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die bank 10 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

Kreditvergabe jenseits

Kreditvergabe jenseits von Banken MARKTENTWICKLUNG UND ANWENDUNGSFELDER Die anhaltende Niedrigzinsphase und die zunehmende Regulierung von Banken bieten Chancen für alternative Kreditgeber. Im Vereinigten Königreich ist die Kreditvergabe über Fonds oder andere Investmentvehikel seit langem etabliert. In Deutschland dagegen haben es Kreditfonds aufgrund des Bankenprivilegs und der mangelnden Vertrautheit der Investoren mit der Anlage in Private Debt nach wie vor schwer. Dieser Beitrag liefert einen Überblick über die aktuelle Entwicklung. Nick Wittek Keywords: Finanzierung, alternative Anlagen, Asset Sourcing Im Leveraged-Finance-Bereich konnten sich Kreditfonds seit 2014 einen Marktanteil von 25 Prozent erarbeiten. Auch im Bereich Immobilien- und Infrastrukturfinanzierung beginnen sie, sich zu etablieren. Am 12. Mai 2015 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihre Verwaltungspraxis geändert, sodass nun bestimmten regulierten Fonds in begrenztem Umfang die Kreditvergabe erlaubt ist. 1 Der Gesetzgeber hat dies im Rahmen des OGAV V Umsetzungsgesetzes, 2 das zum 18. März 2016 in Kraft getreten ist, in Gesetzesform gegossen. Zudem wurde die Anlageverordnung angepasst, mit dem Ziel, die Anlage in Kreditfonds zu ermöglichen. Gleichzeitig ist zum 1. Januar 2016 Solvency II in Kraft getreten, womit sich die Möglichkeit der Anlage in neue Anlageklassen (einschließlich Kreditfonds) eröffnet. Es stellt sich die Frage wie der Markt auf diese Veränderungen bisher reagiert hat? Die Treiber Aufgrund des derzeit bestehenden Niedringzinsumfelds sind institutionelle Investoren, d. h. Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke, verstärkt unter Anlagedruck. Infolge der hohen Nachfrage und der massiven Markteingriffe der Zentralbanken sind Renditen für erstklassige Anleihen abgeschmolzen und haben zu hoher Volatilität an den Aktienmärkten geführt. Die Korrelation dieser beiden Asset-Klassen ist gestiegen, sodass die Vorteile der Diversifikation schwinden. Institutionelle Investoren suchen daher verstärkt nach alternativen Anlagen, die eine möglichst geringe oder sogar negative Korrelation aufweisen. Gleichzeitig inzentiviert Solvency II langlaufende Anlageformen und privilegiert Debt-Investments gegenüber Aktien. Auf der Bankenseite führen geänderte Eigenkapitalanforderungen und Liquiditätsvorschriften dazu, dass sich Banken auf bonitätsstarke Unternehmen sowie Senior-Finanzierungen konzentrieren. Dies führt zu Finanzierungslücken für kleine und bonitätsschwächere Unternehmen sowie im Bereich der Mezzanine Finanzierungen. Die Bankenregulatorik favorisiert kurzfristige Finanzierungen; Banken ziehen sich daher aus dem Bereich der langfristigen Finanzierungen, wie sie insbesondere im Immobilien- und im Infrastrukturbereich üblich sind, zurück. Darlehensnehmer sehen sich – zum Teil gezwungenermaßen, aber auch um den Finanzierungsmix zu stärken und bankenunabhängiger zu werden – vermehrt nach alternativen Finanzierungsformen um. Hinzu kommt im M&A-Bereich die Konkurrenz von strategischen Investoren um potenzielle Targets, sodass sich zahlreiche Private Equity Fonds ein zweites Standbein im Bereich der Private-Debt-Investments aufgebaut haben. Marktentwicklung In die skizzierten Lücken stoßen institutionelle Investoren vor. Sie engagieren sich zunehmend sowohl direkt als Darlehensgeber, entweder allein oder als Teil des Darlehenskonsortiums, als auch indirekt über Fonds und andere Investmentvehikel. Die größeren Marktteilnehmer treten häufiger direkt als Darlehensgeber auf und entwickeln eigene Fondsplattformen für indirekte Private-Debt-Investitionen mit getrennten Fonds für Unternehmens-, Immobilien- und Infrastrukturfinanzierungen. Dies geht einher mit dem Aufbau von internem Know-how und Spezialisten für die jeweiligen Asset-Klassen. Andere Marktteilnehmer, insbesondere mittlere und kleinere Pensionskassen und Versicherungen, sind eher als Teil des Finanzierungskonsortiums zu finden oder schließen sich mit Banken zu Kooperationen zusammen. So können instituti- 30 diebank 10.2016

