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die bank 10 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Das

ó BANKING Das Basiskonto ist eine organisatorische Herausforderung REGULIERUNG Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 7. August 2015 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/92/EU vorgelegt. Ziel der Zahlungskontenrichtlinie ist es, jedem Verbraucher innerhalb der Europäischen Union das Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) einzuräumen. Zur Erreichung dieses Ziels sollen nach dem Referentenentwurf einerseits ein neues Zahlungskontengesetz geschaffen und andererseits bestehende Gesetze angepasst werden. Michael Leistikow | Christian Reichmann Keywords: Privatkundengeschäft, Kontoführung, Zahlungsverkehr, Europa Am 17. September 2014 ist die Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen 2014/92/EU in Kraft getreten (kurz: Zahlungskontenrichtlinie). Die Richtlinie ist bis zum 18. September 2016 in deutsches Recht umzusetzen. Das Gesetzesvorhaben steht unter der gemeinsamen Federführung des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Der neue BMF-Entwurf zur Umsetzung der Zahlungskontenrichtlinie enthält als Regelungsschwerpunkte u. a. die grundsätzliche Pflicht der Kreditinstitute zur Eröffnung eines Basiskontos auf Antrag eines Verbrauchers, eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten eines Basiskontos durch die Kreditinstitute sowie die Pflicht zur vorvertraglichen und laufenden Information von Basiskonteninhabern. Zudem sieht der Entwurf eine Pflicht zur Kontowechselhilfe bei Basiskonten, die Erleichterung grenzüberschreitender Kontoeröffnungen sowie die Schaffung institutsinterner Organisationspflichten zur Einhaltung des Zahlungskontengesetzes vor. Der Antrag eines Verbrauchers auf Abschluss eines Basiskontovertrags kann nur abgelehnt werden, wenn ein Ablehnungsgrund vorliegt. Abgelehnt werden kann ein Antrag primär, wenn ein Zahlungskonto bereits bei einer anderen Bank innerhalb der EU vorhanden ist oder die Kontoeröffnung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen würde. Recht auf Zugang zu einem Basiskonto für jedermann Der Gesetzesentwurf enthält darüber hinaus eine Aufzählung weiterer Ablehnungsgründe. Das Recht auf Zugang zu einem Basiskonto soll grundsätzlich jedem Verbraucher zustehen, der sich berechtigt in der Europäischen Union aufhält. Die Staatsangehörigkeit im EU-Ausland ist nicht erforderlich. Der Anspruch auf Eröffnung eines Basiskontos besteht auch für Obdachlose und Asylsuchende sowie für Personen, die zwar keinen Aufenthaltsstatus haben, aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht ausgewiesen werden können (Geduldete). Zur Erleichterung soll die geldwäscherechtliche Identifizierung der Kunden zukünftig beispielsweise anhand von Bescheinigungen über die Meldung als Asylsuchender möglich sein. Anpassung der bisherigen Leistungsbeschreibungen Das Basiskonto muss eine Reihe von Diensten enthalten, beispielsweise Bareinzahlungen und Barauszahlungen, Überweisungen oder die Nutzung einer EC-Karte. Diese Dienste sind Verbrauchern jeweils in dem Umfang zur Verfügung zu stellen, wie sie von dem kontoführenden Institut Verbrauchern als Inhabern von Zahlungskonten allgemein angeboten werden. Zudem sollen die wesentlichen mit einem Zahlungskonto verbundenen Dienste in Listen zusammengefasst werden, für die dann unionsweit vereinheitlichte Begrifflichkeiten und Definitionen zu verwenden sind. Banken dürfen nur noch „angemessene“ Entgelte für diese Leistungen verlangen. Im Ergebnis müssen also zum einen die Entgelte geprüft und ggf. angepasst werden. Zum anderen sind die bisherigen Leistungsbeschreibungen an die in Zukunft gegebenen Vorgaben anzupassen. Informationspflichten und Kündigungsrechte Die Gründe zur Kündigung eines Basiskontovertrags durch das Kreditinstitut werden detailliert geregelt. Einige weitere Kündigungsgründe greifen nur dann, wenn sie zugunsten der Bank ausdrücklich vereinbart werden. Auch diesbezüglich sollten die 52 diebank 10.2015

