MANAGEMENT einem globalen Standard etabliert haben. Die Leitfragen im Merkblatt der BaFin sind an die Empfehlungen der TCFD angelehnt. Definition von Nachhaltigkeitsrisiken Um Nachhaltigkeitsrisiken in Strategie und Risikomanagement integrieren zu können, muss zuerst ein Verständnis für diese Risiken geschaffen werden. In Anlehnung an das entsprechende Merkblatt der BaFin 1 können Nachhaltigkeitsrisiken als Ereignisse oder Bedingungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung (Environment, Social, Governance, kurz: ESG) definiert werden, deren Eintreten tatsächlich oder potenziell negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanzund Ertragslage sowie auf die Reputation eines beaufsichtigten Unternehmens haben können. Laut einer im Januar 2020 veröffentlichten Umfrage der EBA 2 gibt es unter den Banken bisher keine eindeutige Definition der einzelnen ESG-Faktoren. Dies führt zu Problemen, denn wenn Banken unterschiedliche Definitionen zur Ermittlung der Nachhaltigkeitsrisiken verwenden, kann es aus Sicht des Risikomanagements zu unterschiedlichen Ergebnissen und Angaben kommen. Ein wichtiger Teilbereich des Faktors Umwelt stellt das Klima dar. Die TCFD unterteilt Klimarisiken in physische Risiken und Transitionsrisiken. 3 Physische Risiken beziehen sich auf direkte Auswirkungen des Klimawandels wie einzelne Extremwetterereignisse und deren Folgen sowie chronische, langfristige Wetteränderungen. Unter Transitionsrisiken sind negative Auswirkungen zu verstehen, die sich aus den für die Begrenzung des Klimawandels notwendigen Transformationen hin zu einer emissionsarmen Wirtschaft ergeben. Geschäfts- und Risikostrategie Nachhaltigkeitsaspekte sollten nach dem Merkblatt der BaFin von Instituten in ihre Geschäftsund Risikostrategie integriert werden. Hierbei ist entweder die bestehende Strategie zu erweitern oder eine eigene Strategie zu entwickeln. In dieselbe Richtung zielen die TCFD-Empfehlungen sowie die Erwartungen der EBA. Institute könnten sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, ob ihre Geschäftsund Risikostrategie bereits auf die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken überprüft wurde, und falls ja, inwiefern ESG-Aspekte bereits eingeflossen sind. Des Weiteren könnten sie überprüfen, ob und wie Nachhaltigkeitsrisiken in ihre bestehenden internen Organisationsrichtlinien und Prozesse zu Risikosteuerung und -controlling integriert werden können. Risikomanagement Die BaFin geht in ihrem Merkblatt gesondert auf die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in das Risikomanagement ein. Institute sollen ihre „Methoden und Verfahren zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung und Berichterstattung der Nachhaltigkeitsrisiken“ in regelmäßigen Abständen überprüfen. Laut dem Merkblatt stellen Nachhaltigkeitsrisiken keine separate Risikoart dar, sondern wirken sich auf die traditionellen Risikoarten, insbesondere Kredit-, Markt-, Liquiditäts-, Strategisches, Operationelles und Reputationsrisiko, aus. Eine Abgrenzung zu diesen Risikoarten erweist sich als schwierig, weshalb Nachhaltigkeitsrisiken als Risikotreiber der traditionellen Risikoarten einbezogen werden sollten. Zur Identifizierung und Beurteilung von Nachhaltigkeitsrisiken können Risikoanalysebzw. -klassifizierungsverfahren genutzt werden. Hierzu können sich beispielsweise Heatmaps oder Nachhaltigkeitsratings eignen. Tools zur Risikoinventur oder Portfolioanalyse können ebenfalls bei der eigenen Risikoidentifizierung unterstützen. Entweder sind die bestehenden Verfahren des Instituts anzupassen oder diese um Nachhaltigkeitsrisiken zu erweitern. Methoden zur Steuerung von Nachhaltigkeitsrisiken sollten im Einklang mit der Geschäfts- und Risikostrategie des Instituts ge- 32 04 // 2020