onelle Investoren auf das bestehende Know-how der Banken für bestimmte Asset-Klassen, z. B. im Infrastrukturbereich, zugreifen und sich den Zugang zum Darlehensmarkt erschließen. Im aktuellen Umfeld sind für alle Asset-Klassen interessante Finanzierungsobjekte rar und das Asset Sourcing ein Thema, insbesondere für neue Marktteilnehmer. Die Banken profitieren von der Kooperation, weil sie größere Volumina finanzieren können. Kleinere und mittlere Versicherungen bedienen sich auch gern eines standardisierten Plattformanbieters, der verschiedene Asset Manager anbinden kann. Durch die Auswahl der Asset Manager können sie auf lokale Marktkenntnis und Finanzierungsstrukturen zugreifen. Dies ermöglicht ein Investment auch außerhalb Deutschlands. Marktentwicklungen in einzelnen Asset-Klassen Im übrigen sind die Marktentwicklungen je nach Asset-Klasse unterschiedlich: Bei Immobilienfinanzierungen macht sich die Kreditvergabe jenseits der Banken am stärksten bemerkbar. Die Investoren versprechen sich attraktive Spreads und schätzen die geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen sowie die mit der stabilen Wertentwicklung über alle Marktzyklen einhergehende risikoreduzierende Wirkung. Zudem bieten Immobilienfinanzierungen gegenüber dem Direkterwerb zahlreiche Vorteile. Direktinvestitionen binden erfahrungsgemäß überproportional viele Ressourcen für Ankauf, Instandhaltung, Vermietung und Management vor Ort. Im Gegensatz dazu verbindet die Immobilienfinanzierung die Immobilie als bekannte Anlageklasse mit den Vorteilen von stabilen und planbaren Zahlungsströmen. Im Bereich der Unternehmensfinanzierung, insbesondere im Leverage Buy Out, hat sich Private Debt nachhaltig etabliert. So haben Erstversicherer derzeit zusammen rund 10 Mrd. € an Unternehmen verliehen. Ausweislich des Mid-Cap-Monitors des Finanzierungsberaters Altium haben die Kreditfonds ihre starke Marktstellung mit 25 Prozent Marktanteil in Deutschland konsolidiert. Mit innovativen Angeboten, die anscheinend den Nerv vieler PE-Häuser treffen, haben sie bei Darlehensnehmern Boden gut gemacht. Sie dominieren vor allem bei Unitranche-Finanzierungen, bei der Senior und Mezzanine Debt in einer einzigen Darlehenstranche kombiniert angeboten werden. Darlehensnehmer nutzen die Vorteile der Kreditfonds. Die Dokumentation ist schlanker, die Gesprächspartner sind flexibler und die Verhandlungen mit einem Verhandlungspartner statt mit einem ganzen Konsortium schneller. Konkurrenzfähigkeit deutscher Fonds nach Änderung des KAGB? Kreditfonds haben ihren Sitz regelmäßig im Ausland. Die Mehrzahl der Asset Manager hat ihren Sitz im Vereinigten Königreich, wo Kreditfonds schon seit längerem im Markt etabliert sind. Sie nutzen in der Regel englische, irische oder Luxemburger Fonds. Die deutsche Fondstruktur ist ihnen weniger vertraut. Hinzu kommen regulatorische Hürden in Deutschland, insbesondere die Erlaubnispflicht für die Kreditvergabe, aber auch die formalen Kriterien der Anlageverordnung und die bisherige Auslegung durch die BaFin, wonach Anlagen in Kreditfonds nur zulässig waren, wenn diese nicht mehr als 30 Prozent in unverbriefte Darlehen investierten. Kreditvergabe durch geschlossene Spezial-AIF erlaubt Nach Anpassung des KAGB durch das OGAV V Umsetzungsgesetz ist es nunmehr auch – aber auch nur – geschlossenen inländischen Spezial-AIF erlaubt, Gelddarlehen zu gewähren. Dies jedoch nur, wenn 1. der Darlehensnehmer kein Verbraucher ist, 2. eine Risikostreuung bzw. Darlehensnehmerkonzentration von maximal 20 Prozent des eingebrachten und noch nicht eingeforderten zugesagten Kapital pro Darlehensnehmer eingehalten wird und 3. der Fonds ein Leverage von maximal 30 Prozent hat. Offenen Spezialfonds ist die Kreditgewährung nicht erlaubt. Da eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft nach dem KAGB über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen muss, folgt daraus nach Ansicht der BaFin, dass bei der Kreditvergabe die für Banken im Rundschreiben 10/2012 (BA) – Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) – festgelegten Vorgaben für das Kreditgeschäft zu beachten sind. Dazu zählen z. B. die Anforderungen an die Prozesse im Kreditgeschäft, Regelungen zur Kreditgewährung, Kreditweiterbearbeitung, Kreditbearbeitungskontrolle, Intensivbetreuung, Behandlung von Problemkrediten, Risikovorsorge und Erstellung von Risikoberichten. Die MaRisk befindet sich derzeit in Überarbeitung, und es bleibt zu hoffen, dass auch die Vorgaben für Kreditfonds, die schließlich keine Bank sind, angepasst werden. Auf europäischer Ebene hat die ESMA Mitte April der Kommission die Entwicklung entsprechender Standards empfohlen 3 , und es wäre zur Schaffung eines Level Playing Fields sinnvoll, wenn die deutschen Anforderungen der MaRisk mit den europäischen Vorgaben harmonisiert werden. Prolongation und Restrukturierung von Darlehen Der Gesetzgeber hat zudem klargestellt, dass die Prolongation und Restrukturierung eines Darlehens, was je nach Sachverhalt ebenfalls erlaubnispflichtig sein kann, nicht die Erlaubnispflicht auslöst. Dies ist vor allem für offene Spezial-AIF und offene Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen relevant, die nach dem KAGB in unverbriefte Darlehensforderungen investieren dürfen. Denn der Erwerb von bereits ausgereichten Darlehensforderungen war und ist nicht erlaubnis- 10.2016 diebank 31

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