ó IT & KOMMUNIKATION Chance für Hausbanken ONLINE-KONTO Im Online Shopping werden klassische Bezahlmethoden wie Zahlung auf Rechnung oder per Lastschrift zunehmend von anderen Zahlungsmitteln abgelöst. Neben Kreditkarten sind Internetbezahlverfahren wie PayPal, Giropay und Sofort-Überweisung die neuen Favoriten, die neben schnellen Durchlaufzeiten vor allem ein hohes Maß an Sicherheit für Handel und Verbraucher bieten. Kreditkarten sind in Deutschland durchaus geläufig; immerhin jeder dritte Deutsche besitzt ein Exemplar. Das reicht jedoch nicht, um eine dominierende Rolle als Zahlungsmittel im Online-Handel übernehmen zu können. Dirk Rudolf Keywords: Kreditkarten, Zahlungsverkehr, Online Payment Bankfremde Anbieter wie PayPal & Co. nehmen hohe Provisionen vom Händler, die sich nachhaltig auf die Preise auswirken. Beim Kunden sind diese Verfahren jedoch auf dem Vormarsch, weil ihre Handhabung kundenfreundlich ausgelegt ist. Die Bundesbank konstatiert in ihrer aktuellen Studie zum Zahlungsverhalten in Deutschland, dass bei der Bezahlung im Online-Handel die Befragten mittlerweile spezialisierte Internetbezahlverfahren gegenüber klassischen unbaren Zahlungsinstrumenten wie Überweisungen präferieren. Dabei sind neue, preisgünstige Zahlungsalternativen wie auf Online Banking basierende SEPA-Überweisungen gerade im deutschsprachigen Raum sehr beliebt. Deutlich mehr Online-Konten als Kreditkarten Man fragt sich daher, warum sich im Online-Handel nicht noch mehr Wege finden lassen, die das Hausbankkonto zur Grundlage haben. Es gibt sowohl aus Sicht des Kunden als auch der Hausbanken gute Gründe, dass das persönliche Konto zukünftig wieder eine größere Rolle beim Online Shopping einnimmt. Einem Zahlungsmix aus Kreditkarten, PayPal-Konten und anderen bankfremden Möglichkeiten stehen fast sechzig Millionen online-geführte Bankkonten gegenüber, die die Möglichkeiten von Vorkasse, Rechnung und Lastschrift nicht nur vereinen, sondern dem Kunden auch den bestmöglichen Echtzeit-Finanzüberblick bieten. Nichts reflektiert die finanziellen Möglichkeiten, das Ausgabeverhalten und die Bonität eines Käufers besser als das Konto des Kunden bei seiner Hausbank. Der Bank, bei der er seine Gehaltseingänge, möglicherweise seinen Hauskredit erhalten und eine persönliche Beziehung aufgebaut hat. Das Konto, welches das Ausgabeverhalten, sein elektronisches Haushaltsbuch darstellt und mit dem er möglicherweise in Zukunft einen automatisierten Online-Kredit erhalten kann. In einer modernen Welt, in der der Kauf digitaler Güter, wie beispielsweise Musik, aber auch Geld-zu-Geld-Geschäfte, wie der Kauf von Gutscheinen, an der Tagesordnung sind, steigen im klassischen Lastschriftbereich gleichsam die Risiken. Lastschrift populär, aber mit Risiken verbunden Betrachtet man den klassischen eCommerce, so ist neben der Überweisung die Lastschrift das am weitesten verbreitete Zahlungsmittel. Bewegt man sich aber weg vom klassischen Handel physischer Güter hin zu digitalen Produkten, so besteht ein exorbitant höheres Betrugsrisiko. Die Ausfallwahrscheinlichkeit einer SEPA-Lastschrift ist primär von drei Faktoren geprägt: 1. die Deckung fehlt, 2. die Bankverbindungsdaten sind falsch, 3. die Lastschrift wird zurückgegeben. Ob nach der Zahlung auch ein Zahlungseingang zu verzeichnen ist, ist daher unsicher. Was also können Banken tun, um ihren Kunden sichere Transaktionen zu gewährleisten? Länder wie Österreich machen es vor: Mit der Einführung des eMandats kann dort der komplette SEPA-Mandatsprozess über die Hausbank des Kunden abgewickelt und verwaltet werden. Die Lösung sind hybride Verfahren, bei denen Lastschriften mittels eines „Blicks ins Konto“ abgesichert erfolgen. Dabei wird sichergestellt, dass es sich um korrekte Bankverbindungsdaten handelt. Gleichzeitig kann die Bonität des Kunden geprüft werden. So verbleibt einzig das Risiko der Lastschrift-Rückgabe. Allerdings belegen Transaktionsdaten, dass Kontobesitzer, die einmal einen Login ins Konto autorisiert haben, von dem Rückgaberecht weit weniger oft Gebrauch machen. Somit kann der Bezahlvorgang in der Kombination aus Standard-Lastschrift (SEPA-Mandat) und Echtzeit-Zugriff auf Online-Banking-Daten in Echtzeit abgesichert und damit auch nachhaltig kostengünstig abgewickelt werden. Zwei von drei Risiken sind damit ausgeschlossen; das dritte Risiko wird deutlich reduziert. 60 diebank 11.2015
