Aufrufe
vor 5 Jahren

die bank 12 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BERUF & KARRIERE aus

ó BERUF & KARRIERE aus großer Höhe abstürzen. Mit der Position bricht für den Manager die zentrale Säule seines Lebenskonzepts weg. Top- Manager fühlen sich in dieser Situation oft ohnmächtig und handlungsunfähig. Spätestens mit der Schlüsselabgabe wird ihnen der Verlust in seinem ganzen Ausmaß bewusst, wird die Räumung des Büros und die Abgabe des Dienstwagens zur schmerzlichen Realität. Die Kontakte zu ehemaligen Weggefährten nehmen ab. Spätestens dann ist die Frage der Kommunikation in Richtung der Nachbarschaft und des sozialen Umfelds zu klären. Die Top-Manager beschäftigt vor allen Dingen die Wirkung ihres Ausscheidens auf andere Menschen. Die Erfahrung zeigt, dass die Spekulationen größer werden, wenn versucht wird, Tatsachen zu verheimlichen. 3. Die Ruhe vor dem Sturm Der Absturz hat das Selbstbild des Managers zwar etwas angekratzt, aber aufgrund seiner bisherigen Erfolgsgewissheit schöpft er neuen Mut. Er ist überzeugt davon, dass es sich nur um ein kurzes Tief handelt, das er schnell überwinden wird. So arbeitet er sich wieder nach oben und macht sich mit Disziplin auf die Suche nach einer neuen, gleichwertigen Position. Doch er macht dabei die bittere Erfahrung, dass man weder auf dem Arbeitsmarkt auf ihn wartet, noch seine Persönlichkeit immer ursächlich für den bisherigen Erfolg war. Ein erneuter Rückschlag ist die Folge. Wie schnell und gut Manager diesen verarbeiten und sich wieder wie der Wanderer auf den erneuten Weg nach oben machen, hängt sehr stark vom Grad ihrer Selbstkomplexität ab. Je weniger sich Führungskräfte allein über ihre bisherige berufliche Position definieren, sondern auch über ihre Identität aus anderen Rollen, zum Beispiel als Vater, Sportler oder Musikliebhaber positive Resonanz ziehen, desto besser kompensieren sie den Verlust ihrer Position. Für viele Top-Manager ist jedoch die Rolle des erfolgreichen Firmenlenkers zum zentralen Pfeiler ihrer Identität geworden. Person und Position sind mit der Zeit so stark verschmolzen, dass sie nicht mehr unterscheiden konnten, welche Anerkennung sie aufgrund ihrer Persönlichkeit und welche aufgrund ihrer Position erhalten haben. 4. Der lange, dunkle Regen Zu diesem Zeitpunkt stellen die Führungskräfte oft fest, dass der Wiedereinstieg länger dauern wird als ursprünglich gedacht. Der Wind für den Wanderer dreht also nicht so schnell wie erwartet. Rückblickend beschreiben Topmanager diese Erkenntnis als Auflösung einer Illusion, der „Wiedereinstiegs-Illusion“. Dies ist der Ausgangspunkt für eine emotionale Talfahrt – den langen, dunklen Regen. Viele Manager erleben nun erstmalig, dass sie sich aktiv um eine Position bemühen müssen. Dabei stellt es für viele eine besondere Hürde dar, dies aus einer vermeintlich schwachen Position tun zu müssen. In dieser Phase ist der Austausch mit externen Ratgebern besonders wichtig. Neben der Motivation und Stärkung des Selbstbewusstseins ist die Herausarbeitung von persönlichen Alleinstellungsmerkmalen, Werten und Zielen entscheidend. Diese sind die Grundlage für die persönliche Marketingstrategie und ein selbstbewusstes Auftreten am Arbeitsmarkt. 5. Die Wolken brechen auf Mit der persönlichen Marketingstrategie im Gepäck und neuen Kontakten erarbeitet sich der Top-Manager neue Angebote. Das Gewitter verschwindet. Es sind nur noch einige Wolken am Himmel zu sehen. Der Manager ist an dem Erlebten gewachsen. Durch die Besinnung auf die ganz persönlichen Ziele und Wertvorstellungen gelingt es ihm letztlich, den Umbruch konstruktiv zu bewältigen und in einer neuen Position durchzustarten. Häufig entspricht diese neue Aufgabe stärker den persönlichen Stärken und Wünschen, und die Manager sind zufriedener als in der verlorenen Position. Der Wanderer ist auf einem neuen Gipfel angekommen. Resümee: Der Weg zur neuen Aufgabe dauert meist länger als vermutet und ist abhängig von der Güte der eigenen Marketingstrategie, des Marktzugangs (also dem Netzwerk bzw. den vorhandenen Kontakten) und der Präsentation des eigenen Mehrwerts. Im Rückblick resümieren die Top-Manager sehr positiv über diese Umbruchphase: ó drei Viertel erleben in ihrer neuen Aufgabe mehr Freiheiten und Gestaltungsspielraum ó 80 Prozent haben mehr Freizeit ó bei 90 Prozent haben sich ihre privaten Beziehungen verbessert ó bei allen ist die Lebensfreude mindestens genauso groß wie vorher, teilweise sogar höher. Top-Executives in Banken In den letzten Jahren mehren sich zunehmend die Nachrichten aus den (Groß-) Banken über die Verschlankung ihrer Strukturen – und diesmal sind vor allen Dingen auch Führungskräfte betroffen. Großbanken trennen sich von ganzen Ebenen oder legen zwei Hierarchie-Ebenen zusammen. Soweit eine alternative Aufgabe nicht im Unternehmen gefunden werden kann, bleibt nur der Weg in den Markt, um eine neue berufliche Herausforderung zu identifizieren. 66 diebank 12.2015

