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die bank 12 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION Für das Community Building unverzichtbar ROUND TABLE DIGITALISIERUNG Digitalisierung ist und bleibt für die ROUND TABLE Banken ein Mega-Thema. Was haben sie bislang erreicht? Und wie werden die Chancen und Bedrohungen der Digitalisierung im Bankensektor aus strategischem Blickwinkel beurteilt? Darüber diskutierten Dr. Ralf Gaese (Bereichsleiter Organisation, Deutsche Apotheker- und Ärztebank), Hartmut Giesen (Business Development Manager, Sutor Bank), Georg Schürmann (Geschäftsleiter, Triodos Bank N.V. Deutschland), Dr. Jan Wiedei (Bereichsleiter Digital Sales, Deutsche Postbank AG), Dr. Dr. Ayad Al-Ani (Professor für Change Management und Consulting, Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft) sowie Dr. Daniel Pehle und Hartmut Skubch (Skubch & Company Management Consultants) im Frankfurter Airport Club. Georg Schürmann, Geschäftsleiter, Triodos Bank N.V. Deutschland diebank: Was genau verstehen Sie in Ihren Instituten unter Digitalisierung und welche Faktoren treiben Sie bei diesem Thema an? Schürmann: Triodos ist in Deutschland im Dezember 2009 gleich als Online-Bank gestartet. Die Frage, ob wir digital werden müssen, stellt sich für uns also überhaupt nicht. Die Digitalisierung betrachten wir auch als Chance, unser Geschäftsmodell zu unterstützen, im Sinn eines Community Building. Unsere Kunden im Retailgeschäft sind die „bewussten Konsumenten“ – Menschen, die Ökostrom beziehen, die im Bioladen einkaufen usw. Sehr viele sind Akademiker, und von daher gibt es gute Gründe für die Vermutung, dass in dieser Gruppe Smartphone, Tablet und PC überdurchschnittlich verbreitet sind. Und dies nutzen wir ganz gezielt bei unseren Marketing- und Vertriebsaktivitäten. Wir waren eine der ersten Banken in Deutschland, die Facebook genutzt haben. Für uns ist Facebook ein ideales Instrument, um unser Kernthema „Nachhaltigkeit“ nach vorne zu bringen. Unsere Kunden präferieren uns ja nicht wegen des Preises oder eines bestimmten Produkts, sondern primär wegen der Nachhaltigkeit. In unseren Kundenbeziehungen gibt es fast immer auch eine emotionale Komponen- te. Und die können wir über die Digitalisierung sehr gut bedienen. Zu unserer Geschäftsphilosophie gehört es auch, die Kreditkunden zu veröffentlichen. Anleger, die bei uns in einen Sparplan einzahlen, sollen wissen, dass ihr Geld nicht irgendwo in einem Banktresor deponiert ist, sondern in ein Windrad, in eine Senioren-Residenz oder ähnliche Projekte investiert wird. Darüber informieren wir sehr transparent und sehr deutlich auf unserer Homepage. Ohne Digitalisierung wäre diese Transparenz gar nicht darstellbar. Die Digitalisierung hilft uns also, auch als Online-Bank einen Relationship-Ansatz zu fahren. diebank: Bei der Sutor Bank, Herr Giesen, ist die Digitalisierung offenbar ebenfalls Teil des Geschäftsmodells … Giesen: Wir haben bereits um das Jahr 2012/2013 herum begonnen, uns intensiv mit der Frage zu beschäftigen, was die Digitalisierung für ein kleines Haus bedeutet und welche Chancen sich daraus für uns ergeben. Neben der allgemeinen Entwicklung gehen die stärksten Digitalisierungsimpulse zurzeit von unseren FinTech- Partnern aus. Ihr radikal digitales Denken und Handeln fordert von uns die Gestaltung passender Banking-Prozesse und die stetige Fortentwicklung unserer IT-Systeme. Aber auch unsere traditionellen B2B-Partner, in erster Linie Finanzvertriebe, fordern digitale Systeme und Werkzeuge, um ihre Kunden optimiert und effizienter bedienen zu können. Im B2C-Umfeld haben wir schon sehr früh unsere Vermögensverwaltung demokratisiert und den ersten bankbasierten Robo Advisor mit integrierter Vermögensverwaltung gestartet. Fast zur gleichen Zeit kamen die ersten Kontakte zu Fin- Techs zustande. Und da praktisch alle FinTechs eine Bank als Part- 46 diebank 12.2016

