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die bank 10 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG

REGULIERUNG Verfahrensgang In dem durch den Bundesfinanzhof zu beurteilenden Sachverhalt hatte die Vorinstanz (FG Sachsen-Anhalt v. 8. Juli 2021 – 2 K 483/14) eine Haftung des Kreditinstituts gemäß § 13c UStG angenommen, weil – so die Rechtsauffassung des Finanzgerichts – durch Gutschrift der Forderungsbeträge auf dem Kontokorrentkonto des Kunden eine die Haftung auslösende Vereinnahmung seitens der Bank verwirklicht wurde. Das Finanzgericht kommt zu dieser Rechtsauffassung, obwohl die Kreditlinie in dem zu beurteilenden Sachverhalt zu keinem Zeitpunkt (während des ungekündigten Kreditverhältnisses) überschritten war und urteilt damit entgegen der in Abschnitt 13c. Abs. 25 im Umsatzsteueranwendungserlass dargelegten Auffassung der Finanzverwaltung. Da die Gerichte an die Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung nicht gebunden sind, war die Urteilsbegründung des FG Sachsen-Anhalt insoweit rechtmäßig. Erfreulicherweise teilt der Bundesfinanzhof die Rechtsauffassung des Finanzgerichts nicht und hat mit seinem jüngsten Urteil vom 29. November 2022 die Haftung von Kreditinstituten gemäß § 13c UStG explizit für die Fälle ausgeschlossen, in denen die Kreditlinie des Kontokorrentkontos des Kunden zu keinem Zeitpunkt überschritten wird. Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung. Gute und wichtige Entscheidung für Kreditinstitute Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist eine gute und wichtige Entscheidung für Kreditinstitute. Mit seinen Ausführungen bestätigt der Bundesfinanzhof als höchste Steuergerichtsbarkeit in Deutschland seine bisherige Rechtsprechung und die Meinung der überwiegenden Literaturstimmen. So erhalten Banken für Fälle der Kreditvergabe gegen eine Globalzession von Forderungen die Sicherheit, nicht unbemerkt in die Haftungsfalle des § 13c UStG zu geraten. Dies gilt zumindest für den Fall, dass keine Überziehungen des Kontokorrentkontos, zugelassen werden, sondern das jeweilige Limit konsequent beachtet wird. Das Urteil des FG Sachsen-Anhalt als Vorinstanz ist vor dem Hintergrund der bereits zu diesem Themengebiet ergangenen Rechtsprechung und der bestehenden Verwaltungsauffassung nicht nachvollziehbar. Es ist zu vermuten, dass das Finanzgericht ein höchstrichterliches Urteil erwirken wollte. Umso erfreulicher ist nun das Urteil des BFH vom 29. November 2022. Ausblick Die Fülle finanzgerichtlicher Entscheidungen zur Haftung gemäß § 13c UStG verdeutlicht, dass der Erlass von Haftungsbescheiden hierzu recht streitanfällig ist. So war vor dem Finanzgericht Münster ein weiteres Verfahren anhängig (Az: 5 K 2814/20 U), bei dem es um weitere, bislang noch nicht geklärte Rechtsfragen rund um das Thema „Haftung gemäß § 13c UStG“ ging. Anhängige Rechtsfrage In dem beim FG Münster mittlerweile entschiedenen Verfahren ging es um die Rechtsfrage, an wen sich das Finanzamt im Fall der Insolvenz des Schuldners vorrangig wenden darf. Fraglich war im Urteilsfall, ob sich das Finanzamt unmittelbar mit einem Haftungsbescheid nach § 13c UStG an die Bank wenden durfte, ohne sich vorher an den Steuerschuldner – hier den Insolvenzverwalter (des Bankkunden) – zu halten. Streitbefangen war also, ob zwischen dem Haftungs- und dem Steuerschuldner (Bank bzw. Insolvenzverwalter) eine – gleich unter welchem Gesichtspunkt zu sehende – Gesamtschuld hinsichtlich der Umsatzsteuer besteht. Die Frage der Gesamtschuldnerschaft ist hier von grundlegender Bedeutung. Bei Nichtbestehen einer Gesamtschuldnerschaft zwischen Bank und Insolvenzverwalter hätte das beklagte Finanzamt gerade nicht das Recht, sich nach § 13c UStG mit einem Haftungsbescheid an die Bank zu wenden, ohne sich vorher an die Masse (bzw. den Insolvenzverwalter des Bankkunden) zu halten, d. h. den offenen Betrag hier ggf. beizutreiben. Sachverhalt Die vorgenannte Rechtsfrage hatte folgenden Hintergrund: Der (spätere) Insolvenzverwalter kehrte die im Zeitraum zwischen der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens und der Insolvenzeröffnung eingegangenen Drittforderungen der Bank aus, weil hierfür eine Globalzession bestand. Hierbei wies er ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesen Beträgen um „Bruttobeträge“ handele, also Umsatzsteuer noch enthalten sei. Für die an die Bank ausgekehrten Beträge führte er keine Umsatzsteuer ab, wohl, weil er davon ausging, die Bank habe dies zu übernehmen. Daraufhin erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gemäß § 13c UStG zulasten der Bank. An den Insolvenzverwalter trat das Fi- 70 10 | 2023

