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diebank 07 // 2020

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 2 | Geschätzte

MARKT 2 | Geschätzte Steuereinnahmen von Bund, Ländern, Gemeinden und EU in Milliarden Euro 1000 800 717,8 816,4 845,2 792,5 816 875,1 851,1 904,9 883,3 935 600 400 200 0 - 200 2020 -98,60 - 52,70 - 59,10 - 53,80 - 51,70 2021 2022 2023 2024 Schätzung Mai 2020 Schätzung Oktober 2019 Differenz Quelle: BMF. 2025 werden die Kosten voraussichtlich auf 1,61 Mrd. € steigen. Doch auch diesmal gibt es Widerstand. Vor allem Österreich lehnt die Einführung einer reinen Aktiensteuer ab. Maßgeblich für die Ablehnungshaltung ist ein vom österreichischen Bundesministerium für Finanzen in Auftrag gegebenes Gutachten, das auf den renommierten Prof. Dr. Stefan Pichler von der Wirtschaftsuniversität Wien zurückgeht und zu ernüchternden Ergebnissen kommt. Kritisiert wird unter anderem, dass der Richtlinienentwurf das ursprüngliche Ziel der Finanztransaktionssteuer – nämlich die Finanzmärkte durch eine Eindämmung spekulativer Übertreibungen zu stabilisieren und den Finanzsektor an den Kosten der Finanzmarktkrise zu beteiligen – deutlich verfehlt. Ebenfalls wären die Kosten für die Einführung und Erhebung dieser Steuer in Relation zum Aufkommen sehr hoch und Wettbewerbsverzerrungen wären angesichts der Tatsache, dass die Finanztransaktionssteuer nicht flächendeckend, sondern nur in zehn Mitgliedstaaten eingeführt werden soll, vorprogrammiert. Ob die Aktiensteuer im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit nun kommt, bleibt fraglich. Denkbar wäre, dass Deutschland die Finanztransaktionssteuer im nationalen Alleingang durchboxt, denn bis zur Einführung der Grundrente ist es nicht mehr lang. Ansonsten müssten nämlich die Kosten der Grundrente vollständig durch eine Erhöhung des allgemeinen Bundeszuschusses zur Rentenversicherung gedeckt werden. Unterm Strich würde die Grundrente also ein zusätzliches Finanzloch in die klamme Rentenkasse reißen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass bereits jetzt schon jedes Jahr viele Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse fließen, um die Auszahlung der Renten finanzieren zu können. Im Jahr 2019 sollen es laut dem Finanzplan des Bundes rund 72 Mrd. € gewesen sein. Das entspricht fast einem Viertel der Ausgaben der Rentenversicherung. Diese lagen im Jahr 2019 bei 319 Mrd. € oder 26,58 Mrd. € im Monat. ÿ 1 Corona vergrößert Rentenloch Die Covid-19-Krise dürfte die Probleme der gesetzlichen Rentenkasse weiter verschärfen. So sind aktuell viele Menschen von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit bedroht, mit der Folge, dass auch die Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung drastisch sinken werden. Der Versicherungskonzern Allianz schätzt, dass die deutsche Rentenversicherung infolge von Kurzarbeit und steigender Arbeitslosigkeit in diesem Jahr etwa 8 Mrd. € weniger Beiträge einnehmen wird. Aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit belegen, dass die Allianz-Prognose durchaus berechtigt ist: Danach waren bis zum 26. April 2020 bereits insgesamt 10,1 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Die Zahl der Arbeitslosen stieg von April bis Mai um 169.000 auf 2,813 Millionen Menschen, die Quote stieg damit saisonuntypisch um 0,3 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent. Doch das dürfte noch nicht das Ende sein. Denn niemand weiß derzeit, wie stark sich die deutsche Wirtschaft in Folge der Pandemie abkühlen wird. Die Bundesregierung rechnet beispielsweise mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6,3 Prozent. Hinzu kommt, dass Deutschland eine Exportnation ist und die Erholung der deutschen Wirtschaft stark von der Entwicklung des Auslands abhängt. Und auch dort sehen die Prognosen düster aus: In den USA brach die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2020 auf das Gesamtjahr hochgerechnet um 4,8 Prozent ein, und die Arbeitslosenzahl erreichte im Mai 2020 mit 41 Millionen Arbeitslosen einen neu- 20 07 // 2020

MARKT en Höchststand. In China ist das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2020 um fast 7 Prozent geschrumpft, und für die 19 Länder der Eurozone beziehungsweise die 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union erwartet die EU-Kommission einen Einbruch von 7,7 beziehungsweise 7,4 Prozent. Dabei soll in Griechenland, Italien und Spanien der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts mit 9,7 bzw. 9,5 und 9,4 Prozent besonders drastisch sein. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft in allen europäischen Mitgliedstaaten allerdings wieder wachsen. In dieser optimistischen Prognose ist jedoch keine weitere Corona-Infektionswelle eingepreist, die zu weiteren angebotsund nachfrageseitigen Schocks in vielen Ländern und Regionen und damit zu einer Verstärkung der Krise führen dürfte. Andererseits dürfte die Corona-Krise die Mittel der Nachhaltigkeitsreserve deutlich schneller als erwartet aufzehren, zumindest mittelfristig. Aus ökonomischer Sicht wäre es daher ratsam, die Renten entweder zu kürzen oder die Rentenbeitragssätze anzuheben. Doch das funktioniert in der Praxis nicht, da Renten nicht gekürzt werden dürfen. Zudem hat die Bundesregierung angesichts des bisher günstigen wirtschaftlichen Umfelds versprochen, den Rentenbeitragssatz von 20 Prozent nicht zu überschreiten. Wirtschaftsexperte Prof. Axel Börsch-Supan prophezeit, dass angesichts der Pandemie die Haltelinie von 20 Prozent bereits im Jahr 2021 erreicht sein wird und infolgedessen die Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung stark steigen werden. Im unterstellten Szenario eines starken und lang andauernden Konjunktureinbruchs müsste der Bund im Jahr 2021 zusätzlich 5,6 Mrd. € zuschießen, im Jahr 2025 dann bereits knapp 19 Mrd. €. In den übrigen Szenarien eines starken Konjunktureinbruchs lägen die benötigten zusätzlichen Bundesmittel schätzungsweise zwischen 6,8 und 13,6 Mrd. € im Jahr 2025. 07 // 2020 21

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