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die bank 10 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

Regulatorische

Regulatorische Bevorzugung von Staatsanleihen FINANZMARKTINTEGRATION Die Unternehmenskreditvergabe der europäischen Banken stagniert seit Jahren, während die Banken ihre Engagements in Staatsanleihen trotz negativer Renditen ausweiten. Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht die Kreditvergabe durch negative Einlagenzinsen und extreme Liquiditätsmaßnahmen zu beleben. Stattdessen führte die Geldpolitik aber nur zu einer noch höheren Nachfrage nach Staatsanleihen und zu noch niedrigeren Renditen darauf. Diese Fehlentwicklung liegt in der regulatorischen Bevorzugung von Staatsanleihen begründet und belastet in Verbindung mit der Niedrigzinspolitik die Profitabilität und den Eigenkapitalaufbau der Banken und darüber hinaus deren Kreditvergabe an Unternehmen. Markus Demary Keywords: Investment, Eigenkapital, Kreditvergabe Seit mehr als 40 Jahren zeigt sich ein Abwärtstrend bei den Zinsen. Zuerst sanken diese aufgrund sinkender Inflationsraten und aufgrund demografischer Effekte. In den letzten Jahren führten Krisenreaktionen, wie die Niedrigzinspolitiken der Zentralbanken, sowie Kriseneffekte, wie eine Flucht der Investoren in sichere Häfen, zu einem zusätzlichen Absinken der Zinsen. Zwar werden die Zinsen nie wieder das Niveau der 1970er- oder auch der 1980er-Jahre erreichen. Es besteht aber die Hoffnung, dass sie sich auf ein Niveau von rund drei Prozent normalisieren könnten, wenn die EZB aus ihrer Niedrigzinspolitik aussteigt. Groß ist diese Hoffnung allerdings nicht, denn anstelle eine Zinswende zeigt sich aktuell eher eine Fortführung des Abwärtstrends in den nun negativen Zinsbereich. Trotz negativer Renditen auf Staatsanleihen werden diese von den europäischen Banken stark nachgefragt. Gleichzeitig hat sich die Kreditvergabe an Unternehmen noch nicht erholt, obwohl diese rentierlicher als die Kreditvergabe an Staaten wäre. Wie dieser Beitrag zeigen wird, führt die regulatorische Bevorzugung von Staatsanleihen gegenüber Unternehmenskrediten zu einer verzerrten Anlageentscheidung der Banken, welche durch die Niedrigzinspolitik noch verschärft wird. Das Resultat wird eine andauernde Niedrig- bzw. Negativzinsphase mit stagnierender Kreditvergabe sein. Stagnierende Kreditvergabe trotz expansiver Geldpolitik Die zwei letzten großen Bankenkrisen, die durch das Platzen von Immobilienblasen in den USA, Irland und Spanien und anschließend durch drohende Staatsinsolvenzen im Euroraum ausgelöst wurden, trafen die europäischen Banken hart. Im Nachgang der Krisen wurden u. a. die Mindestanforderungen an das Eigenkapital verschärft, sodass die Banken nicht nur Eigenkapitalverluste aus den Krisen ausgleichen, sondern auch zusätzliches Eigenkapital aufbauen mussten. Für die Erhöhung der regulatorischen Eigenkapitalquote haben die Banken drei Möglichkeiten. Zum einen können sie Aktien emittieren oder Gesellschafteranteile erhöhen. Durch die beiden Krisen haben die Aktienkurse der europäischen Banken allerdings stark gelitten, sodass die Kapitalbeschaffung auf diesem Weg für die meisten Banken nicht infrage kommt. Der zweite mögliche Weg besteht in der Einbehaltung von Gewinnen. Die Profitabilität der europäischen Banken hat aber durch die Krisen ebenfalls gelitten und hat für viele bisher nicht wieder zum Vorkrisendurchschnitt zurückgefunden. Die dritte Möglichkeit der Rekapitalisierung besteht in der Verringerung der Risikoaktiva, d. h. in einer restriktiven Kreditvergabe. Während die Risikogewichte für Unternehmenskredite aber mit dem Kreditrisiko ansteigen, hat das Risikogewicht für europäische Staatsanleihen den Wert Null. Die EZB hat Maßnahmen implementiert, um die Kreditvergabe wiederzubeleben. Ihre umfangreichen Liquiditätsmaßnahmen sind teilweise sogar mit Konditionen an die Kreditvergabe verbunden. Zudem erhebt sie Negativzinsen auf die Einlagen der Banken. Trotz dieser massiven Maßnahmen konnte die EZB die Kreditvergabe bisher nicht wiederbeleben, heizte aber die Nachfrage nach Staatsanleihen an ” 1. Dieser Effekt liegt darin begründet, dass die EZB die Bankkreditvergabe nur durch Senkung der Refinanzierungskos- 22 diebank 10.2016

