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diebank 09 // 2019

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT ABLÖSUNG DER

MANAGEMENT ABLÖSUNG DER INTERBANK OFFERED RATES Referenzzinssätze: Banken müssen aktiv werden Die Ablösung der weltweit wichtigsten Referenzzinssätze, der Interbank Offered Rates (IBOR), ist beschlossene Sache. Laut EU dürfen die alten Zinssätze nur noch bis zum 31. Dezember 2021 verwendet werden. Verträge, die diese Zinssätze enthalten und noch über dieses Datum hinaus laufen, müssen neu verhandelt werden. Stand heute sind das Verträge mit einem Gesamtvolumen von einer Billiarde Dollar. Umso wichtiger ist es für die Banken, die Umstellung auf die neuen Zinssätze schon jetzt anzugehen. Als Reaktion auf zahlreiche Betrugsfälle hat die EU im Juni 2016 per Verordnung durch die europäische Benchmark-Reform eine Verwendung der auf Einmeldung der Banken basierenden Zinssätze ab dem 1. Januar 2022 verboten. Sie werden durch Zinssätze ersetzt, die auf real getätigten Transaktionen beruhen. Das betrifft zum einen die eurobasierten Zinssätze EURIBOR (European Interbank Offered Rates) und EONIA (European Over- Night Index Average), aber auch den LIBOR (London Interbank Offered Rate), der auf Dollar, Pfund, Schweizer Franken oder Yen basiert. Entsprechende Alternativen stehen bereits zur Verfügung. So gibt es für den Euroraum den ESTER (Euro Short-Term Rate), der als Ersatz für den EONIA vorgesehen ist. Diesen können Banken seit Oktober 2019 bei Vertragsabschlüssen verwenden. Für den EURIBOR wurde durch das European Money Market Institute eine neue hybride Berechnungsgrundlage erarbeitet, die dafür sorgt, dass dieser nun auch den regulatorischen Vorgaben der EU entspricht. Dies wird erreicht, indem die neue Berechnung, so weit verfügbar, reale Transaktionen zugrunde legt und notfalls alternative Marktdaten hinzuzieht. Aktuell ist geplant, die hybride Berechnungsmethode des EURI- BOR ab Ende 2019 einzusetzen. Andere Länder außerhalb des Euroraums sind da schon ein Stück weiter. Für den LIBOR auf Dollarbasis wurde beispielsweise bereits 38 09 // 2019

MANAGEMENT Interne Prozesse anpassen Damit das Repapering aber überhaupt stattfinden kann, müssen Banken auch intern zahlreiche Veränderungen vornehmen, die Zeit und Aufwand erfordern. So gilt es zum Beispiel, neue Prozesse durch die IT anzulegen, denn neben einer Reihe von Details ändert sich unim April 2018 mit der Secured Overnight Financing Rate (SOFR) eine Alternative geschaffen, die – wie von der EU gefordert – nicht auf Einmeldungen mit theoretischen Zahlen basiert, sondern auf realen Transaktionen. Ähnliche Alternativen gibt es auch für Zinsgeschäfte in englischen Pfund oder japanischen Yen. Die Schweiz ist in dieser Hinsicht Klassenprimus. Bereits im August 2009 führte sie mit der Swiss Average Rate Overnight (SARON) einen Zinssatz ein, der auf realen Transaktionen beruht, wie die EU das nun auch in ihrer Verordnung für die anderen Zinssätze beschlossen hat. Das größte Risiko – Aufwand unterschätzen Ursprünglich sollte die neue Regelung bereits zum 1. Januar 2020 gelten. Aufgrund der Komplexität der Umstellung entschied die EU aber, den Banken zwei Jahre mehr Zeit für den Wechsel auf die neuen Zinssätze zu geben. Einer der Gründe für diesen Entschluss dürften die Vertragsvolumen sein, die aktuell noch auf den alten Zinssätzen beruhen. Allein im vierten Quartal 2018 wurden über den EURIBOR Verträge für rund 5 Bio. € gehandelt. Der Großteil dieser Verträge läuft über den Stichtag am 1. Januar 2022 hinaus und muss damit innerhalb der nächsten zwei Jahre neu verhandelt werden. Eine automatische Ablösung der alten Verträge durch neue, die dann beispielsweise auf dem ESTER basieren, ist nicht zulässig. Banken müssen sich daher auf entsprechenden Aufwand beim Neuverhandeln und Abschließen dieser Verträge, dem sogenannten Repapering, einstellen. Während Verträge mit Banken und Großunternehmen voraussichtlich eher unkompliziert zu verhandeln sein werden, ist bei mittelständischen Unternehmen und Privatkunden ein deutlich höherer Aufwand zu erwarten, da diese oft nicht wissen, was auf sie zukommt. Schaffen die Banken es nicht, sich mit ihren Kunden im Rahmen des Repaperings auf den neuen Zinssatz zu einigen, droht im schlimmsten Fall die Rückabwicklung des Vertrags. Institute, die bis zum 1. Januar 2022 das Repapering der alten Verträge nicht abgeschlossen haben, riskieren gegenüber ihren Kunden vertragsbrüchig zu werden und setzen sich dem Risiko von Schadensersatzansprüchen aus – ganz zu schweigen vom Reputationsverlust. 09 // 2019 39

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