MARKT genug für die Bankenaufseher, bei Immobilienanlagen künftig genauer hinzuschauen. Somit müssen Banken und Sparkassen sowohl für auf eigene Rechnung betriebene Investitionen in Immobilien als auch für auf eigene Rechnung betriebene Immobiliengeschäfte von Tochterunternehmen Prozesse einrichten, für diese Bearbeitungsgrundsätze formulieren und diese selbstverständlich auch nachhalten. Die damit verbundenen organisatorischen Veränderungen sind nicht zu unterschätzen. Die vom Regulierer erzwungene Professionalisierung läuft im Grunde darauf hinaus, dass auch kleinere Häuser eigene Kapazitäten aufbauen müssen, um das Asset- Management ihrer Immobilien im Eigenbestand adäquat abbilden zu können. Risikomanagement, einschließlich ESG-Risiken, schließt nun auch Immobilien mit ein Hinzu kommt, dass die Aufsicht von den Banken fordert, operationellen Risiken durch ein angemessenes Risikomanagement Rechnung zu tragen. Das bedeutet mittlerweile auch, die Auswirkungen von ESG-Risiken angemessen zu berücksichtigen und alle operationellen Risiken, zumindest jährlich, zu identifizieren und zu beurteilen. Für Marktpreisrisiken sind in regelmäßigen Abständen (mindestens aber vierteljährlich) Risikoberichte zu erstellen. Auch diese Vorgaben schließen ab sofort direktgehaltene Immobilien mit ein. Gerade für regional verwurzelte Institute stellen sich damit nicht nur operativ neue Aufgaben. Die Herausforderungen liegen beim Recruiting und dem entsprechenden Training der verantwortlichen Mitarbeiter. Darüber hinaus gilt, dass bisher unter Umständen kaum beachtete Risiken durch die neuen Vorgaben evident werden: Bekanntlich ist Deutschland das Land der Hidden Champions. Für Bayern und Baden-Württemberg gehen Beobachter von rund 600 tief in ihrer Region verankerten mittelständischen Unternehmen aus, die häufig der größte Steuerzahler und Arbeitgeber im Einzugsgebiet ihrer regionalen Sparkasse oder Kreditgenossenschaft sind. Viele Beschäftigte sind dort Bankkunden, ebenso wie ihr Arbeitgeber. Ist die Bank vor Ort dann nicht nur Kreditgeber, sondern auch Vermieter von Wohn-, Büro-, Handels- und Gewerbeimmobilien in ihrem eigenen Geschäftsgebiet, erhöhen sich unter Umständen ohnehin bestehende Klumpenrisiken – nicht nur im Kreditgeschäft, sondern eben auch in der Asset-Klasse Immobilien, die unerwünschte Schieflagen nach sich ziehen können. Dieser Zusammenhang wird auch zukünftig in relevanten Stresstests Berücksichtigung finden. Hinzu kommt, dass es für einige B-, aber vor allem viele C- und D-Städte nicht immer möglich ist, die Marktpreisrisiken auf Grundlage historischer Zeitreihen zu ermitteln, wie sie für Deutschlands Metropolen verfügbar sind und von der Aufsicht gefordert werden. Damit wird es zu einem Problem, Limite für die Risikobetrachtung zu definieren und diese im zweiten Schritt zu validieren. Dekarbonisierungspfad auf den eigenen Immobilienbestand anwenden Das Thema ESG wiederum spielt aus Sicht der Banken für ihre Immobilien im Eigenbe- 30 10 | 2023
MARKT FAZIT Die Zeit drängt, denn die neue Fassung der MaRisk-Novelle ist bereits am 29. Juni 2023 in Kraft getreten, und für die Implementierung der Änderungen gilt in Teilen lediglich noch eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2024. Gerade für kleinere Sparkassen, Regionalbanken und Kreditgenossenschaften wird langfristig kein Weg an einer stärkeren Professionalisierung des Immobilien- Asset-Managements vorbeiführen, um mit angemessenem Aufwand zu einer ausgewogen diversifizierten, risikoadäquaten und zugleich regulierungskonformen Immobilien-Allokation zu gelangen. stand eine in ihrer Komplexität nicht zu unterschätzende Rolle, weil hier die Themen Klimaschutz und Dekarbonisierungspfad auf den eigenen Immobilienbestand anzuwenden sind. Welche Bank ist heute bereits in der Lage, aus dem Stand eine CRREM-Analyse (Carbon Risk Real Estate Monitor; auf Deutsch: Überwachung des CO2-Risikos für Immobilien) auf ihre Immobilien durchzuführen und der Aufsicht mitzuteilen, welche Objekte im Eigenbestand zum aktuellen Zeitpunkt die Klimaziele erfüllen, welches Objekt wann den Dekarbonisierungspfad verlassen wird? Und es bliebe ja nicht beim Reporting der Ergebnisse. Im Weiteren müssen Handlungs- und Investitionsbedarf ermittelt und natürlich auch umgesetzt werden. Hinzu kommen die Anforderungen, die sich aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung ergeben. Die entsprechende EU-Richtlinie zur Unternehmens- Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) ist Anfang 2023 in Kraft getreten und muss in den EU-Mitgliedsstaaten binnen 18 Monaten umgesetzt werden. Banken und Sparkassen sind vor diesem Hintergrund gefordert, zu prüfen, wie sie künftig die Asset-Klasse Immobilien in der Eigenanlage abbilden wollen. Eine mögliche Alternative können Immobilienfonds, auch in Form geschlossener Vehikel für mehrere Institute, darstellen. Denn sie ermöglichen Banken Spielräume zur Diversifikation in der Asset-Klasse Immobilien, die ihnen vor Ort und ohne den weiteren Aufbau von signifikanten Kapazitäten verwehrt sind. So lassen sich Klumpen- und operationelle Risiken vermeiden. Professionelles Asset-Management einschließlich der Administration durch spezialisierte KVGs sorgen aus regulatorischer Perspektive für regelkonforme Prozesse, ohne eigene Kapazitäten dafür aufzubauen. Autor Tobias Kotz, Executive Director, Global Head of Client Relations and Capital Funding, Real I.S. AG. 10 | 2023 31
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