ó BANKING derung dargestellt haben und darstellen, da sich die Bestimmungen zur Verwahrstelle vielfach ähneln – auch wenn sie in der aktuellen Fassung des Kapitalanlagegesetzbuchs nicht zusammengefasst wurden. Positive Skaleneffekte sollten sich zudem für Häuser ergeben, die ihre Leistungen an zwei Standorten – etwa Deutschland und Luxemburg – anbieten, da die weitreichende Harmonisierung der Regulierung erlaubt, große Teile der operativen Einheiten zusammenzufassen. Klarerweise darf aber für die Verwahrstellen nicht nur die fortschreitende Regulierung des eigenen Geschäfts, sondern auch diejenige unterschiedlicher Kundengruppen im Fokus stehen, um passgenaue Dienstleistungen anbieten und im Zweifelsfall beratend eingreifen zu können. Hier ist eine intensive Auseinandersetzung mit allen einschlägigen Vorschriften seitens der Verwahrstelle ebenso gefordert wie eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit und weitreichende Verzahnung zwischen Investoren, Verwaltungsgesellschaften und Verwahrstellen. Die Versicherungsbranche zum Beispiel ist durch das Inkrafttreten der Versicherungsrichtlinie Solvency II mit weitreichenden regulatorischen Neuerungen konfrontiert, die insbesondere die Datentransparenz und Berichterstattungspflichten betreffen. Die neuen Offenlegungs- und Reportinganforderungen sehen u. a. vor, dass die Versicherer künftig deutlich detailliertere Angaben zu ihren gehaltenen Fonds machen müssen. Für die Verwalter von Investmentportfolios der Versicherer bedeutet dies in der Regel die Erweiterung des Kunden-Reportings um entsprechende Analysen und Berichte. Es genügt nicht mehr, ein Standard-Reporting zu erstellen. Eine Verwahrstelle muss sich also sowohl in der eigenen regulatorischen Welt bewegen als auch in der des Kunden, um dessen Probleme und Bedürfnisse verstehen und sehr individuell bedienen zu können. Trotz des engen regulatorischen Korsetts, in dem Verwahrstellen und viele ihrer Kunden stecken, sind es indessen vielfach individuelle Zusatzdienstleistungen, die den Kunden erhebliche Mehrwerte bieten und den Erfolg einer solchen Zusammenarbeit ausmachen. Sie sollten bei der Auswahl einer Verwahrstelle mindestens ebenso große Berücksichtigung finden wie die rein rechtliche Seite. Das beginnt mit der Bereitstellung erweiterter, individuell auf das jeweilige Kundenbedürfnis zugeschnittener Reporting- Dienstleistungen, wie etwa ein Performance- und Risiko-Reporting, inklusive der Vorhaltung geeigneter Datenschnittstellen, die nahtlos mit den jeweiligen Buchhaltungssystemen des Kunden funktionieren. Hier spielen auch zeitgemäße Reporting- Tools und entsprechende komfortable Apps für mobile Endgeräte eine zunehmend wichtige Rolle. Des Weiteren ist eine weitreichende Produktflexibilität für viele Kunden ein entscheidender Faktor. Die Abbildung neuer Asset-Klassen wie Immobilien oder Private Equity sollte von einer Verwahrstelle ebenso souverän beherrscht werden wie der Umgang mit der Wertpapierleihe und nicht börsennotierten Finanzinstrumenten (OTCs). Auch ein etabliertes Trading Desk mit Anbindung an die einschlägigen Broker sowie ein zuverlässiges Management hinterlegter Sicherheiten (Collateral Management) zeichnen bedarfsorientierte Verwahrstellen aus. Schließlich ist ein solides Lagerstellennetz zumindest immer dann von erheblicher Bedeutung, wenn es um die Verwahrung von Wertpapieren geht, auf die hierzuLande kein unmittelbarer Zugriff gegeben ist, also etwa bei Schwellenländer-Papieren. Dienstleistungen für spezielle Kundengruppen Für andere Kundengruppen wie beispielsweise Investmentboutiquen und unabhängige Vermögensverwalter spielen noch ganz andere Dienstleistungen eine wichtige Rolle: Sie sind häufig darauf angewiesen, dass die Verwahrstelle nicht nur die nötige Infrastruktur für die Verwahrung ihrer Vermögensgegenstände bietet und ihnen in regulatorischen Fragen zur Seite steht, sondern sie auch im Vertrieb ihrer Produkte unterstützt. Die erweiterten Dienstleistungen in diesem Bereich gehen dabei zum Teil deutlich über die regulatorisch geforderte Rolle der Verwahrstelle