IT & KOMMUNIKATION ó Das Informationsmonopol der Hausbank fällt Rund 60 Prozent der rund 100 Mio. Girokonten in Deutschland sind online-fähig. Folgerichtig haben innovative Unternehmen den Zugang zum Online-Konto genutzt, um Mehrwertdienste anzubieten. Das beginnt bei Online-Banking-basierten Zahlungen und reicht bis zu Personal- Finance-Angeboten, die heute beim Smartphone nicht mehr wegzudenken sind. Das hat auch den Regulierer auf den Plan gerufen, um die Geschäftsmodelle zu prüfen und die Kunden zu schützen. Ein zentraler Baustein ist die überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie der Europäischen Kommission (PSD2). Sie basiert auf den Trilog-Verhandlungen zwischen der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat, dient dem Verbraucherschutz und regelt den Wettbewerb für Mobil- und Internetzahlungen in Europa. Die Richtlinie bildet damit den rechtlichen Rahmen zwischen der Bank als Infrastrukturdienstleister des Online-Kontos und Dritten, die auf diese Infrastruktur im Auftrag des Kontoinhabers zugreifen. Ergänzend dazu wird die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA ersucht, für verschiedene Bereiche Leitlinien und Entwürfe technischer Regulierungsstandards auszuarbeiten, um beispielsweise die Festlegung angemessener Sicherheitsvorkehrungen zu gewährleisten oder für in mehreren Mitgliedstaaten tätige Zahlungsinstitute die Vorschriften für den „Europäischen Pass“ zu präzisieren. Die Richtlinie soll Online-Überweisungen sicherer machen, da höchst sensible Daten wie TAN-Nummern für die Überweisung übermittelt werden. Kernanliegen der Regulierung ist der Schutz der Kundendaten vor Missbrauch. Jetzt können Dritte – z. B. FinTechs –, aber auch andere Banken nach Freigabe des Kunden auf die Daten zugreifen. Künftig werden Banken nicht mehr exklusiv über Kundeninformationen verfügen, sondern sich ihr Wissen mit einem wachsenden Wettbewerb teilen müssen. So hat die Hausbank zum einen die Chance, ihre Kunde-Bank-Beziehung nachhaltig zu stärken, da der Kunde keinen Wechsel auf neue Zahlungswege mehr braucht. Zum anderen muss sie Dritten das Konto öffnen und dem Kunden die Nutzung neuer Dienste ermöglichen. PSD2 ist also nicht nur eine Bedrohung, sondern vor allem auch eine Chance für die Hausbanken. Sie können sich verlorenes Terrain im Zahlungsverkehr zurückholen. Disruptiv gesprungen, komplementär gelandet Technologieunternehmen müssen immer deutlicher zur Kenntnis nehmen, dass gerade das Bankgeschäft zahlreiche Besonderheiten hat, die eine Disruption nicht so einfach machen wie im Handels-, Musikoder Mediengeschäft. Der Wunsch aller Beteiligten nach Sicherheit, eine komplexe und sich ständig ausweitende Regulierung, umfassender Datenschutz u. a. m. tragen dazu bei. Dennoch wird der technologische Wandel nicht vor dem Bankschalter Halt machen. Die Kunst wird für beide Seiten darin bestehen, aufeinander zuzugehen, um die spezifischen Anforderungen des Einen und die Kreativität des Anderen zu verstehen und zu verbinden. Je näher der Prozess an den Kunden kommt, desto wichtiger ist es, den jungen Unternehmen zuzuhören, die technologisch und haptisch am Puls der Zeit sind. Aber die regulierungskonforme, sichere, leistungsstarke und skalierbare Infrastruktur bleibt die natürliche Domäne der Bank. Warum natürlich? Die Skaleneffekte sind enorm, die Investitionshürden ebenfalls, vom erforderlichen Vertrauen der Verbraucher ganz zu schweigen. Schaut man hinter die Kulissen des Online-Konto-Anbieters Number26 (Backend läuft über die Wirecard Bank), des Online-Kredit-Vergleichsportals Smava (Fidor Bank) oder des Kreditvermittlungsportals Auxmoney (SWK Bank), so steckt hinter (fast) jedem FinTech-Unternehmen eine Bank, die verstanden hat, dass die Welt an der Schnittstelle zum Kunden bunter wird. Ohne die regulatorische Absicherung durch Bankinstitute wären viele der Startups nicht über die Startrampe gekommen. Folgerichtig ist die nächste Welle der Start-ups darauf ausgerichtet, die bestehenden Bankprozesse zu verbessern und medienbruchfrei zu gestalten, um am Frontend die technologischen Möglichkeiten ausschöpfen zu können. So ersetzen Video-Identifikations-Verfahren langsam aber sicher das umständliche POST-Ident- Prozedere. SmartData ergänzt die Schufa oder ermöglicht Kunden mit schlechten Schufa-Scores einen eigenen Zugang zu Krediten. Der Online-Zugriff auf das Hausbankkonto ersetzt den ausgedruckten Kontoauszug und die eSignature bringt die elektronische statt der manuellen Unterschrift. Nicht jeder kann alles gleich gut. Die Zeit der geschlossenen Systeme ging selbst bei so mächtigen Unternehmen wie Microsoft zu Ende. Selbst Ikonen wie Apple müssen ihre Welt immer häufiger technologischen Innovatoren öffnen. Davon sollten die Finanzinstitute lernen. Sie sind in einer Poolposition, die aber nicht uneinnehmbar ist. Der Kostendruck einerseits und die Anforderungen der neuen digitalen Nomaden andererseits zwingt sie zu schnelleren, effizienteren und digitalisierten Prozessen. Statt gleich mit enormen Summen in neue Technologien zu investieren, hilft es oft schon, die Scheu vor FinTech-Start-ups abzulegen und sich geeignete Partner zu suchen, mit denen man gemeinsam die Digitalisierung vorantreibt. Den Kunden mit seinen digitalen Bedürfnissen ernst zu nehmen und ihn zufrieden zu stellen, ist immer noch der einfachste Weg, um langjährige Kundenbeziehungen abzusichern. ó Autor: Dirk Rudolf ist Geschäftsführer der FinTecSystems GmbH, München. 11.2015 diebank 61
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STANDPUNKT ó Gleichmut und Fatalis
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