IT & KOMMUNIKATION ó ner benötigen, um gewisse Prozesselemente abzubilden, haben wir bereits früh die strategische Entscheidung getroffen, eine Art Startup-Plattform zu entwickeln. Nicht in Form einer Service-Bank für das Start-up, als reine White-Label-Bank, sondern indem man gemeinsam mit FinTechs Geschäftsmodelle entwickelt und an den Start bringt, wie z. B. Zinspilot oder Fairr.de. Mittlerweile bekommen wir so viele Anfragen von Start-ups, dass für uns momentan die große Herausforderung darin besteht, dies alles gehandhabt zu bekommen. Dabei ändert sich im Übrigen auch ein Stück weit die Kultur in der Bank: Auf einmal müssen Personen im Back- und Frontoffice zusammenarbeiten, die vorher wenig miteinander zu tun hatten. Das ist nicht immer einfach. Aber die Digitalisierung entwickelt hier eine kulturwandelnde, positive Eigendynamik. Wenn wir heute zum Beispiel einen KYC-Prozess für ein Start-up erarbeiten, dann müssen wir uns mit Rechnungswesen, Back- und Frontoffice und anderen zusammensetzen, um diesen Prozess wirklich „end-to-end“ digitalisiert zu bekommen. diebank: Arbeiten Sie da in „Joint Teams“ aus Start-up und klassischer Backend-Verwaltung? Giesen: Als wir damit angefangen haben, waren zunächst nur die IT und – abhängig vom Status - die Geschäftsleitung dabei. Jetzt beginnen wir damit, auch Compliance und Backoffice von Anfang an mit einzubinden. Weil wir gemerkt haben, dass es sonst irgendwann im Prozess „crunched“, wenn wir tiefer einsteigen. Bei einem digitalen Prozess bekommt man viele Dinge nur in enger Zusammenarbeit gelöst. Was die generelle Zusammenarbeit mit FinTechs betrifft, gibt es bei uns inzwischen einen gut funktionierenden, stabilen Prozess. Wir schauen jeweils, welcher Bedarf von einem FinTech an uns herangetragen wird, binden das Unternehmen zunächst mit einer Minimal-Lösung oder einer API an, und wenn sich das Geschäftsmodell später als valide erweist, gehen wir daran, die Prozesse weiter zu automatisieren und zu integrieren. diebank: Was sind die Kernelemente, und wo liegen die Schwerpunkte der Digitalisierung bei der apoBank, Herr Dr. Gaese? Gaese: Digitalisierung ist für uns die konsequente Weiterführung unserer kundenorientierten Aufstellung. Mit Arzt und Apotheker adressieren wir eine Klientel, die sehr speziell ist und die uns eine einzigartige Aufstellung ermöglicht. Mit der Digitalisierung reagieren wir nun zum einen auf Veränderungen, die bei unseren Kunden stattfinden: Liquiditätsbedürfnisse werden mehr und mehr über Online-Kanäle befriedigt. Und natürlich wachsen auch die Hartmut Giesen, Business Development Manager, Sutor Bank Ansprüche des Kunden, was das Pricing von Produkten angeht. Auch dies zwingt uns zu einer effizienten Produktion. Für uns bedeutet das: alles, was sinnvoll digitalisierbar ist, muss auch digitalisiert werden. Die Frage, ob wir nach innen digitalisieren, ob wir Papier vermeiden, ob wir weiter automatisieren, stellt sich für uns schon lange nicht mehr. Hinzu kommt – dank internetbasierter Diagnostik, personalisierter Medizin und digitaler Vernetzung im Gesundheitswesen – aber noch eine zweite Dimension: Uns beschäftigt mehr und mehr die Frage, wie sich der Kunde in seinem Geschäftsmodell verändert und welche Auswirkungen der grundsätzliche Strukturwandel in der Gesundheitsbranche auf das Geschäftsmodell unserer Kunden haben wird. Erwähnen möchte ich hier nur den Trend von der Einzelpraxis zu Praxisgemeinschaften und zu medizinischen Versorgungszentren sowie die Verschiebung der Leistungsanteile zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Strategisch stellt sich für uns beim Thema Digitalisierung auch die Frage, welche Position wir in Zukunft in der Wertschöpfungskette einnehmen wollen. Eine reine Produktions- und Steuerungsbank steht ja immer recht schnell zur Disposition. Insofern gilt es, sehr genau zu überlegen, mit welchen Leistungen den Kunden echter Mehrwert geliefert werden kann – auch über die reinen Bankgeschäfte hinaus. Der Kunde soll sich bei uns nicht nur als Kunde fühlen, sondern als Mitglied einer Community, in der er sich gut aufgehoben fühlt. Wir versuchen ganz gezielt, diesen Aspekt mit passenden Angeboten zu stärken. Und dabei hilft uns die Digitalisierung ganz enorm. Wir bieten zum Beispiel eine Plattform an, über die wir unterschiedliche Interessenten zusammenbringen: Praxiskäufer und -verkäufer oder Personen, die noch Partner für die Gründung einer Gemeinschaftspraxis suchen. Für sie ist dieses Angebot ausgesprochen attraktiv – auch weil es in Deutschland unseres Wissens keine vergleichbare Plattform dieses Umfangs gibt. Und für uns übernimmt die Plattform die Rolle eines wirkungsvollen Mediums zur Kundenbindung. diebank: Im Kern geht es also um Kundenzentriertheit und Mehrwert für den Kunden. Wird das bei der Postbank auch so gesehen? Wiedei: Klassisch kommen wir ja aus der Welt der Filialen. Seit etlichen Jahren betreiben wir aber auch schon einen sehr großen Online-Kanal. Die Digitalisierung ist daher auch für uns kein Thema, von dem wir überrascht wurden. Vielmehr sind wir auf diesem Feld ganz bewusst aus zwei Gründen aktiv: zum einen aus der Überlegung heraus, dass der Kunde dies heute schlicht und einfach erwar- 12.2016 diebank 47

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