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die bank 09 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG 2 |

DIGITALISIERUNG 2 | Applikation für Kunden mit beispielhafter Empfehlung und Merkzettel (inkl. Direktabschluss) Zurücksetzen Empfehlung 1/2 € 1/2 0/2 1/2 1/2 +0 Liquidität Absicherung Vermögen Vorsorge Immobilie Bonus Klassik 0,00 € Statusvorteil p. M. € Noch 1 Baustein bis zum Bronze-Status und 2 € Rabatt im Monat Mehr erfahren Mein Merkzettel Diese Produkte interessieren mich Jederzeit weltweit bargeldlos bezahlen und die Reisevorteile bei VR-MeineReise nutzen Reise & Sicherheit CLASSIC (inkl. klassischer Kreditkarte) Finanzielle Folgen von Missgeschicken ausreichend absichern Haftpflichtversicherung Mein eigenes Hab und Gut vollumfänglich schützen Hausratversicherung Quelle: Simon-Kucher & Partners. Data Analytics als Allheilmittel? Das Motto lautet: „Die richtigen Kunden zur richtigen Zeit mit dem richtigen Thema adressieren, um Abschlusswahrscheinlichkeiten zu erhöhen und Abwanderungen zu verhindern.“ Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, können Data-Analytics-Algorithmen eine Lösung sein. Diese nutzen die Daten von Kunden aus Demografika, Produktnutzung, Abschlussquoten, Zahlungsströmen etc., um sogenannte Next-Best-Action-Empfehlungen zu Themen auszusprechen, die zum jeweiligen Zeitpunkt die höchste Abschlussrelevanz besitzen. Die dahinterliegende Kernidee lautet: Je mehr Daten einfließen, desto besser und präziser werden die Ansätze. Einer der wichtigsten Effekte besteht darin, dass Kreditinstitute sich von der Fokussierung auf den immer gleichen, engen Kundenstamm wegbewegen, hin zu einer breiteren Ansprache jener Kunden, die Bedarf aufweisen. Das aktuelle Dilemma der Banken zeichnet sich dadurch aus, dass eine Vielzahl von Anbietern (u. a. auch zentrale Rechenzentren der Bankengruppen) und Initiativen zu diesem Thema existieren und somit ermittelt werden muss, an welchen Stellen die Ressourcen am besten eingesetzt werden können und welcher Lösung man vertraut. So läuft der Weg zur erfolgreichen Umsetzung und Anwendung von 62 09 | 2022

DIGITALISIERUNG Data- Analytics-Ansätzen in der Praxis nicht immer ohne Stolpersteine. Folgende Hürden sind zu überwinden: Z Z Z Z Z Z 1. Nicht ausgereifte Algorithmen: Die Trefferquote wird zwar erhöht (z. B. 30 Prozent Terminquote statt 15 Prozent), allerdings werden diese Zahlen auch schon mit der oben genannten Mischvariante in Kampagnen erreicht. 2. Zu hohe Kosten pro Lead: Es entstehen hohe Rüstkosten für den Einsatz zuzüglich variabler Kosten – gerade dann, wenn die Trefferquote noch nicht so hoch ist. 3. Zu große Komplexität: Data-Analytics- Impulse als eine Art Black Box sorgen dafür, dass sich Berater selbst nur noch als ausführende Maschine wahrnehmen; interne Widerstände entstehen. 4. Zielsysteme und Algorithmus nicht im Einklang: Es kommt zu Konflikten, da der Algorithmus Produkt A als Thema empfiehlt, der Berater hingegen lieber Produkt B ansprechen möchte, weil das auf der Zielkarte noch nicht erfüllt ist. 5. Integration in mangelhaften Vertriebsprozess: Obwohl der Kunde die richtigen Impulse erhält, kommt es dennoch nicht zum Abschluss, weil die mentalen Hürden auf dem Weg dahin zu hoch sind. Zum Beispiel enthalten klassische Marketingmaterialien oft eine zu große Fülle an Informationen und überfordern die Kunden. Die reine Nutzung von Data Analytics in der Aussteuerung dieser (digital unpassenden) Impulse reicht dann jedoch nicht, um signifikante Erfolge zu erzielen. 6. Vergessene Kundenperspektive: Für den Otto Normalverbraucher sind Bankprodukte in der Regel nicht spannend. Diese grundlegende Hürde muss daher durch Anreize zunächst beiseitegeräumt werden. Hier scheitern viele Banken, da die Frage „Was ist der Vorteil für mich als Kunde, dieses Produkt jetzt abzuschließen?“ oftmals offenbleibt. Der Einsatz von Data Analytics wird außerdem von folgender grundlegenden und aktuell debattierten Frage begleitet: Welche Kundendaten dürfen überhaupt verwendet werden bzw. welche Einverständnisse müssen Verbraucher dafür erteilen? Eine Einschränkung der Algorithmen auf explizit mit dem Kunden vereinbarte Anwendungsfälle würde hier den Data-Analytics-Ansätzen eine zentrale Grundlage entziehen und ihren Mehrwert einschränken. Die Anwendung von Data-Analytics-Methoden bedingt damit ebenfalls die Frage, wie überhaupt die Zustimmung der Kundschaft hinsichtlich des Einsatzes von Data-Analytics-Algorithmen eingeholt werden kann. Die Kompetenz dafür, Zustimmungen von Kunden effektiv einzuholen, ist wiederum eine Fähigkeit, die seit dem BGH-Urteil zur Zustimmungsfiktion in den Banken-AGB ohnehin hohe Bedeutung hat und daher optimiert werden sollte. Hier stellt sich die Frage: Wie funktioniert der Einsatz von Data Analytics besser? Den Schlüssel hierzu bildet die Kombination aus Data Analytics, Verhaltensökonomie (Behavioral Economics [BE]) und smarten Tools als Lösung – kurz: BE Digital. Drei Schritte sind zentral für die Optimierung von Konversion, Kundeninteraktion und Kundenbindung: Relevanz schaffen Der wichtigste Punkt besteht darin, das Interesse der Kundschaft mit dem Ziel der Kampagne übereinzubringen. Der Kunde muss ein Produkt abschließen wollen bzw. der Bank in dieser schnelllebigen Zeit ein Aufmerksamkeitsfenster gewähren. Effektiv dabei sind Nudges (Denkanstöße), um Interessenten in die richtige Richtung zu bewegen. Ein effektives Beispiel ist der Incompleteness-Effekt. Dieser beschreibt den Umstand, dass das Ziel, etwas zu vervollständigen, den Anreiz dazu setzt, dies auch tatsächlich zu tun. Besonders wirkungsvoll zeigt sich der Effekt in Kombination mit dem Goal-Gradient-Effekt – eingebettet in ein Bonus-System, das Kunden Anreize für bestimmte Verhaltensweisen oder Abschlüsse bietet. ÿ 1 Unabhängig vom Produkt wird mithilfe dieser Mechanismen bereits die erste Hürde abgebaut: wenn Kunden über den Abschluss eines Bankprodukts zu lange grübeln. 09 | 2022 63

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