REGULIERUNG nanzamt jedoch nicht heran. Das Finanzamt hat also weder für die infrage stehenden Beträge einen Umsatzsteuerbescheid erlassen noch versucht, die fraglichen Beträge beim Insolvenzverwalter bzw. der Masse beizutreiben. Gesamtschuldnerschaft von Steuerschuldner und Haftungsschuldner Nur dann, wenn die Bank und der Insolvenzverwalter hinsichtlich der nicht entrichteten Umsatzsteuer als Gesamtschuldner anzusehen wären, könnte man – die Auffassung des Finanzamts teilend – die Auffassung vertreten, dass es im Belieben des Finanzamts stünde, an wen es sich wenden kann. Voraussetzung für die Annahme der Gesamtschuldnerschaft nach § 44 Abs. 1 AO zwischen der Bank und der Masse (bzw. dem Insolvenzverwalter) ist jedoch, dass der Steuerschuldner, hier die Masse, einen Steuerbetrag angemeldet hätte oder das Finanzamt zulasten der Masse einen Steuerbetrag festgesetzt hätte. Wenn es jedoch, wie im zu beurteilenden Sachverhalt, keinerlei Festsetzungen zulasten der Masse als formeller Steuerschuldnerin gibt, kann es grundsätzlich nicht zu einer Gesamtschuldnerschaft zwischen der Bank und der Masse kommen. Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO Das Finanzamt vertrat im Verfahren die Auffassung, dass die Umsatzsteuer bereits festgesetzt wurde. Dies sei zulasten des Bankkunden als ursprünglichem Steuerschuldner erfolgt. Durch das Gericht war zu beurteilen, ob diese Steuerfestsetzung ausreichend ist, um eine Gesamtschuldnerschaft zwischen der Bank und der Masse zu begründen. Vom Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden wurde in diesem Zusammenhang, dass die vom vorläufigen Insolvenzverwalter vereinnahmten Umsatzsteuerbeträge, die in Drittforderungen enthalten sind, zu Masseverbindlichkeiten führen. Verfahrensrechtlich wäre daher das Finanzamt zwingend verpflichtet, die als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 4 InsO geltenden Umsatzsteuerverbindlichkeiten gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen und diesem bekannt zu geben . Die ursprüngliche Festsetzung zulasten des (eigentlichen) Steuerschuldners (des Bankkunden) reicht indes nicht aus. Dies resultiert aus der insolvenzrechtlichen Besonderheit, dass es sich beim Insolvenzschuldner und der „Masse“ um zwei unter- 10 | 2023 71

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