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die bank 12 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BERUF & KARRIERE

ó BERUF & KARRIERE Flexibilität des „Sowohl als auch“, andererseits die Fokussierung durch eine klare Entscheidung („Die Würfel sind gefallen“). Die beiden Ausrichtungen sollen im Folgenden mit den oben genannten Fragestellungen verknüpft werden. Beispiel Funktionen und Berufsbilder Der Markt hat in seinen Präferenzen über die Vertriebswege noch nicht klar entschieden. Online-Produkte und -Services sind bereits etabliert, die Bargeldversorgung ist nahezu automatisiert. Viele Kunden bevorzugen aber nach wie vor die persönliche Begegnung in einer Bankfiliale. Nun haben sich einige Banken auf das Direktgeschäft und Online-Angebote konzentriert, die Mehrzahl der Retailbanken aber fokussiert immer noch, wenn auch reduziert, auf das Filialgeschäft. Solange die Entscheidung zu den Vertriebswegen noch offen ist (Multichanneling vs. Konzentration), erscheint das „Sowohl als auch“ in der Unternehmensstrategie immer noch sinnvoll. Die Personalpolitik entspricht dieser Strategie aber oft nicht. Immer noch setzt die Branche vorwiegend auf die Monokultur eines Ausbildungsberufs, obwohl die Spezialisierung in den Vertriebskanälen und auch die Gestaltung von Arbeitsfeldern in der Bank (zum Beispiel der 1 Konsistenz ist gefordert Umwelt/Markt: Chancen/ Risiken SWOT-Analyse Logiken/ Vernunft Unternehmen: Stärken/ Schwächen Marktfolge) auch Diversität in den Berufsprofilen und damit Ausbildungsberufen nahelegt. Hier wird oft noch der Bankkaufmann als „Krone der kaufmännischen Ausbildungsberufe“ zelebriert, anstatt rational Anforderungen aus Funktionsprofilen zu entsprechen. Darüber hinaus sollte der Einstieg auch für Interessenten aus anderen Branchen möglich sein. Banken, die die Servicequalität ihrer Mitarbeiter erhöhen wollen, können sich beispielsweise in der Hotellerie bedienen. Die dort herrschende Service- und Arbeitskultur könnte manchem Vertriebskanal im Bankgeschäft mehr Energie verleihen. Diversität ist im beschriebenen Kontext die personalstrategische Entsprechung der Unternehmensstrategie. Operationalisierung der Strategie („Auflösen“ der Dilemmata) strategische Optionen strategische Wahl Definition/Implementierung/Evaluation der Strategie strategische Programme Beispiel „Atmende Belegschaft“ Operative Beweglichkeit erfordert eine „atmende“ Belegschaft. In dieser Kurzform lässt sich die Anforderung an die Personalplanung in unternehmerisch unklaren Situationen beschreiben. Flexible Arbeitszeitmodelle mit integrierten Arbeitszeitkonten, die Nutzung externer Dienstleister (beispielsweise in der IT oder im Service) oder die Kooperation mit Personalagenturen sind hier dann mögliche personalwirtschaftlichen Instrumente. Die Realität im Personalmanagement ist jedoch meist gekennzeichnet durch starre Stellenpläne, die wenig Flexibilität ermöglichen. Auch hier folgt die Personalpolitik der Unternehmensstrategie oft nicht konsequent. Dass die beschriebenen Instrumente kein Hexenwerk sind, hat die Automobilindustrie längst vorgelebt. Mit einer „atmenden Belegschaft“ könnte den Bewegungen im Markt schneller entsprochen werden. Beispiel Beschaffungspolitik Auf dem Arbeitsmarkt sind die Auswirkungen des demografische Wandels bereits Realität. Veränderte Werte, die sich auch auf das Jobdesign auswirken, sind deutlich spürbar. Dass Banken sich neben dem traditionellen Personalmarketing auch mit Employer Branding beschäftigen, wird in den Internetauftritten und der Anzeigengestaltung sichtbar. Aber auch hier fehlt oft die Konsequenz im Originären. Buzzwords gewollter Unternehmenskultur (leistungsstark, teamorientiert, innovativ etc.) sind Bekenntnisse, die kaum glaubhaft wirken. Auch ein schnell erstellter Facebook-Auftritt erzeugt noch kein attraktives Unternehmensbild. Konsistenz heißt hier, stark wirkende Kulturkerne herauszuarbeiten und diese kreativ und ehrlich zu vermarkten. Auch das Auswahlprozedere sollte in diesem Kontext kongruent wirken. Verhörtechniken im Bewerberinterview haben hier ebenso wenig Platz wie langwierige Rekrutierungsprozesse. Qualitative und quantitative Altersstrukturanalysen und Mitarbeiterportfolios können den Beschaffungsprozess untermauern und Fehlentwicklungen in der Rekrutierung vermeiden. Beispiel Personalbindung Wer Gefahr läuft, Mitarbeiter zu verlieren, sollte sich rechtzeitig darauf einstellen, sie zu halten. In diesem Aktionsfeld der Personalarbeit addieren sich die Effekte aus dem demografischen Wandel 74 diebank 12.2015

