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die bank 12 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING nagement in Kooperation mit BearingPoint eine Studie durchgeführt. 1 Der Fokus wurde auf große, international tätige Unternehmen gelegt. Eine vorangestellte Fallstudienanalyse hatte gezeigt, dass große Konzerne im Cash Management am weitesten fortgeschritten sind. 43 der nach Forbes größten 2.000 Unternehmen der Welt haben ihren Konzernsitz in Deutschland. 2 Davon haben zwanzig Unternehmen an unserer Untersuchung teilgenommen. Aus anderen europäischen Ländern kamen zwölf weitere Großunternehmen der Forbes-Liste hinzu. Alle 32 Unternehmen wiesen einen Umsatz von jeweils mehr als 1 Mrd. € auf. Die Unternehmen sind in unterschiedlichen Branchen tätig (Automobil, Chemie, Rohstoffe usw.). Mithilfe eines elektronischen Fragebogens wurden die CFOs der Unternehmen befragt. „Mittlere Reife“ der Cash-Prozesse In der Studie wurde der aktuelle Entwicklungsstand der Cash- Prozesse in den befragten Konzernen ermittelt. Dazu wurde für jedes Unternehmen ein Reifegrad-Score berechnet, der sich aus sechs Dimensionen zusammensetzt: Das Erzeugen der Cash-Position sowie das Cash Pooling sind wichtige Elemente im Cash Management. Die Integration der Marktaktivitäten kennzeichnet die Automatisierung der Abwicklung der Geschäfte. Der Zahlungsverkehr und die Kontoauszugsverarbeitung sind wichtige Lieferanten von Cashflow-Informationen. Die Dimension Prozessverantwortung zeigt an, inwiefern die Verantwortung für die Cash-Prozesse zentralisiert ist. Jede Dimension wurde anhand spezifischer Fragen bei den Teilnehmern erfasst. Hochautomatisierte und harmonisierte Prozesse führen zu einem hohen Score-Wert (5) für die Prozessreife im Cash Management, manuelle und dezentrale Prozesse dagegen zu einem niedrigen Score-Wert (0). Als durchschnittliche Prozessreife der teilnehmenden Unternehmen ergaben sich Werte zwischen 3,5 und 4,2 in Abhängigkeit von der jeweiligen Dimension ” 1. Relativ gut entwickelt sind die Erzeugung der Cash-Position, das Cash Pooling sowie die Kontoauszugsverarbeitung. Entwicklungspotenzial besteht vor allem im Zahlungsverkehr und bei der Integration der Marktaktivitäten. Payment Factories und Inhouse-Banken Das weltweit zu beobachtende Streben nach Harmonisierung der Cash-Prozesse haben viele große Unternehmen mit der Einführung einer Payment Factory oder einer Inhouse-Bank verbunden. Fast 50 Prozent der befragten Unternehmen haben bereits beides umfassend eingerichtet. Weitere 25 Prozent haben mit der Implementierung begonnen, knapp 10 Prozent haben die Implementierung geplant. In einer Payment Factory werden alle Zahlungen der Konzerngesellschaften über eine zentrale elektronische Plattform (Factory) geleitet und an für den ganzen Konzern tätige Banken zur Ausführung übertragen. Die Kontoauszüge werden auf diesem Weg von den Banken an den Konzern versendet und dort den Buchhaltungen der einzelnen Konzerngesellschaften und dem Cash Management bereitgestellt. Die Payment Factory stellt dem Cash Management die entsprechenden Cashflow-Informationen zur Verfügung. Die Liquidität der Konzerngesellschaften wird über ein Cash Pooling der Konzernbanken täglich auf wenigen Konzernkonten zentralisiert und intern über die Inhouse-Bank verrechnet. Über die Inhouse-Bank werden auch alle konzerninternen Zahlungen verrechnet. Die Zentralisierung der Liquidität ist die Voraussetzung für aktuelle und präzise Cash-Management-Informationen. Fast 90 Prozent der befragten Unternehmen schätzen die Cash-Management-Informationen