ten oder durch eine Zuführung von Zentralbankliquidität fördern kann. Tatsache ist aber, dass nicht zu hohe Finanzierungskosten oder ein Mangel an Zentralbankliquidität die Kreditvergabe bremsen, sondern dass knappes Eigenkapital den Engpassfaktor für die Kreditvergabe darstellt. Hieran kann die EZB mit ihren geldpolitischen Maßnahmen nichts ändern. Solange die Banken im Prozess des Eigenkapitalaufbaus sind, wird die Kreditvergabe nur langsam steigen. Die EZB kann diese Situation aber mit ihren Maßnahmen verschlimmern, denn die Niedrigzinspolitik führt in Kombination mit der regulatorischen Bevorzugung von Staatsanleihen zu einer Verzerrung der Anlageentscheidungen der Banken. Verzerrte Anlageentscheidung durch Regulierung Da der Eigenkapitalaufbau der Banken aktuell die Kreditvergabe begrenzt, muss die Zentralbankliquidität auf einem anderen Weg von den Banken angelegt werden. Den Kreditinstituten bleibt nur die Wahl, diese als Guthaben bei der EZB zu halten oder diese Mittel in Staatsanleihen zu investieren. Da die europäische Bankenregulierung den Banken für den Erwerb von Staatsanleihen keine Eigenkapitalunterlegung vorschreibt, stellen Staatsanleihen ein Substitut zu den Guthaben bei der EZB dar. Dies erklärt nun auch, warum die Banken in Staatsanleihen mit negativer Rendite investieren. Da sie auf Guthaben bei der EZB einen Strafzins von -0,4 Prozent zahlen müssen, ist es für sie das kleinere Übel, in Staatsanleihen zu investieren, die weniger negativ rentieren. Es sind aber nicht nur die Geldpolitik und die fehlende Eigenkapitalunterlegungspflicht, die zu einer hohen Nachfrage nach Staatsanleihen führen. Um die Liquidity Coverage Ratio (LCR) zu erfüllen, fragen Banken ebenfalls Staatsanleihen nach, da diese in der Bankenregulierung als liquider im Vergleich zu Unternehmensanleihen gelten. Das Niedrigzinsumfeld erodiert das Zinsergebnis der Banken In Zeiten knappen Eigenkapitals vergeben die europäischen Banken nur vorsichtig Kredite an Unternehmen. Damit entgehen den Banken aber die Zinseinnahmen aus der Kreditvergabe, wodurch ihre gesamten Zinseinnahmen abhängiger von der Entwicklung der Renditen auf Staatsanleihen werden. Bei sinkenden Renditen auf Staatsanleihen sinken die Zinseinnahmen der Banken stärker als ihre Zinsaufwendungen. Denn eine einzelne Bank kann den Zins auf Kundeneinlagen nicht beliebig senken, da sie sich mit anderen Banken in einem starken Wettbewerb um Kundeneinlagen befindet. Den aktuell negativen EZB-Zins können die Banken somit nur schwer an ihre Kunden weitergeben. Ein sinkendes Zinsergebnis erodiert damit die Gewinne der Banken und erschwert ihnen den Eigenkapitalaufbau. Negative Effekte auf die Kreditvergabe Über ihren negativen Effekt auf die Gewinne der Banken belasten die Negativzinsen der EZB sowie die negativen Renditen auf Staatsanleihen die Kreditvergabe der europäischen Banken. Dies legen auch Ergebnisse des IW-Bankenmo- 10.2016 diebank 23

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