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die bank 10 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT be an

ó FINANZMARKT be an private Unternehmen hat sich seit dem Tief Ende 2013 erholt, wenngleich das Kreditwachstum bislang verhalten ausfällt. Schließlich hat sich auch der effektive Wechselkurs des Euros deutlich abgeschwächt. 5 Ob und inwieweit es durch die Veränderung der Finanzmarktpreise tatsächlich auch gelingt, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und somit das Wirtschaftswachstum und das Preisniveau positiv zu beeinflussen, ist noch unsicher. Empirische Studien der Bundesbank und anderer deuten darauf hin, dass dies gelingen könnte. 6 EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré hält die EZB-Politik für alternativlos. Ohne diese Maßnahmen wären die derzeitigen Inflationsraten deutlich niedriger und die konjunkturelle Entwicklung gedämpft, sagte er unlängst in einem Zeitungsinterview. Contra Ultraexpansive Geldpolitik: Sie birgt Stabilitätsrisiken Ein wesentlicher Kritikpunkt richtet sich darauf, dass sich mit dem ultraexpansiven Kurs der EZB Risiken für die Finanzstabilität aufbauen. Diese Geldpolitik trägt an den Finanzmärkten zu steigenden Vermögenspreisen bei und lässt Investoren auf der Jagd nach höheren Renditen mehr Risiken eingehen. Dies ist geldpolitisch so gewollt, birgt jedoch die Gefahr, dass es auf verschiedenen Vermögensmärkten – Aktien, Anleihen, Immobilien – zu spekulativen Übertreibungen und Überbewertungen kommen kann. Der Sachverständigenrat konstatierte in seinem letzten Jahresgutachten für einige Anleihe- und Immobilienmärkte Anzeichen von Übertreibungen. 7 Insbesondere für den deutschen Wohnimmobilienmarkt häufen sich die Anhaltspunkte für eine Überbewertung, zumindest in den Ballungszentren. Je weiter sich aber die Marktpreise von fundamental zu rechtfertigenden Bewertungen entfernen, desto größer ist die Gefahr, dass es zu Vermögenspreisblasen kommt. Platzt dann die Vermögenspreisblase, droht Gefahr für die Finanzstabilität. Vor einer besonderen Herausforderung steht der Bankensektor. Denn das aktuelle Niedrigzinsumfeld lässt die Zinserträge, die Differenz aus höherem Kreditzins und niedrigem Einlagenzins, zunehmend erodieren. Die Profitabilität der Banken gerät unter Druck. Kein Wunder also, dass Bankmanager gerade in Deutschland dem ultraexpansiven Kurs der EZB sehr reserviert gegenüberstehen und davon sprechen, sie schädige die in Europa weitverbreiteten Geschäftsmodelle von Banken. Wie stark Kreditinstitute von der Erosion der Zinsmarge betroffen sein werden, hängt davon ab, welche Bedeutung das Zinsgeschäft für sie hat. Bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken macht der Zinsüberschuss zwischen 77 und 80 Prozent der Gesamterträge aus. Sie sind daher durch die Niedrigzinspolitik stark betroffen, Großbanken etwas weniger. Die Bundesbank konstatierte in ihrem letzten Finanzstabilitätsbericht, dass die Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds auf die Ertragslage der deutschen Banken derzeit noch begrenzt sind. Eine Umfrage unter kleinen und mittelgroßen deutschen Banken lässt jedoch bis 2019 einen starken Rückgang der Profitabilität bei anhaltendem oder sich verschärfendem Niedrigzinsumfeld erwarten. Damit steigen die Stabilitätsrisiken für den Bankensektor. Die Kreditinstitute müssen daher erhebliche Anstrengungen unternehmen, um ihre Kosten zu reduzieren und ihre Provisionserträge zu erhöhen. Letztlich