Aufrufe
vor 5 Jahren

die bank 11 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION oder Tablets oft als große Herausforderung. Eine direkte Überweisungsfunktion steht bei weniger als der Hälfte der Anbieter zur Verfügung. Zur klaren Abgrenzung der Untersuchung wurden nur die expliziten Leistungen des PFM-Tools bewertet. Wenn die Überweisungsfunktion im Online Banking nicht direkt mit dem PFM-Tool verknüpft ist, wird die Überweisungsmöglichkeit als nicht gegeben bewertet, auch wenn die Funktion nur wenige Mauklicks entfernt außerhalb des Tools zu finden ist ” 4. Bei den Whitelabel-Lösungen wird die Abwesenheit einer Überweisungsfunktion insbesondere mit Sicherheitsaspekten begründet. Wenn nicht autorisierte Dritte dennoch Zugang zum PFM-Tool bekommen, kann zwar die finanzielle Situation des Nutzers eingesehen werden, aber ein tatsächlicher Vermögensschaden wird zunächst verhindert. Kriterien für die Vollständigkeit des Produktangebots ó Die Einbindung von Kreditkartenkonten ist möglich. ó Die Einbindung von Wertpapierdepots ist möglich. ó Die Einbindung von Darlehen ist möglich. ó Das Tool kann mehrere Banken integrieren. ó Die Anlage von Daueraufträgen ist über das Tool möglich. ó Das Tool bietet die Möglichkeit, Überweisungen zu tätigen. ó Lastschriften können über das Tool in Auftrag gegeben werden. Bemerkenswert ist der in ” 5 erkennbare negative Zusammenhang zwischen den übergeordneten Kriterien „Sicherheit“ und „Benutzerfreundlichkeit“ bei den PFM-Tools. Die Anbieter mit sehr guter Bewertung beim Kriterium Sicherheit gehören nicht zur Benchmark beim Kriterium Usability bzw. Benutzerfreundlichkeit. Zu hohe Sicherheitsstandards können den Komfort bei der Bedienung negativ beeinflussen, da sie den schnellen Zugriff auf das PFM-Tool erschweren. Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass angelsächsische Anbieter die Benchmark für über das PFM-Tool angebotene Beratungsleistungen und Benutzerfreundlichkeit darstellen. Deutsche Anbieter können eher mit einem sehr umfangreichen, dafür weniger benutzerfreundlichen Angebot punkten. Eine steigende Zahl von Whitelabel-Anbietern sowie die zunehmende Implementierung solcher Tools bei etablierten Banken zeigt die wachsende Bedeutung des persönlichen Finanzmanagements in Deutschland. Die Nutzerzahlen von schon etablierten Anbietern auf dem US-Markt belegen, dass auch in Deutschland ein großes Potenzial für PFM vorhanden ist. Bankenübergreifende Lösungen sind gefragt Bankenunabhängige Anbieter haben in der Regel den Vorteil, dass die Zusammenführung sämtlicher Kontoverbindungen des Nutzers möglich gemacht wird. Aus Sicherheitsaspekten stellen bankübergreifende Lösungen eine Herausforderung dar, aber sie schaffen für den Nutzer den bestmöglichen Gesamtüberblick über die Vermögenssituation. Entscheidend für die Akzeptanz von PFM durch den User wird daher in Zukunft u. a. die Möglichkeit sein, die Konten verschiedener Banken zu integrieren. Wenn Banken eine integrative Lösung für die Gesamtfinanzsituation des Kunden nicht selbst anbieten können, dann wird der User vermehrt das Angebot von FinTechs nutzen. Ein großes Verbesserungspotenzial besteht bei der Möglichkeit zur Einbindung von Wertpapierdepots. Zudem bedürfen die Wertschwankungen bei Wertpapieren einer laufenden Überwachung im Gegensatz zu Festzinssparkonten. Für PFM-Angebote mit Wertpapierdepots ist zunächst die Eingliederung sämtlicher Depotbestände in Verbindung mit einer bestenfalls tagesaktuellen Bewertung empfehlenswert. Eine Erweiterung kann über Auswertungs- und Filtermöglichkeiten erreicht werden, z. B. nach Assetklasse, Branche, Wertpapiervergleichen und Anlagevorschlägen. Fazit PFM-Tools öffnen für die Banken einen neuen Kommunikationskanal zum Kunden. Die Banken können viel über das Verhalten des Nutzers bei finanziellen Entscheidungen lernen und zielgerichtetere Ansprachen durchführen. Bislang wird PFM in Deutschland noch zu wenig für die Online-Beratung des Kunden eingesetzt. PFM bietet erhebliches Vereinfachungspotenzial bei klassischen Prognoserechnungen wie der Altersvorsorge, die heute noch in persönlichen Gesprächen von Beratern durchgeführt werden. PFM Robo Advice kann die Rolle des persönlichen Beraters übernehmen. Die notwendigen Daten zur Erstellung einer Altersvorsorgerechnung, wie z. B. Einkommen, Alter und Ersparnisse, können aus dem PFM-Tool automatisiert entnommen und das Ergebnis dort visualisiert werden. Der Anbieter des Tools bzw. die Bank kann individuell passende Produkte für den Kunden vorschlagen, die seine Finanzsituation verbessern. Das Kriterium Sicherheit bleibt weiterhin ein maßgeblicher Hygiene- bzw. Erfolgsfaktor für die Akzeptanz von PFM-Tools beim Kunden. Daher sollten Banken ihren Wettbewerbsvorteil gegenüber Nichtbanken frühzeitig nutzen und die volle Leistungsfähigkeit von PFM entwickeln – statt nur die gegenwärtige Vermögenslage des Kunden darzustellen. Das Personal Finance Management im Online Banking sollte für umfassende und auf den User zugeschnittene Optimierungs- und Anlagevorschläge genutzt werden. ó Autoren: Prof. Dr. Matthias Fischer, Co-Leitung Kompetenzzentrum Finanzen, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Dominik Wagner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Kompetenzzentrum Finanzen, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. 56 diebank 11.2015

