BERUF & KARRIERE BANKBILANZEN Sachkunde für den Aufsichtsrat Die BaFin hat in ihrem Merkblatt zu Anforderungen an die Aufsichtsräte vom Januar 2016 Erwartungshaltungen hinsichtlich des Fachwissens der Aufsichtsorgane formuliert. Unser Autor stellt die rechtlichen Erfordernisse und einen praxisorientierter Ansatz zur Umsetzung dieser Ansprüche beim Herzstück der gesamten Rechnungslegung, dem Jahresabschluss, vor. Er erläutert die bilanziellen Maßnahmen auf Basis einer Bankengründung und erster Geschäftsvorfälle. Die Anforderungen an die Eingangsqualifikationen und fortlaufende Wissenserweiterung der Aufsichtsräte nehmen stetig zu. Aus den gesetzlichen Anforderungen des § 25d KWG hinsichtlich der erforderlichen Eingangsvoraussetzungen zur Sachkunde kann man auch die Erfordernis zur regelmäßigen Fortbildung subsumieren. Auslegungen der BaFin präzisieren diese Erwartungshaltung. In der Praxis stellt sich die Frage, wie die im Kreditwesengesetz fixierte Anforderung an die Sachkunde des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds sowie des gesamten Aufsichtsorgans im wesentlichsten Rechnungslegungsmedium, dem Jahresabschluss, vermittelt werden kann. Die BaFin konkretisiert die Anforderungen dahingehend, dass sich das Mitglied mit den für das Unternehmen wesentlichen Regelungen vertraut machen muss. 1 Die Fortbildung der neu ins Amt berufenen Mitglieder kann demnach innerhalb von sechs Monaten nach Bestellung abgeschlossen werden, und die Bank hat angemessene personelle Ressourcen freizuhalten. Überwachungspflichten des Aufsichtsrats Das Genossenschaftsgesetz beispielsweise konkretisiert in § 38 GenG die Überwachungspflichten des Aufsichtsrats. Das Aufsichtsgremium hat den Jahresabschluss inklusive Lagebericht zu prüfen; als Aufgabe des – aus Aufsichtsratsmitgliedern gebildeten – Prüfungsausschusses ist u. a. die Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems und des Risikomanagementsystems vorgesehen. Das Sparkassengesetz sieht ähnlich lautende Regelungen vor. Hier regelt z. B. § 15 Abs. 3 SpkG NRW, dass der Verwaltungsrat einen Bilanzprüfungsausschuss bilden muss „für die Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Jahresabschlussprüfung, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems und des Risikomanagementsystems“. Und bei den Aufsichtsorganen sämtlicher deutschen Bankengruppen steigt – zusätzlich getrieben durch die steigenden Haftungsrisiken – der Selbstanspruch, zu verstehen, „wie die Bank funktioniert“ und wie sich dies im Jahresabschluss niederschlägt. Die Erwartungshaltung von Gesetzgeber und Aufsicht an die Aufsichtsräte ist groß, und die Eigentümer der jeweiligen Bankengruppe können diesen Anspruch an die Erfüllung des Aufsichtsratsamts einfordern. Wie wird der Aufsichtsrat diesen Themen hinsichtlich des wesentlichen Abschlussmediums aus Rechnungswesen und Controlling gerecht, bzw. wie erleichtert man den Aufsichts- / Verwaltungsräten den Praxiszugang zu den Regelungen? Bankengründung Eine sukzessive Herleitung auf Basis einer Bankengründung kann hier einen guten Einblick vermitteln. Schritt für Schritt kann man über die jeweiligen Geschäftsvorfälle und geschäftspolitischen Ereignisse eine Bankbilanz aufbauen und didaktisch die einzelnen Positionen herleiten. In unserem Beispiel verfolgen wir einen fiktiven Landkreis bei der Gründung einer Volksbank. Die potenziellen Mitglieder sind der Auffassung, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Bankdienstleistungen nicht ausreichend gegeben ist. Die entsprechenden