müssen viele Institute ihr Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen. Vermieden werden muss allerdings, dass Banken eine allzu risikoreiche Anlage- und Kreditvergabepolitik fahren, um ihre Erträge zu stabilisieren. Dafür gibt es zwar bislang, zumindest in Deutschland, noch kaum Anzeichen. Das kann sich allerdings ändern, wenn die Niedrigzinspolitik noch sehr lange anhält. Jedenfalls haben viele Kreditinstitute die Laufzeiten ihrer Kredite ausgeweitet – wohl auch, um Kundenwünschen zu entsprechen. Hierdurch haben die Zinsänderungsrisiken zugenommen. Auch für die Lebensversicherer in Deutschland wird es im Niedrigzinsumfeld zunehmend schwerer. Um die zugesagten Garantierenten zu erwirtschaften, sind die Versicherer gezwungen, ihre Kapitalanlagen neu zu strukturieren. Nur mit Staatsanleihen sind die Zusagen an die Kunden nicht mehr zu erfüllen. Versicherungsunternehmen werden daher zunehmend in andere Assetklassen investieren und höhere Risiken nehmen. Bislang sieht die Bundesbank noch „keine breit angelegte Tendenz zur vermehrten Übernahme von Risiken“. 8 Stabilitätsrisiken drohen auch für die Zeit einer Zinswende. Sollten die ultraexpansiven Maßnahmen der Europäischen Zentralbank alsbald in gewünschter Weise auf Wirtschaftswachstum, Kapazitätsauslastung, Preisniveau und Beschäftigung im Euroraum durchschlagen, so wird die EZB den Expansionsgrad ihrer Geldpolitik zurückdrehen müssen. Sollte sie sich gar veranlasst sehen, ihren Kurs abrupt zu verändern und würden die Zinsen schnell und stark anziehen, ergäben sich für Banken erhebliche Zinsänderungsrisiken. Weil Einlagen bei Banken i. d. R. eine kürzere Laufzeit als die ausgereichten Kredite haben, werden bei steigenden Zinsen die Zinsaufwendungen schneller steigen als die Zinserträge. Hierdurch könnte sich die Rentabilität und ggf. die Solvenz von Banken verschlechtern. Dieses Problem dürfte umso gravierender sein, je länger die Niedrigzinsphase anhält. Banken wären gut beraten, dieses Risiko mit dem Aufbau weiteren Eigenkapitals abzufedern; jedoch ist dies in Zeiten sinkender Zinserträge keine leichte Aufgabe. Auch viele Vermögenspreise re- 44 diebank 10.2016

FINANZMARKT ó agieren sensibel auf steigende Zinsen. Eine Zinswende birgt daher auch die Gefahr eines Verfalls von Vermögenspreisen. Die Gefahr ist umso größer, je weiter sich die Vermögenspreise (u. a. getrieben durch die Geldpolitik) von fundamental zu rechtfertigenden Bewertungen entfernt haben. Je länger also die Niedrigzinsphase anhält, desto größere Risiken bauen sich im Finanzsystem auf. Fazit Um einer deflationären Entwicklung im Euroraum vorbeugend zu begegnen, hat die EZB ihren expansiven geldpolitischen Kurs seit 2014 deutlich ausgeweitet und eine Politik der quantitativen Lockerung eingeführt. Ziel ist es, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzuregen und somit das Wirtschaftswachstum in der Eurozone zu stützen und die Inflationsrate wieder auf das Zielniveau von knapp unter zwei Prozent bringen. Empirische Studien sprechen dafür, dass eine Politik der quantitativen Lockerung Impulse für Wachstum und Inflation setzen kann. Jedoch ist die Unsicherheit groß, wie stark die Maßnahmen tatsächlich wirken. Die Erfahrungen der Notenbanken mit den neuen Instrumentarien sind noch gering. Je länger aber die ultraexpansive Geldpolitik andauert, desto größere Risiken bauen sich im Finanzsystem auf. Die Zentralbank sollte daher die beschlossenen Maßnahmen wirken lassen, jedoch den Expansionsgrad der Geldpolitik nicht weiter erhöhen. Die EZB wird schließlich eine erhebliche stabilitätspolitische Herausforderung bewältigen müssen, wenn es um das Timing und die konkrete Ausgestaltung des Ausstiegs aus der ultraexpansiven Geldpolitik gehen wird. ó Autor: Prof. Dr. Markus Gerhard lehrt Volkswirtschaftslehre an der THM Technische Hochschule Mittelhessen in Gießen. 