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diebank 06 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT Der Untergang

MANAGEMENT Der Untergang der traditionsreichen SchmidtBank reichsten Geschäftsjahre abgeschlossen hatte. Dass nur drei Wochen später die Weltgesundheitsorganisation die Verbreitung von Covid-19 zur Pandemie erklären würde, konnte sich damals noch kaum jemand vorstellen. Ein erstes Krisen-Resümee Schmidts Mitte Mai fällt dennoch recht positiv aus: „Die Kunden sind – trotz der enormen Einbrüche an den Märkten – erstaunlich ruhig geblieben. Es gab nur vereinzelte Fälle, in denen Kunden aus den Märkten ausgestiegen sind, der allergrößte Teil ist investiert geblieben und hat zum Teil sogar nachgekauft.“ Auch das Neugeschäft sei nicht zum Erliegen gekommen, sondern Bank und digitaler Ableger hätten auch in den schwierigen Monaten März und April neue Kunden und neue Assets auf Vorkrisen-Niveau gewonnen. „Schwieriger gestaltet sich derzeit das Kapitalmarktgeschäft. Auf Jahresssicht hoffen wir jedoch auf ein insgesamt gutes Ergebnis.“ Nachdem Schmidt zunächst fast die komplette Mannschaft ins Homeoffice beordert und auch alle Niederlassungen dichtgemacht hatte, werden diese jetzt sukzessive wieder geöffnet. „In der Berliner Zentrale werden die Büros nicht voll besetzt, sondern je nach Größe nur mit halber Kapazität. Zusätzlich gelten Die SchmidtBank wurde 1828 in Wunsiedel im Fichtelgebirge von Christian Karl Matthäus Schmidt gegründet. In fünfter Generation stand Karl Gerhard Schmidt, der Vater von Karl Matthäus Schmidt, an der Spitze des regionalen Kreditinstituts. Er führte die Bank 39 Jahre lang und verantwortete in dieser Zeit eine starke Expansion in die neuen Bundesländer, ins Ausland und auch in neue Geschäftsfelder in Richtung Allfinanz. Im Jahr 1994 gründete Karl Matthäus Schmidt den Discountbroker Consors, zunächst als Zweigstelle der SchmidtBank. Nach der Umwandlung in die Consors Discount-Broker Aktiengesellschaft am 21. Oktober 1998 war das Unternehmen von 1999 bis 2002 an der Börse gelistet. Um die Jahrtausendwende geriet die SchmidtBank in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Bankier Karl Gerhard Schmidt laut Manager Magazin noch am 11. November 2001 mit „Wir sind überhaupt nicht gefährdet“, dementierte. Fünf Tage später drohte das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen mit der Schließung des Bankgeschäfts. Eine Auffanggesellschaft namens Medusa mit den Trägern HypoVereinsbank, Commerzbank, Deutsche Bank und Dresdner Bank übernahm alle Anteile von der Familie Schmidt, der Bankchef legte alle Ämter nieder. Am 23. November 2001 wurde Paul Wieandt, der sich zuvor u. a. bei der Landesbank Rheinland-Pfalz und der Bank für Gemeinwirtschaft einen Namen als Sanierungs-Spezialist gemacht hatte, neuer Vorstandschef. Zu dem Zeitpunkt hatte die Bank noch 2.300 Mitarbeiter und 140 Filialen in Bayern, Sachsen und Thüringen. Wieandt startete einen radikalen Sanierungskurs mit Filialschließungen, Stellenabbau und Kapitalschnitt auf Null. Den Verlust für 2001 bezifferte der Sanierer auf mehr als 1,2 Mrd. €. 2004 wurden die verbliebenen Filialen und der Name „SchmidtBank“ von der Commerzbank übernommen und als Commerzbank-Geschäftsstellen fortgeführt. Nach 177 Jahren bedeutete dies das endgültige Aus für die Traditionsbank. Am 22. August 2007 verurteilte das Landgericht Hof Karl Gerhard Schmidt zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Schmidt habe sich der Untreue zulasten der SchmidtBank schuldig gemacht, hieß es dem Urteil. Vom Vorwurf des Betrugs wurde er jedoch freigesprochen. Der heute 84-Jährige wirkt mittlerweile vor allem als Kunstmäzen, ist Inhaber eines Verlags für moderne Kunst und engagiert sich für die Bayreuther Festspiele. die bestehenden Regeln zu Abstand und Hygiene auch hier – und es besteht Mundschutzpflicht.“ Den Kontakt zu Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden hält Schmidt vor allem über Video-Calls. Für ihn ist das wichtig, „um die räumliche Distanz zu überwinden und den fehlenden persönlichen Kontakt untereinander zu ersetzen“. Auch in der Krise bleibt der Banker seinem Motto treu, andere Wege als die Kollegen in der Branche zu gehen. In seinem neuen Podcast „klug anlegen“ schildert er seine Sicht auf die Themen Geldanlage, Finanzen und Entwicklungen an den Kapitalmärkten. „Gerade jetzt, wo der persönliche Kontakt zu Kunden und Interessenten nur beschränkt möglich ist, ist es uns wichtig, neue Wege zu gehen, um den Kontakt aufrechtzuerhalten.“ Autorin Eli Hamacher ist Diplom-Volkswirtin und arbeitet seit 30 Jahren als Wirtschaftsjournalistin. Die Freelancerin schreibt für „die bank“ vor allem über die Branche und Porträts über einzelne Unternehmen. Ein weiterer Fokus ihrer Arbeit sind Auslandsmärkte. 34 06 // 2020