BERUF & KARRIERE ó und der spürbaren Änderung von Werten. Loyalität wird mehr und mehr auf Zeit verliehen – im Rahmen des Arbeitsvertrags – und erzeugt keine lebenslange Betriebszugehörigkeit mehr. Hinzu kommt, dass sich auch andere Branchen mittlerweile gern mit gut ausgebildeten Bankern eindecken. Die Konsequenz daraus wird für manchen Personalmanager noch zum „Bermuda-Dreieck“ in seinem Personalportfolio. Das Schaffen einer attraktiven Personalentwicklung ist aber nicht die alleinige Antwort auf die unternehmensstrategische Anforderung, das richtige Personal in passendem Umfang an Bord zu haben. Eine Herausforderung in diesem Zusammenhang ist es, den Beitrag des Einzelnen oder eines Teams zum Unternehmenserfolg in den Mittelpunkt von variablen Gehaltsanteilen/ Gratifikationen zu stellen. Elaborierte Performance-Management-Systeme helfen hier weiter, verlangen jedoch eine reflektierende und coachende Führungskultur. Führung muss als Profession und nicht als „add on“ begriffen werden. Personaler sollten diese Anforderung in Funktionsprofilen zementieren. Denn letztendlich verlassen viele Mitarbeiter ihr Unternehmen oft nicht deshalb, weil es an guten Instrumenten mangeln würde, sondern weil ihre Führungskraft sie durch schlechte Führung vergrault. Personalbindung ist daher Hauptaufgabe einer Arbeitsmarktkongruenten Personalpolitik im Sinne der Unternehmensstrategie. Beispiel Personalentwicklung Hohe Ansprüche an die Personalentwicklung haben sich in den vergangenen Jahren auch durch die Generation Y manifestiert. Persönlichkeitsentwicklung, das Erleben von „Selbstwirksamkeit“, stehen für viele dieser Mitarbeiter ganz oben auf der Prioritätenliste. In diesem Aktionsfeld der Personalarbeit hat die Bankenbranche schon immer gut investiert. Aber dennoch ist auch hier noch Luft nach oben: weniger im monetären Einsatz, sondern mehr in der konzeptionellen Gestaltung. Empowerment heißt hier, Selbstverantwortung zuzulassen, nicht fremdgesteuert zu fördern. Personalentwicklung, die sich in einem Programm von Fachseminaren und ein wenig „Goldköpfchen-Förderung“ (Talentmanagement) erschöpft, greift zu kurz. Ein selbstverantwortetes Kompetenzmanagement, kombiniert mit Action- und Blended-Learning-Angeboten, ist attraktiver, wertschöpfender und nicht teurer. Der Unternehmensstrategie folgen bedeutet in diesem Zusammenhang, sich den Bedürfnissen seiner internen Kunden mit modernen Methoden zu widmen. Letztendlich wird nur derjenige Modernität nach außen leben können, der sie auch intern erlebt. Fazit Eigentlich erscheint es gar nicht so schwierig, im Banking die Personalpolitik stringent der Unternehmensstrategie folgen zu lassen. Einige Dissonanzen haben wir aufgezeigt. So heißt es im „Sowohl als auch“ flexibel zu bleiben und in der Fokussierung konsequent zu werden. Kongruenz zwischen Unternehmensstrategie und Personalpolitik hat viel mit Empathie für komplexe Situationen, Zeit und Raum zur Reflexion und Mut in der Umsetzung zu tun. Voraussetzung ist jedoch, dass die Unternehmensstrategie klar (auch wenn tendenziell dual) und transparent formuliert wird. Das Personalmanagement im Retailbanking sollte den Anspruch haben, dem zu folgen: als Impulsgeber, Berater und natürlich als konsequenter Umsetzer. Die Situation „Zwischen allen Stühlen“ ist dann passé. ó Autoren: Thomas Hartmann, Seniorberater bei Kienbaum Management Consultants in Hannover, Dozent für Personalmanagement an der Hochschule Harz und der Frankfurt School of Finance and Management. Lars-Eric Strenske ist Masterand bei Kienbaum Management Consultants in Hannover. 12.2015 diebank 75

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