BERUF & KARRIERE IM WETTBEWERB GEGEN DIE DIGITALISIERUNG Berufliche Selbstbehauptung beginnt im Kopf Der Anker im Sturm der Veränderungsdynamik von Digitalisierung und Datenökonomie ist die Selbstwirksamkeitserwartung. Die begründete Überzeugung von der eigenen Leistungsfähigkeit verhilft zu der mentalen Stärke, die es braucht, um sich im Berufsleben dem Wettbewerb mit Künstlicher Intelligenz und immer klügeren Automaten zu stellen. 78 07 // 2019
BERUF & KARRIERE Carol S. Dweck, renommierte Professorin für Psychologie an der Stanford University, belegt mit ihren Studien, dass das eigene Selbstbild in turbulenten Zeiten über innere Stärke oder Schwäche entscheidet. Was ein Mensch von sich selbst denkt, wie er sich selbst einschätzt, ruft entweder die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Neuen hervor oder lässt ihn davor zurückscheuen. In ihren Publikationen legt Dweck ebenso einleuchtend wie eindringlich dar: Das persönliche Selbstbild ist der „innere Steuermann“, der zu Selbstbehauptung und Erfolgen führt – oder in Selbstaufgabe und Resignation endet. Den „Steuermann“ nennt Dweck beim Namen: es sind die persönlichen Glaubenssätze und Grundeinstellungen zum Leben. Die entscheidende Frage lautet deshalb für sie: „Wie sehr lassen wir uns von unseren Glaubenssätzen und Grundeinstellungen leiten?“ Ihre Forschungen zeigen: Egal, ob wir uns dieser Glaubenssätze bewusst sind oder nicht, sie haben großen Einfluss darauf, welche Ziele wir uns vornehmen und ob wir sie schließlich erreichen. Eine Veränderung scheinbar ganz einfacher Glaubenssätze kann eine außerordentliche Wirkung auf die Lebensgestaltung haben. Zwei dieser ganz einfachen, gleichwohl enorm steuernden Glaubenssätze sind wohl Niemandem unbekannt: „Das schaffe ich!“ oder „Das schaffe ich nie!“ Spornt der erste an, macht Mut und inspiriert, wirkt der zweite lähmend. „Und vor nichts gilt es sich derzeit mehr zu hüten als vor dieser mentalen Lähmung“, sagt der Vorstand des Instituts für angewandte Psychologie der Universität Wien, Professor Dr. Erich Kirchler. Entsprechend sein Rat: „Rückbesinnung auf bisher gegen Ungewissheit und Widerstände Geleistetes! Die erlebte Erfahrung, Turbulenzen durchstanden, sich bewährt und behauptet zu haben, schafft die Zuversicht, sich neu stellenden beruflichen Herausforderungen zu stellen!“ Die eigene Leistung zu würdigen macht stabil Diese Erkenntnis ist eng mit dem Namen Bandura verbunden. Der kanadische Psychologe Albert Bandura gab der Einschätzung, Schwieriges, Unvorhergesehenes, zunächst unsicher Erscheinendes dank eigener Kraft und Anstrengung meistern zu können, den Namen Self-Efficacy (Selbstwirksamkeitserwartung). Das dahinter stehende Konzept, das Bandura, einer der führenden Psychologen seiner Zeit, um 1970 entwickelte, besagt: Je fester ein Mensch aufgrund der Erfahrungen mit seinem Leistungsvermögen davon überzeugt ist, aus eigener Kompetenz gewünschte oder erwartete Leistungen zu er- bringen, desto stabiler, zuversichtlicher und freier von Versagens- oder Zukunftsängsten steht dieser Mensch im Leben. Er ist offen für Neues, bereit, sich damit auseinanderzusetzen und überzeugt, die sich daraus ergebenden Anforderungen und Aufgaben bewältigen zu können. Erich Kirchler bestätigt: „Diese Überzeugung ist begründet.“ Wer aufgrund erwiesener Leistungsfähigkeit in dadurch begründeter Selbstwirksamkeitserwartung lebt, zeige gute berufliche Leistungen, niedrigere Stressreaktionen, bewältige kritische Lebensereignisse leichter und schneller, leide seltener unter Angststörungen und Depressionen, habe eine hohe Schmerztoleranz, ein leistungsfähigeres Immunsystem sowie bessere Sozialbeziehungen. Ein solcher Mensch sei nicht nur leistungsfähiger, sondern fühle sich auch wohler. In einer Zeit, in der die künstliche Intelligenz die gewohnte Arbeitswelt aus den Angeln zu heben droht, sind dies unschätzbare Lebenszutaten, wie Thomas Straubhaar, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, das Geschehen in der Wirtschaft charakterisiert. In der praktischen Wirkung bedeutet das: Menschen, die aus dieser mentalen Verfassung heraus leben, setzen sich höhere, aber keine überhöhten oder gar utopischen Ziele. Auch messen sie sich in der Zielverfolgung nicht an anderen oder umlaufenden Vorstellungen, sondern an sich selber und sind überzeugt, die anvisierten Ziele auch zu erreichen. Ihre Antriebskraft ist das Zusammenspiel dreier Kräfte: Erstens die ermutigende Erfah- 07 // 2019 79
NR. 7 2019 ZEITSCHRIFT FÜR BANKPOL
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