MANAGEMENT Einhaltung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen und Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Risikomanagementprozesse integrieren zu können. Berichterstattung und Leitindikatoren Gemäß der Richtlinie 2014/95/EU zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD) müssen auch Banken bestimmte nichtfinanzielle Informationen offenlegen. Die Offenlegung klimabezogener Informationen stand bis vor Kurzem nicht im Fokus. Das hat sich durch einen Nachtrag zur klimabezogenen Berichterstattung, den die Kommission im Zuge ihres Aktionsplans im Juni 2019 veröffentlicht hat, geändert. 4 Die unverbindlichen Leitlinien sind als Ergänzung der allgemeinen Leitlinien von 2017 zu verstehen. Sie basieren auf Vorschlägen der TEG und integrieren die Empfehlungen der TCFD vollständig. wählt werden. Abhängig von der eigenen Nachhaltigkeitspräferenz sind hierbei verschiedene Methoden gängig. Soll nur Schaden vermieden werden, eignen sich Ausschlusskriterien oder Limite, um Investitionen in bestimmte nicht-nachhaltige Sektoren oder Branchen auszuschließen bzw. zu begrenzen. Möchte man darüber hinaus bewusst in nachhaltige Sektoren oder Branchen investieren, können Positivlisten oder der Best-In-Class-Ansatz zum Einsatz kommen, bei dem man ausschließlich die am besten bewerteten Unternehmen einer Branche auswählt. Eine ebenfalls gängige Methode ist die ESG-Integration, bei der man sich zur Einhaltung international anerkannter Normen, wie beispielsweise den Principles for Responsible Banking, verpflichtet. Möchte man darüber hinaus mit der Investition eine nachweislich positive Wirkung erzielen, bietet es sich an, die erzielte Wirkung mittels geeigneter Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPI) zu verfolgen oder Stakeholder-Engagement zu betreiben. Die eigentliche Herausforderung für die Institute besteht dann in der korrekten Klassifizierung der Investments. Hierfür ist neben den materiellen ESG-Daten auch die übergeordnete Wertschöpfungskette einzubeziehen. Netzwerkanalysen können hierfür ein effizientes Werkzeug sein. Nachhaltigkeitsrisiken sollten unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips auch in der turnusmäßigen Risikoinventur berücksichtigt werden und, falls wesentlich, in das Gesamtrisikoprofil des Instituts und somit in die Prüfung der Risikotragfähigkeit eingehen. Entsprechend sind Nachhaltigkeitsrisiken auch in der internen Risikoberichterstattung angemessen zu adressieren. Institute sollten darüber hinaus prüfen, welche zusätzlichen Daten sie benötigen, um die Die Leitlinien dienen dazu, nichtfinanzielle Informationen zu Klimarisiken und -chancen auf einheitliche Weise offenzulegen. Hierbei kommt eine doppelte Wesentlichkeitsperspektive zum Einsatz, die sowohl die Auswirkungen des Klimawandels auf das Unternehmen als auch die Auswirkungen des Unternehmens auf das Klima berücksichtigt. Sofern mindestens eine von beiden Perspektiven als finanziell bzw. ökologisch oder sozial wesentlich eingestuft wird, sollten die entsprechenden Informationen offengelegt werden. Die Leitlinien sind in fünf Bereiche unterteilt: Geschäftsmodell, Konzepte und Due-Diligence-Prozesse, Ergebnisse dieser Konzepte, wesentliche Risiken und deren Handhabung sowie die wichtigsten Leistungsindikatoren. Banken wurde darüber hinaus ein eigenes Kapitel mit weiteren konkreten Empfehlungen gewidmet. Darin heißt es, dass Banken u. a. offenlegen sollten, inwiefern in ihren „Prozessen der Risikohandhabung einschließlich interner Stresstests auch Klimarisiken berücksichtigt werden“. Ferner wird empfohlen, mittels Klimaszenarien die Auswirkungen von Klimarisiken auf die Vermögenswerte des Instituts zu beurteilen und diese Risiken im Kontext der traditionellen Risikoarten zu charakterisieren. Die Leitlinien empfehlen die Offenlegung verschiedener KPI, darunter die gewichtete durchschnittliche CO2-Intensität jedes Portfolios und das Volumen finanzieller Vermö- 04 // 2020 33
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