heute als zuverlässig oder sehr zuverlässig ein. Nachholbedarf im Zahlungsverkehr und bei der Bankkontenverwaltung Während die Konzentration der Liquidität über Pooling-Verfahren oder andere automatisierte Banküberträge weitgehend üblich ist, hat erst ein Drittel der befragten Unternehmen den Zahlungsverkehr konsequent zentralisiert. Lange Zeit waren die nationalen Zahlungsverfahren sehr unterschiedlich. Gewachsen aus unterschiedlichen papierbasierten Bezahlverfahren hatten sich in den verschiedenen Ländern höchst unterschiedliche elektronische Verfahren entwickelt. Eine internationale Normierung über die UN-Norm EDIFACT in den 1990er Jahren war an den hohen Umstellungskosten und der geringen Relevanz internationaler Zahlungen (weniger als ein Prozent des Zahlungsverkehrs in Deutschland) gescheitert. Die Globalisierung der Wirtschaft mit ihrem erhöhten Aufkommen internationaler Zahlungen verhalf der ISO-Norm 20022 in den letzten zehn Jahren zum Erfolg. Dieser Standardisierungsprozess dauert jedoch bis heute an. Handlungsbedarf besteht auch bei der Bankkontenverwaltung. Dieser Prozess besteht in vielen Unternehmen noch aus einer einfachen Genehmigung der Kontoeröffnung bzw. -schließung durch das Treasury. Die Einbeziehung der anderen an diesem Prozess beteiligten Abteilungen wie Accounting, Payments, Cash Management oder IT ist noch selten. Nur 28 Prozent der befragten Unternehmen nutzen eine elektronische Plattform, um den Prozess zu unterstützen. In vielen Unternehmen gibt es Konten, die dem Treasury gänzlich unbekannt sind. Dabei handelt es sich für die Unternehmen um ein relevantes Thema. Global tätige Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen führen riesige Mengen an Konten, weil lokalen Anforderungen des Zahlungsverkehrs häufig durch Eröffnung zusätzlicher Konten nachgekommen wird. Während für das Cash Management die Reduktion der Konten zur Zusammenfassung der Liquidität wichtig ist, wird im Zahlungsverkehr häufig das Konto als Steuerungsinstrument genutzt. Bestimmte Transaktio- 24 diebank 12.2016

BANKING ó nen werden ausschließlich über definierte Konten abgewickelt. Stärken lokaler Banken, wie z. B. die räumliche Nähe zur Niederlassung oder eine besondere Kompetenz für ein nationales Zahlungsverfahren, werden als Argument für die Eröffnung vieler Konten herangezogen. Werden vom zentralen Cash Management zusammen mit einer global agierenden Bank keine entsprechenden Services angeboten, setzen die lokalen Entscheidungsträger in der Regel ihre Anforderungen durch. Damit entstehen in vielen Fällen enorme Mengen an Konten ” 2. Auffällig ist, dass die Anzahl der genutzten Bankkonten sehr unterschiedlich ist. Immerhin kommen rund 40 Prozent der Unternehmen mit jeweils weniger als 500 Bankkonten aus. Weitere 35 Prozent haben zwischen 500 und 1.000 Bankkonten. Die restlichen Unternehmen führen mit einer Ausnahme zwischen 1.000 und 3.000 Bankkonten; ein Unternehmen sogar mehr. Eine Korrelation zwischen der Größe des Unternehmens und der Anzahl der genutzten Bankkonten ist nur in der untersten Größenklasse (1 bis 10 Mrd. Euro Umsatz) festzustellen. In dieser Größenklasse liegt die Anzahl der Bankkonten generell unter 300. Die Anzahl der genutzten Bankkonten hängt auch nicht von der Branche ab, sondern vielmehr von der Macht der Zentrale und dem Service der Banken, die für den Konzern tätig sind. Von dem Geschäft mit den Unternehmen profitieren heute noch viele Kreditinstitute. Dies wird sich jedoch ändern. Sobald die Unternehmen feststellen, wie sie die Komplexität im Cash Management