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die bank 04 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT FINTECHS:

MANAGEMENT FINTECHS: CROSSLEND „Unternehmer sein ist kein Sprint, sondern Marathon“ Gestartet als Kreditgeber an private Kunden, positioniert sich CrossLend seit dem vergangenen Jahr als Partner der Banken. Das Berliner FinTech verbrieft Kredite institutioneller Originatoren und platziert diese über seinen digitalen Marktplatz. Im zweiten Halbjahr 2019 soll eine Europäische Kreditbörse an den Start gehen, an der Finanzinstitute die Wertpapiere, hinter denen sich die Kredite verbergen, untereinander handeln können. Mit CEO Oliver Schimek sprach unsere Autorin über sein Geschäftsmodell, die Vorzüge guter Risikokapitalgeber und seine mittelfristigen Pläne. Besucher der Berliner CrossLend GmbH müssen erst einmal in einem digitalen Klingelschild scrollen, bis sie den gesuchten Firmennamen finden und das FinTech Einlass gewährt. Im zweiten Stock empfängt eine Englisch sprechende Mitarbeiterin, kurz darauf erscheint Oliver Schimek im Konferenzraum. Leger gekleidet in Jeans, weißem Tennishemd mit CrossLend-Logo, Apple-Watch und – nein, keinen Sneakern, sondern schwarzen Lederschuhen. Für sich und sein Team hat Schimek eine illustre und für Start-ups eher ungewöhnliche Adresse gewählt: das Sony-Center am Potsdamer Platz. Schulter an Schulter hockt die überwiegend männliche Belegschaft hier auf 1.000 Quadratmetern in Großraumbüros an schmalen Schreibtischen. Auch der Chef gönnt sich keinen Luxus: „Wenn ich ein eigenes Büro bräuchte, wäre ich hier falsch.“ CrossLend gehört zu den rund 800 (so eine comdirect-Studie) deutschen FinTechs, die derzeit versuchen, mit digitalen Geschäftsmodellen die Finanzszene aufzumischen – mal mit, mal gegen die eta-blierten Banken. Mal erfolgreich Kapital sammelnd, wie die Smartphonebank N26, die gerade als erstes deutsches FinTech in den erlesenen Kreis der Unicorns aufstieg, also mit mehr als einer Milliarde US-Dollar bewertet wird. Mal ohne Fortüne, wie die Payment-Spezialisten Cringle und Lendstar, die 2018 kurz nacheinander Insolvenz anmelden mussten. Wieder andere machten mit Berg- und Talfahrten und schillernden Gründerstorys Schlagzeilen, wie die 2012 gegründete und einst als Vorzeige-FinTech gefeierte Kreditech GmbH. Deren Geschäftsführung berichtete laut „Finanz-Szene.de“ Ende 2018 von einer „ernsten finanziellen Situation“. Ihr Gründer Sebastian Diemer hatte schon 2015 Kasse gemacht, brachte dann Finiata („Bezahlt.de“) an den Start und baut aktuell in der Finanzhochburg Frankfurt ein Cannabis-Start-up auf. Mit Diemer hat auch Oliver Schimek zusammengearbeitet. Bei ihm heuerte er nach dem Aus seines ersten Start-ups „Quantea“ als CFO und CIO an. Eineinhalb Jahre begleitete der Diplom-Physiker den Auf- stieg, bevor er die Reißleine zog. „Das Geschäftsmodell, Kleinkredite zu horrenden Zinsen zu vergeben, fand ich moralisch zunehmend problematisch und hat mich letztlich nicht überzeugt“, sagt der heute 37-Jährige, der 2014 von der Elbe an die Spree zog, um CrossLend zu starten. Im Gepäck einige lehrreiche Erfahrungen und die Idee für ein neues Business. Seit viereinhalb Jahren zieht er als Geschäftsführer die Fäden und musste erst einmal lernen, wie viel Geduld das Unternehmertum erfordert. „Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon.“ Auch deshalb, weil die „jungen Wilden“ – wie Außenstehende die Player der Szene gern nennen, was diese selbst aber höchst ungern hören – mit gestandenen Bankern in Kontakt kommen müssen. Ihnen bietet CrossLend seit Anfang 2018 an, Kredite über ihre Verbriefungsgesellschaft CrossLend SA in Luxemburg gebündelt zu einem Wertpapier umzuwandeln, und diese Wertpapiere dann mit dem Partner, der Staatsbank und Staatssparkasse Luxemburg (Banque et Caisse D’Epargne de L’Etat Luxembourg), bei Investoren zu platzieren. „Die Banken, die ihre Kredite mit Eigenkapital unterlegen müssen, entlasten via Kreditverbriefung ihre Bilanzen und können die Rentabilität im Kerngeschäft verbessern.“ Investoren böten sich in Zeiten niedriger Zinsen weitere Anlagemöglichkeiten. Dass – wie in der Finanzmarktkrise – minderwertige Kredite verbrieft werden und die Investoren die Risiken deshalb falsch einschätzen, ist laut CEO Schimek in seinem Geschäftsmodell nicht möglich. Bei CrossLend gehöre immer ein bestimmter Pool an Krediten zu einem Wertpapier. Der Investor bekomme die relevanten Daten jedes einzelnen Kredits und könne sich selbst ein Bild vom Risiko machen. Zudem verbleibe ein Teil des Kredits immer bei der Bank, und dem Kunden gegenüber bleibe die Bank Partner. Das sei vertraglich verankert. Geld verdient das Unternehmen mit den Transaktionsgebühren, schreibt allerdings noch keine schwarzen Zahlen. Und befindet sich damit in bester Gesellschaft. Laut einer Untersuchung von „Finanz-Szene.de“ haben nur vier deutsche FinTechs 2017 Gewinn gemacht, nämlich Bill- 18 04 // 2019