BERUF & KARRIERE ó Eine Neuorientierung von Top-Executives aus Querschnittsfunktionen, die branchenübergreifend einsetzbar sind, ist vergleichbar mit allen anderen Orientierungen – zumindest soweit sich die Aufgabenstellungen einigermaßen vergleichen lassen. Durchaus problematischer kann die Orientierung werden, wenn es um Marktfunktionen geht. Wenn sich in der Vergangenheit eine Möglichkeit bei Mitbewerbern ergeben konnte, stehen diese heute vor der gleichen Abbausituation und haben selbst für gute Bewerber keinen Platz. Eine Marktfunktion einer Bank lässt sich oft nur mit Mühe mit einer Markt- oder Vertriebsfunktion in Dienstleistungs-, Handels- oder Industrieunternehmen vergleichen. Hier sind Inhalte und Vorgehensweisen zumindest vordergründig so unterschiedlich, dass es einem Unternehmen schwer einleuchtet, warum er einen Kandidaten aus dem Bankenbereich einstellen soll. Sollte es dennoch Vergleichspunkte geben, tun sich die Unternehmensvertreter trotzdem oft schwer, eine derartige Personalentscheidung zu treffen. Karriere in anderen Instituten In der Vergangenheit blieb den Topmanagern immer noch die Möglichkeit, sich dann als Vorstand bei einer Sparkasse oder Volksbank ins Spiel zu bringen. Sieht man sich allerdings den Besetzungsmarkt an, wird schnell deutlich, dass dies eher eine Ausnahme als eine wirkliche häufig nutzbare Alternative darstellt. Sparkassen und Volksbanken besetzen nun mal gerne aus dem eigenen oder dem anderen Lager. Rekrutierungen aus den größeren Geschäftsbanken finden aber kaum mehr statt. Was ist also zu tun? Es kommt auf die Geschichte an. Im Rahmen der beruflichen Neuorientierung ist zu klären, was jemanden als Person mit ihren Erfahrungen und Erfolgen einzigartig gemacht hat. Dies sollte anhand von wahren Beispielen belegbar sein. Anhand dieser individuellen Herausarbeitung des persönlichen USP sind die Branchen zu identifizieren, in denen der eigene Mehrwert am Besten einsetzbar ist. Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht hier nicht um General Management Skills wie „führen, steuern und entscheiden“, sondern um klar zu definierende Kompetenzen, die die eigene Person auszeichnen und erlebbar machen bei einem Gesprächspartner, der nicht aus dem Bankenbereich kommt und dem diese Alleinstellungsmerkmale in seine Branchensprache übersetzt werden müssen. fl Eine unerwartete Trennung vom Unternehmen trifft Top-Manager nicht selten wie der Blitz. Die eigene Einstellungsgeschichte mitbringen Je näher die Zielbranche der Bankenbranche ist, desto einfacher ist diese Transferleistung zu erbringen. Je weiter sie entfernt liegt, desto umfangreicher muss die Erläuterung sein, warum man sich gerade für diese Zielbranche eignet, und warum es sinnvoll sein könnte, jemanden mit Erfahrungen aus dem Bankenmarkt frische Impulse setzen zu lassen. Letztlich kommt es darauf an, als Kandidat die eigene Einstellungsgeschichte mitzubringen, die im persönlichen Gespräch so überzeugend dargeboten werden muss, dass der Gesprächspartner – und vielleicht auch die Mitentscheider – überzeugt werden. Sparrings-Partner aus anderen Branchen Für die Erarbeitung und Vorbereitung der Darstellung ist es unabdingbar, sich mit neutralen Sparrings-Partnern auszutauschen, die nicht aus dem Bankenbereich kommen und mit den Augen eines Vertreters einer möglichen Zielbranche die Orientierung kritisch begleiten, begutachten und Feedback geben. Und es ist empfehlenswert, aufgrund der zu erwartenden Erfolgswahrscheinlichkeit den Trichter möglicher Branchen und Unternehmen gut zu füllen. Auch hier kann es extrem hilfreich sein, sich beim Zugang zu Kontakten extern unterstützen zu lassen.ó Autor: Claus Verfürth, Managing Director, Talent- und Karriereberatung von Rundstedt Düsseldorf. Die erwähnte Studie wurde in Form einer Forschungskooperation durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchung wurden 21 Topmanager interviewt, die bereit waren, die Erfahrungen mit ihrem beruflichen Umbruch zu schildern. Die jeweils zweistündigen Gespräche wurden ergänzt durch diverse Persönlichkeitsskalen, Selbsteinschätzungen und eine neuartige Methode der Verlaufsanalyse der Befindlichkeit. Die Studie wurde initiiert von der Beratung von Rundstedt und stand unter der wissenschaftlichen Leitung von Sebastian Debnar-Daumler von der HPO Research Group. Sie ist zudem Bestandteil der Masterarbeit von Jörg Bauer zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts an der Hochschule Fresenius Köln im Fachbereich Wirtschaft & Medien, Studiengang Business Psychology. 12.2015 diebank 67

die bank