rund 71,3 Prozent und im Jahr 2014 sogar lediglich 69,9 Prozent. ÿ 1 Banken im Fitnesscheck Damit wirtschaften die deutschen Banken derzeit deutlich schlechter als in den vergangenen Jahren, hinken aber auch im europäischen und im internationalen Vergleich hinterher: Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Bankenreport von McKinsey & Company. Danach liegen schwedische Banken mit einer Cost-Income- Ratio von durchschnittlich 50 Prozent vorn, gefolgt von spanischen Banken mit einer Cost- Income-Ratio von 52 Prozent und amerikanischen Banken mit 60 Prozent. Besorgniserregend ist in diesem Zusammenhang allerdings die Entwicklung einiger Großbanken in Deutschland. Im Branchenvergleich schnitten diese nämlich überaus schlecht ab und sind weit davon entfernt, kosteneffizient zu arbeiten: Das Verhältnis von Aufwand und Ertrag lag im Jahr 2018 bei 88,9 Prozent, die Deutsche Bank kam im 3. Quartal 2019 sogar auf eine Cost-Income-Ratio von -109,7 Prozent, nach 112,6 Prozent im Vorquartal. Sparkassen und Genossenschaftsbanken konnten hingegen deutlich besser mit den aktuellen Anforderungen Schritt halten. Denn während die deutschen Großbanken im Schnitt knapp 90 Cent ausgeben mussten, um einen Euro Rohertrag zu erzielen, lag das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bei den deutschen Sparkassen im Jahr 2018 bei 69,9 Prozent und bei den Genossenschaftsbanken bei 67,4 Prozent. Die Probleme und Baustellen, die viele deutsche Kreditinstitute aktuell haben, schlagen sich auch in anderen Kennzahlen nieder. So etwa in der Eigenkapitalrentabilität, die die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals angibt und somit ein Maß für den wirtschaftlichen Erfolg einer Bank ist. Bei den Großbanken ist die Eigenkapitalrentabilität nach einer vorläufigen Schätzung noch einmal gefallen und zwar auf 1,24 Prozent im Jahr 2018, nach 2,3 Prozent im Jahr zuvor. Deutlich besser schnitten erwartungsgemäß die Genossenschaftsbanken und Sparkassen auch bei dieser Kennzahl ab: Erstere konn- 16 10 // 2019

MARKT 1 | Entwicklung der Cost-Income-Ratio deutscher Kreditinstitute (in Prozent) 80 78 76 74 72 70 68 66 64 62 60 58 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: Deutsche Bundesbank. ten eine Eigenkapitalrentabilität nach Steuern von etwa 5,51 Prozent verzeichnen, und die Sparkassen kamen ebenfalls auf immerhin geschätzte 4,82 Prozent. Somit arbeiten ausgerechnet die beiden deutschen Bankengruppen am rentabelsten, bei denen die Gewinnmaximierung nicht im Vordergrund steht, sondern die vermehrt dem Gemeinwohlgedanken verpflichtet sind. Geringe Profitabilität, fallende Erträge und faule Kredite sind jedoch nicht die einzigen Probleme, die deutsche Geldhäuser aktuell haben. In ihrem jüngsten Liquiditäts-Stresstest hat die Europäische Zentralbank untersucht, wie lange Europas Banken im Fall von Bonitätsherabstufungen, Konjunkturschwäche und Abzug von Kundengeldern in großem Umfang durchhalten würden. Ungefähr die Hälfte der 103 Institute, die an dem Stresstest teilnahmen, könnte nach einem sogenannten negativen Liquiditätsschock bis zu sechs Monate ohne Hilfe durch fremdes Kapital überleben. Bei extremen Schocks waren es lediglich bis zu vier Monate. Elf Banken würden bei extremen Verwerfungen allerdings bereits innerhalb von zwei Monaten zugrunde gehen. Diese Ergebnisse sind eigentlich gut, wenn man bedenkt, welche drastischen Auswirkungen vor allem extreme Schocks im Bankensystem haben können. Nichtsdestotrotz belastet die Aussicht auf ein anhaltend niedriges Zinsniveau die Rentabilität und damit die Rücklagen der Institute weiterhin, sodass Kreditinstitute nicht darum herumkommen, ihre Effizienz in welcher Form auch immer zu steigern, um nicht nur im Krisenfall gut gerüstet zu sein, sondern auch, um langfristig zu überleben. Zwang zur Konsolidierung wächst Bereits vor einigen Jahren hat deshalb ein flächendeckender Konsolidierungsprozess mit zunehmendem Tempo eingesetzt: Im Jahr 2018 verringerte sich die Gesamtzahl der Kreditinstitute in Deutschland um 40 auf 1.783 Institute. Das entspricht einem Rückgang von 2,19 Prozent. ÿ 2 Auch die Gesamtzahl der Zweigstellen in Deutschland sank: Wurden Ende 2017 noch insgesamt 30.126 Zweigstellen gemeldet, reduzierte sich deren Anzahl im Lauf des Jahres 2018 deutlich, und zwar um 2.239 auf nunmehr 27.887 Zweigstellen. Damit gab es 2018 7,4 Prozent weniger Filialen als im Jahr zuvor. Eine Betrachtung nach Bankengruppen zeigt, dass kreditgenossenschaftliche Institute mit 40 Abgängen den größten Rückgang erfahren haben. Die Anzahl der Großbanken blieb hingegen stabil, und auch bei den Sparkassen waren unter dem Strich nur vier Institute weniger zu finden. Verschiedene Studien gehen davon aus, dass der Konsolidierungsdruck im Bankensektor weiter wachsen wird. Allen voran der jüngste Bankenreport von Oliver Wyman, der prognostiziert, dass es – je nach Veränderungsgeschwindigkeit – bis 2030 nur noch 150 bis 300 deutsche Banken mit einem nachhaltig profitablen Geschäftsmodell geben wird. Andere Studien sind hingegen etwas weniger pessimistisch. Auch sie befürchten, dass der stark fragmentierte, dreigeteilte deutsche Bankensektor weiter schrumpfen wird, allerdings in einem geringeren Ausmaß als von Oliver Wyman geschätzt. Verbleibende Kräfte bündeln Kreditinstitute können den aktuellen Herausforderungen wie etwa der Niedrigzinssituation und dem Wettbewerbsdruck durch eine Bündelung von Kräften begegnen. Dies geschieht im Bankensektor oftmals durch Fusionen. Vor einigen Monaten wurde daher auch akribisch über eine mögliche Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank spekuliert. 10 // 2019 17

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