IT & KOMMUNIKATION ó Wer hebt den Datenschatz? BIG PAYMENT DATA Der Handel im E- und M-Commerce boomt und verzeichnet seit Jahren zweistellige Zuwachsraten. Die Bedeutung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs nimmt deshalb rasant zu. Payment-Dienstleister verarbeiten bei der Abwicklung der Zahlungstransaktionen täglich in Echtzeit eine Unmenge an Daten, die bisher nur als reine Transaktionsdaten genutzt wurden. Denn die technischen Hürden sowie die Kosten für Datenspeicherung und -analyse waren bis vor ein paar Jahren einfach zu hoch. Vor dem Hintergrund neuester Technologien, den steigenden Anforderungen der Differenzierung im Wettbewerb sowie der zunehmenden Globalisierung der Zahlungsabwicklung stehen Payment Service Provider (PSP) nun allerdings vor der Frage, wie sie den immensen Datenschatz managen, nutzen, sichern oder mit anderen Daten verknüpfen können, um daraus neue Mehrwerte für sich und für andere zu generieren. Marcus W. Mosen Keywords: Zahlungsverkehr, Datenmanagement, Strategie Drei wesentliche Trends treiben die Veränderungen in der Payment-Branche derzeit an: Kunden- und Händlerverhalten, Regulierung und Technologie. Alle drei Bereiche werden in ihrem Zusammenwirken das Potenzial haben, den Payment-Sektor mittelfristig fundamental zu verändern. Es wird deshalb oftmals nicht mehr von einer Evolution der Payment-Industrie, sondern von einer Transformation gesprochen ” 1. Beispiel technologischer Fortschritt: Klassische POS-Kartenlesegeräte werden in den kommenden Jahren allmählich verschwinden und durch intelligente mPOS-Geräte (Mobile Point of Sale) wie beispielsweise Tablets ersetzt werden. Dadurch werden bei der Verarbeitung einer Zahlungstransaktion neue technische und prozessuale Möglichkeiten für die Datengenerierung geschaffen. Das Ergebnis: Neben der eigentlichen Zahlungstransaktion steht plötzlich eine Vielzahl an weiteren Daten zur Verfügung, die im Bezug zur Zahlung stehen und entsprechend verarbeitet und damit für Analysen genutzt werden können. Mit dieser grundlegenden Veränderung geht ein überdurchschnittliches Datenwachstum am realen und virtuellen POS einher – und die Payment-Branche wird zur Schlüsselindustrie für dieses Wachstum. Gleichzeitig sind Finanzdienstleister und insbesondere PSP als Quelle für Big Data bestens positioniert. Denn sie besitzen bereits große Datenvolumina, die sie verarbeiten, analysieren und aus denen sie Mehrwerte erzeugen können. Die Herausforderung in der Nutzung von Big Payment Data wird darin liegen, Zahlungsdaten in dem Moment zu verarbeiten und zu analysieren, in dem sie entstehen oder mit zusätzlichen Daten verknüpft werden ” 2. Dynamisch wachsendes Datenpotenzial im Payment Aktuelle Berechnungen besagen, dass sich das vorhandene Datenvolumen weltweit alle zwei Jahre verdoppelt. Alleine das Internet soll den Datenberg von 2,8 Zettabyte Datenvolumen auf 40 Zettabyte bis 2020 erhöhen. Zur selben Zeit verzeichnet der bargeldlose Zahlungsverkehr nach wie vor in allen Teilen der Welt hohe Zuwachsraten. Selbst in Ländern, in denen der Vor-Ort-Handel stagniert, steigt die Zahl der bargeldlosen Transaktionen wegen E- und M-Commerce an. Hier können PSP eine starke Marktposition im Bereitstellen innovativer Mehrwerte, die auf Big Data basieren, aufbauen. Payment Partner wird zum Business Partner Bereits heute geht es im Payment-Processing nicht mehr nur darum, eine Transaktion zu verarbeiten sondern auch darum, Informationen zu generieren. Dem Handel können diese Informationen dazu dienen, die Supply Chain zu optimieren, die Attraktivität des Warensortiments auszuwerten, die Conversion Rate zu erhöhen oder den Kundenservice zu verbessern. So erwartet ein Käufer von Bekleidung im Onlinehandel beispielsweise, dass er seinen Einkauf ganz oder teilweise zurücksenden kann und den entsprechenden Kaufpreis schnellstmöglich erstattet bekommt. In diesem Retourenprozess müssen die entsprechenden Daten zwischen Onlineshop und PSP so ausgetauscht werden, dass die Gutschrift für den Kaufvorgang erfolgen kann. In einem anderen Warensegment – Consumer Electronics – werden sowohl im realen wie auch im virtuellen Handel oft Zahlungsmöglichkeiten mit Finanzierungsoptionen angeboten. Hier kommt es darauf an, dass entsprechende Daten mit der Zahlung verarbeitet werden, die für das Risikomanagement verwendet werden können. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten. Durch die zunehmende Breite und Tiefe von Payment- 11.2015 diebank 57

die bank