BANKING ó fl Das Recht auf Zugang zu einem Basiskonto soll grundsätzlich jedem Verbraucher zustehen. AGB sowie die Kontoverträge kritisch überprüft werden. Es könnte die Notwendigkeit zu Anpassungen bestehen. Sehr umfassend geregelt sind darüber hinaus die Informationspflichten. Banken müssen den Verbrauchern vorvertragliche Entgeltinformationen und gesonderte Entgeltaufstellungen während und bei Beendigung des Vertragsverhältnisses aushändigen. Hierbei gibt der Referentenentwurf jeweils sehr genau die Form und den Inhalt der Dokumente vor. Diese Vorgaben erfordern aus mehreren Gründen einen gewissen organisatorischen Aufwand für die Banken. Aufgrund der vorgeschriebenen Textform müssen bestehende Informationsdokumente überarbeitet oder neue geschaffen werden. Die Banken sollen verpflichtet werden, über die bereits bestehenden Regelungen des KWG hinaus gesonderte organisatorische Maßnahmen zur Einhaltung des neuen Zahlungskontengesetzes zu schaffen. Diese Maßnahmen sollen zukünftig regelmäßig im Rahmen der Jahresabschlussprüfung überprüft werden. Verstöße kann die BaFin mit Bußgeldern bis zu 50.000 € ahnden. Fazit Wann die finale Version des neuen Zahlungskontengesetzes in Kraft tritt, ist derzeit noch offen. Die Richtlinie ist allerdings bis spätestens zum 18. September 2016 in deutsches Recht umzusetzen. Aufgrund der zahlreichen organisatorischen Herausforderungen für Banken ist eine frühzeitige Analyse der notwendigen Maßnahmen empfehlenswert. ó Autoren: Dr. Michael Leistikow ist Partner, Dr. Christian Reichmann ist Senior Associate bei der internationalen Anwaltssozietät Hogan Lovells in Düsseldorf. Risikokultur ist Chefsache RISIKOMANAGEMENT Seit geraumer Zeit warten Banken auf die fünfte MaRisk-Novelle, in anderer Formulierung auch als MaRisk 6.0 bezeichnet. Seit 2013 arbeiten BaFin und Deutsche Bundesbank gemeinsam am Ausbau der Mindestanforderungen an das Risikomanagement, die noch 2016 in Kraft treten sollen. Änderungen sind unter anderem aufgrund der konkretisierten Baseler Anforderungen an eine angemessene Risikokultur (BCBS 294) und an die Risikodatenaggregation und Risikoberichterstattung (BCBS 239) zu erwarten. Stefan Hirschmann Die Risikokultur beschreibt die Art und Weise, wie Bankmitarbeiter mit Risiken umgehen. Künftig sollen die Geschäftsleiter verpflichtet werden, eine angemessene Risikokultur zu entwickeln, zu fördern und zu integrieren. Dies soll beim Management und innerhalb der Belegschaft ein Risikobewusstsein schaffen, das sich positiv auf das tägliche Denken und Handeln auswirkt. Zudem soll die Risikokultur den Mitarbeitern verdeutlichen, welches Verhalten erwünscht ist und welches nicht und – damit einhergehend – welche Risiken das Institut eingehen kann und welche nicht. Auch der europäische Gesetzgeber verlangt im Erwägungsgrund 54 der Eigenmittelrichtlinie CRD IV, dass die EU-Mitgliedstaaten Grundsätze und Standards einführen, die eine wirksame Kontrolle von Risiken durch die Leitungsorgane von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen gewährleisten. Sie sollen, als Teil eines wirksamen Risikomanagements, eine solide Risikokultur auf allen Unternehmensebenen fördern. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht hat dies in seinen überarbeiteten Corporate-Governance-Prinzipien berücksichtigt und insbesondere die Rollenverteilung zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen konkretisiert. Außerdem wurde die Rolle des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrats als Überwachungsorgan präziser definiert und die Bedeutung einer angemessenen Risikokultur sowie eines guten Vergütungssystems mit einem adäquaten Anreizsystem hervorgehoben. Bislang existierten höchst unterschiedliche Definitionen von Risikokultur, sodass bei Instituten und Aufsehern kein global einheitliches Verständnis über die Bedeutung und Tragweite des Begriffs zu erkennen war. Die Definition des Finanzstabilitätsrats FSB kann hier weiterhelfen, denn sie nennt vier Indikatoren für eine angemessene Risikokultur, die sich auch in den Baseler Grundsätzen wiederfinden: Leitungskultur, Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter, offene Kommunikation und kritischer Dialog sowie angemessene Anreizstrukturen. Den Mitgliedern der Geschäftsleitung kommt in diesem Kontext eine Vorbildfunktion zu. In ihrem Verhalten soll sich das zuvor definierte Wertesystem widerspiegeln, das die Grundlage für das Verhalten der Mitarbeiter und die Risikokultur darstellen soll. Die Verantwortung ist somit eindeutig verortet: Risikokultur ist Chefsache. ó 10.2015 diebank 53

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