1 Vgl. EZB: Die Umsetzung der Geldpolitik seit August 2007, in: EZB Monatsbericht Juli 2009, S. 85 ff., Frankfurt am Main 2009. 2 Vgl. EZB: Die Reaktion der EZB auf die Finanzkrise, in: EZB Monatsbericht Oktober 2010, S. 63 ff., Frankfurt am Main 2010. 3 Vgl. Sachverständigenrat: Zukunftsfähigkeit in den Mittelpunkt, Jahresgutachten 2015/16, S. 131 ff., Wiesbaden 2015. 4 Vgl. Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose: Aufschwung bleibt moderat. Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert, Gutachten Frühjahr 2016, S. 50, München 2016. 5 Vgl. Deutsche Bundesbank: Zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der quantitativen Lockerung im Euro-Raum, in: Monatsbericht Juni 2016, S. 29-54, Frankfurt 2016. 6 Vgl. Sachverständigenrat (2015), S. 138 und Bundesbank (2016). 7 Vgl. Sachverständigenrat (2015), S. 189. 8 Vgl. Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2015, S. 10. Leserbrief an die Redaktion Finanzplatz Stuttgart Zum Gastbeitrag „Deutschland, deine Finanzplätze“ in der Ausgabe „die bank“ 8/2016. Der Autor Tobias R. Finke stellt im Verlauf seines Artikels über die deutschen Finanzplätze fest, dass diese „in unterschiedlichen Ligen“ angesiedelt sind. Dem ist zuzustimmen. Für uns als Stuttgarter ist es jedoch schlimm, mit dem bereits in der letzten Saison abgestiegenen VfB Stuttgart den Stempel der Zweitklassigkeit aufgedrückt zu bekommen. In einem Artikel über deutsche Finanzplätze überhaupt keine Erwähnung zu finden, wirkt im ersten Moment geradezu deklassierend. Dabei kann der Finanzstandort Stuttgart im direkten Vergleich mit den im Artikel gepriesenen Finanzplätzen sehr wohl punkten und eine hervorgehobene Stellung für sich beanspruchen. Das Manko liegt womöglich darin, als Finanzstandort in der journalistischen Wahrnehmung nicht ausreichend aufzufallen. In der Schwabenmetropole sind 17 Banken, 28 Versicherungen und Pensionsfonds sowie zwei der bekanntesten Bausparkassen Deutschlands beheimatet. Zwei weitere große Bausparkassen befinden sich in unmittelbarer Nähe Stuttgarts, sodass die vier baden-württembergischen Bausparkassen gemeinsam mehr als die Hälfte aller deutschen Bauspareinlagen auf sich vereinen. Dass die Börse Stuttgart im verbrieften Derivatehandel seit vielen Jahren regelmäßig die Champions League für sich entscheidet, ist unter Kennern der deutschen Finanzlandschaft längst kein Geheimnis mehr. Wie kraftvollsportlich es in Stuttgart zugeht, wird auch dadurch deutlich, dass die LBBW als größte Landesbank Deutschlands ihren Sitz in der süddeutschen Erfinderstadt hat. Auch bei der Bereitstellung von Wagniskapital ist Stuttgart erstligatauglich. Unterm Strich muss leider konstatiert werden, dass in dem Beitrag mit Stuttgart ein sehr wichtiger Akteur vergessen wurde. Dr. Ulli Spankowski, Stuttgart Financial – Eine Marke der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e. V. Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen. Zuschriften geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. 10.2016 diebank 45

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