formellen Voraussetzungen zur Bankengründung werden geschaffen. Die Mitglieder stellen für die Gründung der Muster-Volksbank 50,0 Mio € Eigenkapital zur Verfügung. Die Eigenkapitaleinlage wird zunächst als Barreserve (Kassenbestand) gehalten. Die Bilanz der neu gegründeten Muster-Volksbank nach der Eigenkapitaleinlage sieht also wie folgt aus: Auf der Aktivseite in der Position Barreserven stehen 50 Mio. €, auf der Passivseite Eigenkapital in gleicher Höhe und dementsprechend eine Bilanzsumme von 50 Mio. €. Nach ihrer Satzung hat die Muster-Volksbank die Aufgabe, die Bevölkerung mit Bankdienstleistungen zu versorgen. Hierzu gehört das Entgegennehmen von Einlagen, u. a. Spareinlagen. Nach drei Monaten hat die neu gegründete Muster-Volksbank Einlagen (u. a. Spar- und Sichteinlagen) von 500 Mio. € von der Bevölkerung entgegengenommen. Die Gelder werden zunächst als Barreserve unterhalten. In der Bilanz wirkt sich das so aus, dass auf der Aktivseite Barreserven von 550 Mio. € stehen, auf der Passivseite Verbindlichkeiten gegenüber Kunden i. H. v. 500 Mio. € und weiterhin das Eigenkapital von 50 Mio. €. Die Bilanzsumme stellt sich auf 550 Mio. € ein. Um ihr Geschäftsvolumen auszuweiten und der aufkommenden Kreditnachfrage der Bevölkerungen nachkommen zu können, refinanziert sich die Muster-Volksbank durch Aufnahme eines Termingelds bei der DZ- Bank in Höhe von 250 Mio € sowie bei der Deutschen Bank in Höhe von 100 Mio. €. Die Bilanz präsentiert sich folglich mit Barreserven auf der Aktivseite in Höhe von 900 Mio. €, auf der Passivseite stehen Verbindlichkeiten 76 10 // 2017
BERUF & KARRIERE gegenüber Kreditinstituten über 350 Mio. € sowie weiterhin Verbindlichkeiten gegenüber Kunden in Höhe von 500 Mio. € und Eigenkapital von 50 Mio. €. Die Bilanzsumme stellt sich nun auf 900 Mio. € ein. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 11 RechKredV haben Volksbanken im Anhang wirtschaftliche Verbundbeziehungen zur eigenen DZ-Bank separat aufzuzeigen, d. h. es sind die Forderungen an die bzw. die Verbindlichkeiten gegenüber der DZ-Bank anzugeben. Für Sparkassen sind analoge Angaben zu den Beziehungen zu ihrer zuständigen Landesbank verbindlich. Die Anhangangabe kann wie folgt aussehen: „Verbindlichkeiten gegenüber der DZ-Bank sind in den folgenden Bilanzposten enthalten: „Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten: 250 Mio. €“. Die drei Anfangsgeschäftsvorfälle verdeutlichen, dass man auf diesem Weg Schritt für Schritt eine Bankbilanz aufbauen und dementsprechend durch ein durchgängiges Beispiel anschaulich darstellen kann. 2 FAZIT Bankvorstände und Mitglieder von Aufsichtsorganen, insbesondere wenn sie neu im Vorstandsamt sind oder sich ggf. erstmals näher mit der Rechnungslegung eines Kreditinstituts befassen wollen, benötigen wesentliche theoretische Grundlagen. Die Vermittlung bilanzpolitischer Gestaltungsspielräume sollte optimalerweise als praxisorientierter Überblick mit Fallbeispielen geschehen, um die wesentlichen Zusammenhänge rund um den Jahresabschluss zu durchdringen und das notwendige Fachwissen zu erlangen. Autor: Dr. Stefan Eckhardt, Vorstand der Volksbank Reiste-Eslohe und Lehrbeauftragter an der FOM, Essen. 1 „Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungs- und Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB“ vom 4. Januar 2016. 2 Vgl. Die Fortsetzung dieses Beispiels im Buch „Bankbilanzen verstehen und Einsetzen“, Denter / Eckhardt, DG-Verlag, 2017. 10 // 2017 77
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