hinaus. Spezialisierte Anbieter können hier für eine Präsenz in der Presse sowie auf Veranstaltungen sorgen und das Marketing maßgeblich unterstützen. Um den jeweiligen Kundenbedürfnissen bestmöglich gerecht werden zu können, bedarf es in allen Fällen eines fachkompetenten Personals und einer kundenorientierten Betreuung. Persönliche Ansprechpartner, die sowohl die regulatorischen Anforderungen als auch die spezifischen Bedürfnisse und Vorlieben ihrer Kunden genau kennen, können diesen dabei die Sicherheit geben, sich jederzeit regulierungskonform und gleichzeitig dem eigenen Asset- Management-Ansatz getreu zu verhalten. Fazit Die fortschreitende Regulierung weist den Verwahrstellen ein erweitertes Aufgabenspektrum zu. Nur Anbieter mit hoher hausinterner Expertise und einem soliden Netzwerk externer Experten werden dies erfolgreich bewältigen und ihre Position am Markt behaupten können. Trotz des eng gesteckten regulatorischen Rahmens gewinnt zudem die Orientierung an den wachsenden Anforderungen ihrer Kunden an Bedeutung für eine nachhaltig erfolgreiche Zusammenarbeit. Gerade mittelgroße Verwahrstellen wie etwa die Privatbanken bieten hier oft weit mehr als standardisierte Stangenware. Wer als Investor oder Fondsverwalter maßgeschneiderte Lösungen sucht, sollte bei der Wahl einer Verwahrstelle daher genau prüfen, ob diese einen an den eigenen Bedürfnissen orientierten Mehrwert bietet. ó Autorin: Anja Schlick, Leiterin Financial Assets, Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA. 32 diebank 11.2016
BANKING ó Die Kreditfabrik INDUSTRIALISIERUNG ALS WETTBEWERBSFAKTOR Die Industrialisierung hat nun auch den letzten großen Produktbereich der Banken erreicht: das Kreditgeschäft. Kosten- und Digitalisierungsdruck haben bei führenden Häusern zu einer fortgeschrittenen Industrialisierung geführt. Eine aktuelle Studie zeigt jedoch, dass viele Banken noch deutlich hinterher hinken und dass die Unterschiede zunehmend wettbewerbsrelevant werden. Institute, die hier nicht schnell nachziehen, erleiden nicht nur Kostennachteile von bis zu 50 Prozent, sondern haben auch in der laufenden Digitalisierung des Segments schlechte Aussichten. Tomas Rederer Keyword: Geschäftsmodelle, Digitalisierung, Kostendruck Lange dominierte im Kreditgeschäft die Überzeugung, dass Einzelfallbehandlung und hohe Individualität die wichtigsten Attribute zu sein haben. Kostensenkung und Automatisierung wurden vor allem im Firmenkundengeschäft nur langsam und fragmentiert implementiert – i. d. R., indem der bestehende Prozess adjustiert wurde, anstatt strukturelle Veränderungen vorzunehmen. Doch die Möglichkeiten dieses Ansatzes sind in vielen Banken ausgeschöpft. In zahlreichen Banken wurde dies erkannt und in den letzten Jahren verstärkt investiert. Durch die daraus entstehenden Unterschiede in der Prozessindustrialisierung ist der Kostenunterschied zu einem starken Wettbewerbsfaktor geworden. Dies wird im anhaltenden Niedrigzinsumfeld verstärkt, da die erzielbaren Margen deutlich geringer geworden sind und damit die Prozesskosten relativ stärker ins Gewicht fallen. Capco hat dies in einer aktuellen Studie unter 44 Banken aus der Region DACH untersucht. Aus dem Umsetzungsgrad von über 50 konkreten Industrialisierungshebeln wurde für jedes Institut und für die Branche als Ganzes ein Industrialisierungsindex errechnet ” 1. Status quo im PKG: Hebel weit verbreitet Das Privatkundengeschäft (PKG) war aufgrund der größeren Mengen und der höheren Standardisierung schon immer stärker industrialisiert. Aber das Wettbewerbsfeld ist stark auseinander gezogen. Nur wenige Institute bewegen sich bereits heute im Zielkorridor. Die bisherigen Optimierungen haben sich meist auf 1 Ergebnis Industrialisierungsindex Privat- vs. Firmenkundengeschäft – Status quo 100 % Privatkunden 100 % Firmenkunden 80 % PKG 74 % 80 % 60 % 60 % FKG 40 % 48 % 40 % 47 % 30 % 20 % 20 % 20 % 16 % 0 % 0 % Aktuell angegebener Korridor der befragten Banken Durchschnittswert Status Quo Zielkorridor 11.2016 diebank 33
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