mithilfe von international agierenden Banken reduzieren und gleichzeitig ihre Kosten senken können, werden sie dies tun. Banken sollten daher die Entwicklung bei den Unternehmen genau beobachten. Konsolidierung bei den Unternehmen schreitet voran Die inzwischen relativ etablierten Cash-Prozesse werden von den Unternehmen permanent weiterentwickelt. Große Unternehmen führen Payment Factories und/oder Inhouse-Banken mit in der Regel globalen Prozessen ein; mittelgroße Unternehmen folgen. Ziel ist es, die Zahl der Banken, mit denen im Cash Management zusammengearbeitet wird, drastisch zu reduzieren. Einige der DAX-Konzerne haben die Konsolidierung ihrer Konten und Bankverbindungen bereits hinter sich. Bei der Konsolidierung des globalen Zahlungsverkehrs eines Konzerns handelt es sich um ein aufwendiges Projekt, das jedoch zu erheblichen Kostensenkungen führt. Für die Optimierung durch Bankkontenkonsolidierung gibt es drei Ansatzpunkte: Optimierung der Cash-Prozesse, Vermeidung von unnötigen Liquiditätsbeständen (Working Capital) und Vereinfachung der IT. Ein exemplarischer Fall ist in ” 3 dargestellt. Ein aus Bankensicht prekärer und im Konsolidierungsprojekt erster Schritt ist die Auswahl derjenigen Institute, die für das Unternehmen in Zukunft den Zahlungsverkehr abwickeln sollen. Hier kommt es zu massiver Marktbereinigung. Die ersten großen 2 Kontenzahl der befragten Unternehmen nach Umsatzklassen Umsatz in € 1 - 10 10 - 50 50 - 100 größer Anzahl Summe der Bankkonten Mrd. Mrd. Mrd. 100 Mrd. weniger als 300 7 7 301 - 500 4 2 1 7 501 - 1.000 2 8 10 1.001 - 1.500 1 1 2 1.501 - 3.000 3 1 1 5 mehr als 3.000 1 1 Gesamtergebnis 14 13 3 2 32 Konzerne haben ihre Bankverbindungen von mehr als hundert auf nur noch drei bis fünf Institute und ganz wenige lokale Banken in speziellen Ländern (z. B. China) reduziert. An Banken, die für das globale Cash Management infrage kommen, werden hohe Anforderungen gestellt. Diese Institute müssen international so verbreitet sein, dass sie zumindest für große Regionen der Welt das Cash Pooling und den Zahlungsverkehr durchführen können. Dafür kommen nicht viele Institute in Betracht. Typische Kandidaten sind Bank of America, BNP Paribas, Citigroup, Deutsche Bank, HSBC und JP Morgan Chase. Für Teilregionen kommen gegebenenfalls Banken wie Standard Chartered (Afrika/Südostasien), Unicredit (Ost- und Südeuropa) und eventuell eine der chinesischen Großbanken in Betracht. Auch für Südamerika gibt es spezialisierte Banken. Alle anderen spielen für weltweit tätige Unternehmen im Cash Management kaum noch eine Rolle. Sollte sich eine der verbliebenen Banken aus bestimmten Regionen zurückziehen, wird auch sie aus dem Kandidatenkreis ausscheiden. Das Vorgehen zur Installation einer Payment Factory bzw. Inhouse-Bank ist wie folgt: Üblicherweise wird zunächst die Software für die Zentrale installiert und es werden die zentralen Cash-Management- und Zahlungsprozesse definiert. Dann werden die Verbindungen zu den für den Konzern ausgewählten Banken aufgebaut. Ist diese „Kerninstallation“ abgeschlossen, werden die Konzerngesellschaften schrittweise daran angeschlossen. Die bisherigen lokalen Zahlungssysteme können dann abgeschaltet werden. Mit dem Anschluss an die neuen, zentralen Systeme werden auch die neuen Cash-Prozesse implementiert. Der Anschluss weiterer Konzerngesellschaften erfolgt in einem kontinuierlichen Verfahren. Schrittweise werden einzelne Gesellschaften und Niederlassungen für die Migration ausgewählt, an- 12.2016 diebank 25

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