MANAGEMENT pay (B2B-Payment, 2009 gegründet), Ratepay (B2B-Payment, 2009), Fino (Kontowechsel, 2015) und Fincite (IT-Dienstleister, 2011). Schimeks Ziel: „Im Jahr 2020 rechnen wir mit schwarzen Zahlen.“ Acht Deals mit einem Volumen von 360 Mio. € habe CrossLend im vergangenen Jahr abgeschlossen und damit die angepeilten 300 Mio. € deutlich übertroffen. Verbrieft wurden Kredite – überwiegend Mittelstands- und Konsumentenkredite – ausschließlich institutioneller Investoren, vorrangig von Banken aus Deutschland, Finnland, Irland, den Niederlanden, UK und Spanien sowie von einem Fonds aus UK. Akquiriert würden die Kunden ganz klassisch, via Telefon. „Größte Herausforderung ist wie bei jeder Plattform, das Angebot mit der Nachfrage in Einklang zu bringen. Nicht jeder Investor will kaufen, was gerade angeboten wird“, erklärt Schimek. Ein Deal könne deshalb einen Vorlauf von bis zu einem Jahr haben. Da die Nachfrage deutlich anziehe, hofft er bis zum Jahr 2020 auf ein jährliches Transaktionsvolumen von 5 Mrd. €. Gestartet waren die anfangs drei Gründer – neben Schimek gehörten noch Kreditech-Kollege Daniel Schlotter und Marie Louise Seelig zum Team – mit einer anderen Zielgruppe. Ihre grenzüberschreitende Kreditplattform, die Kreditnehmer aus Hochzinsländern mit Investoren aus Niedrigzinsländern zusammenbringen wollte, richtete sich zunächst an Privatkunden. Mit diesem Peer-2-Peer-Lending trat CrossLend in Konkurrenz zu Plattformen wie Smava, Lendico und Auxmoney. Die Kredite der Privatpersonen wurden von einer Luxemburger CrossLend-Tochter verbrieft, in sogenannte Notes von 25 € gestückelt und an private Anleger verkauft. Für ein Darlehen mussten Kreditnehmer zwischen 2 und 14 Prozent zahlen. Zu den ersten Investoren gehörte der Wagniskapitalgeber Lakestar von Klaus Hommels, der zum Beispiel auch bei der solarisBank investiert hat und immer noch an Bord ist. Mitte 2018 stellte CrossLend das Peer-to-Peer-Geschäft jedoch ein, weil Schimek, der seit 2016 als alleiniger Geschäftsführer 04 // 2019 19

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