MANAGEMENT INTERVIEW In jedem Menschen stecken große Talente Karl Matthäus Schmidt, 51, gehört zu den geduldigen und offenen Interviewpartnern. Nach Fragen zum Geschäft gibt er bereitwillig auch Auskunft zum Privaten, berichtet, warum er Banker geworden ist, was ihm der Besuch der Waldorfschule gebracht hat und warum er für seine Kunden schon mal Lebkuchen backt. die bank: Herr Schmidt, sie gehören der sechsten Generation einer bayerischen Bankiersfamilie an, war das Berufsziel damit früh klar? Karl Matthäus Schmidt: Ich bin natürlich schon am Abendbrottisch mit Bankthemen und unternehmerischen Fragestellungen aufgewachsen, da mein Vater viel davon erzählt hat. Am Wochenende hat er Kreditanträge gelesen und mit einem roten Stift seine Anmerkungen dazu geschrieben. Ich habe oft daneben gesessen und gemalt. Außerdem habe ich ihn ab und zu bei Kundenbesuchen begleitet. Das fand ich wahnsinnig spannend und inspirierend. Das Unternehmertum habe ich aber auch als sehr viel Arbeit empfunden, allerdings verbunden mit der Freiheit, Dinge umset- zen zu können. Ich habe mich gleichzeitig immer für andere Dinge interessiert, insofern war nicht klar, dass ich als jüngster Spross der Familie ins Bankgeschäft gehen werde. die bank: Welche Werte haben Sie aus dieser Zeit geprägt? Schmidt: Diese DNA, dass man nicht gegen seine Kunden, sondern mit seinen Kunden arbeitet, was ja eigentlich das alte Bankierswesen ausmacht. Natürlich muss eine Bank wirtschaftlich erfolgreich sein, aber man muss seine Kunden langfristig begleiten, auch in schwierigeren Phasen. Das hat mich geprägt. die bank: Als einer der wenigen Banker sind Sie auf eine Waldorfschule gegangen. Was waren wichtige Lehren, die Sie mitgenommen haben? Schmidt: Ich bin kein Anthroposoph, habe aber die Schule sehr genossen. Sie hat mir definitiv den Spaß am Künstlerischen mitgegeben. Ich bin ein großer Fan von Design und speziell Inneneinrichtungen. Zudem vermittelt die Waldorfschule als Menschenbild, dass in Jedem große Talente stecken, die man aber entwickeln muss. Davon bin ich sehr überzeugt. Eins meiner fünf Kinder besucht auch eine Waldorfschule. die bank: Letztlich sind Sie dann doch wie Ihr Vater der Familientradition treu geblieben. Schmidt: Ja, die Liebe zur Bank ist bei mir interessanterweise während meiner 06 // 2020 35

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