MARKT AKTIENKULTUR IN DEUTSCHLAND Rückenwind gefordert Die unterentwickelte Aktienkultur in Deutschland hat lange Tradition. Sie wird allgemein mit Pauschalargumenten abgetan, dass die Bundesbürger risikoscheu, wenig motivierbar und nachtragend auf Verluste reagierten. Der Vertrauensverlust in Aktien wird der Finanzmarktkrise zugeschrieben, strenge Regulatorik und steuerliche Diskriminierung erschweren den Umgang mit Aktien. Hinzu kommt, dass innerhalb der Großen Koalition die private Vermögensbildung derzeit wenig Rückenwind erfährt. Neue Ansätze sind gefragt. 8 09 // 2018
MARKT Die Performance der Börsen ist langfristig unstrittig gut. Bei einem frühzeitigen Engagement in den deutschen Leitindex DAX ließ sich seit seiner Gründung vor rund dreißig Jahren eine durchschnittliche Rendite von über acht Prozent erzielen. Auch die aktuelle Dividendenrendite von fast drei Prozent liegt deutlich über den Renditen staatlicher Anleihen, Spar- und Termineinlagen. Aktienanlagen müssen deshalb ein wichtiger Baustein bei der Vermögensbildung und Altersvorsorge sein. Angesichts der niedrigen Zinsen reagieren die Anleger weiter ängstlich, konservativ und arglos. Durch die ultralockere Geldpolitik der EZB erfolgt de facto eine Enteignung der deutschen Sparer. Die Deutsche Bundesbank stellte unlängst fest, dass das Spar- und Anlagevermögen der deutschen Haushalte erstmals seit sechs Jahren gesunken ist und real derzeit eine negative Gesamtrendite erzielt wird. 1 In Zahlen bedeutet dies, dass die deutschen Haushalte in diesem Jahr und Folgejahren knappe 45 Mrd. € jährlich an Netto-Zinseinbußen erleiden. 2 Hauptverantwortlich für die negative Entwicklung ist die stark angestiegene Geldentwertung auf über zwei Prozent. Bedenklich ist, dass die Anleger angesichts dieser Entwicklung keinen Handlungsbedarf sehen, ihre Vermögensbildung den veränderten Marktbedingungen anzupassen. Eine große Mehrheit nimmt keine qualifizierte Beratung mit Ziel einer effizienten Umschichtung in Anspruch. 3 Damit sich die Sparer zu erfolgreichen, besonnenen Anlegern weiterentwickeln, ist eine rasche, auf neutraler Ebene erfolgende Aufrüstung der Finanzbildung als gesellschaftliche Herausforderung auf den Weg zu bringen. Bessere Finanzbildung korreliert mit finanziellem Wohlergehen, und die Versorgungsproblematik lässt sich entschärfen. 4 Gleichermaßen würde eine Verbesserung des Finanzwissens zu einer kritischeren Produktselektion führen und die Gefährdung durch unseriöse Angebote aus der Finanzindustrie reduzieren. In die gleiche Richtung stoßen verschiedene Aktivitäten von Banken, Fondsanbietern und Interessenverbänden, wie beispielsweise die „Aktion pro Aktie“ deutscher Direktbanken. Wünschenswert wäre darüber hinaus eine gemeinsame Marktoffensive in Sachen Aktien, übergreifend über alle Bankgruppierungen – umso mehr, als ein Blick in die Statistik eher ernüchternd ausfällt. Ein leichter Anstieg der Zahl der Aktienbesitzer auf gut zehn Mio. Bürger, die 2017 direkt oder über Fonds und ETFs in Aktien engagiert waren, signalisiert zunächst eine Trendwende. 5 ÿ 1 Das moderate Wachstum nach langem Sinkflug und Enttäuschungen führte aber lediglich dazu, das Niveau von vor der Finanzkrise wieder zu erreichen. Im internationalen Vergleich ist Deutschland weit abgeschlagen. Nach wie vor verharrt der Aktienanteil am Geldvermögen mit knapp neun Prozent im Vergleich zu anderen wirtschaftlich führenden Nationen stark untergewichtet. Hinzu kommt, dass nach Monaten des Booms auf den Aktienmärkten 2018 eine Kurskorrektur erfolgte, die den Vorjahresgewinn weitgehend wegschmelzen ließ. So ist zu befürchten, dass sich neu gewonnene Anleger enttäuscht zurückziehen. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: In Aktien investieren mehr Angehörige der Generation 50plus und Gutverdienende, während Einkommensschwächere weiter die Aktienmärkte meiden. Staatliche Fürsorgepflicht der Politik Die Politik steht hier vor großem Handlungsbedarf. Die über Jahrzehnte verfolgte Strategie, die Vermögensbildung und Altersvorsorge den Bausteinen der gesetzlichen Rentenversicherung, den Policen von Lebensversicherungen, Anlagen in festverzinsliche deutsche Staatspapiere und Festgeldern zu überlassen, erweist sich angesichts des langanhaltenden Niedrigzinsumfelds als wenig erfolgreich. Bescheidene Fortschritte sind im Bereich der Riester-Sparpläne zu verzeichnen, wenn sie auch weit hinter den Erwartungen liegen. Die gegenwärtig gut 16 Mio. Verträge haben sich insgesamt als wenig lukrativ erwiesen. Hohe Provisionen verteuern die Produkte, und lediglich die Hälfte der Antragssteller erhält den vollen Fördersatz, was zu einer Renditeschwäche des Produkts führt. Auf den vielfach geäußerten Bedarf nach einem neuen Standardprodukt, das leicht verständlich ist und bessere Renditen garantiert, hat die Große Koalition bislang nicht reagiert. Es bleibt abzuwarten, welchen Start und Stellenwert die von der Bundesregierung eingesetzte Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ einzunehmen vermag. Die vage Zielsetzung der Kommission liegt lediglich darin, Lösungsvorschläge für eine Weiterentwicklung der Altersvorsorge ab 2025 zu erarbeiten. Durch den langfristigen Zeithorizont verstreichen wertvolle Jahre, die für einen Vermögensaufbau mit höherem Aktienanteil nicht zu vertreten sind. Auch die jüngste Garantieerklärung der Großen Koalition, dass bis 2025 das derzeitige Rentenniveau von 48 Prozent gehalten werde – ausschließlich mithilfe von Steuergeldern – darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiter ein dramatischer Anstieg der Altersarmut droht. 09 // 2018 9
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