BERUF & KARRIERE bank-, Auswertungs-, Content- und Kollaborations-Tools bedienen und zwischen den Systemen springen zu können. Gleichzeitig lösen sich alte Silos und Bereichsstrukturen auf. Die Mitarbeiter werden gemeinsam über Unternehmens- und Organisationsgrenzen hinweg arbeiten, denn auch diese kooperativen Arbeitsformen werden an Bedeutung gewinnen. Deshalb muss die vordringlichste Aufgabe für das Personalmanagement sein, die Qualifizierung der Mitarbeiter so zu gestalten, dass auch die heute noch nicht definierbaren künftigen Aufgaben machbar bleiben. Wichtig ist dabei die Einstellung: Jeder Mitarbeiter muss täglich dazu lernen wollen. Beim Thema „Lernen lernen“ gilt es auch, neue Methoden auszuprobieren. Warum nicht im zuliefernden Fachbereich nebenan hospitieren und sein Netzwerk stärken, statt teure Fachseminare zu buchen? Warum nicht Kollegen mit Methodenskills zu einem Workshop bitten und deren Methoden selbst anwenden? Beide Seiten, Unternehmen und Mitarbeiter, müssen Fähigkeiten wie Problemlösungskompetenz, Kreativität, Kommunikationsstärke oder die Fähigkeit zu ganzheitlichem und vernetztem Denken entwickeln – Kompetenzen, mit denen man für viele kommende Problemstellungen und Aufgaben gewappnet ist. Das klingt zunächst klassisch und trocken, es kann aber auch einfach gehen und sogar Spaß machen, wie einige Beispiele aus unserem Arbeitsalltag zeigen: So helfen sich Teams angesichts neuer und schneller Entwicklungen gegenseitig durch sogenannte „Lernfenster“. Das bedeutet Input zu aktuellen Themen, Projekten oder regulatorischen Fragestellungen durch einen Experten aus dem Haus, meist zwischen 15 bis 60 Minuten lang. Wer sein Wissen teilen möchte, meldet sich bei einer „Themenbörse“ an, die alle strategisch relevanten Fragestellungen aufnimmt und Teams einen schnellen Überblick über vermittelbare Wissens-Bausteine gibt. Alle strategisch relevanten Themen können dadurch als Vortrag gebucht werden. Nachbarteams und -abteilungen nehmen gegenseitig an Teambesprechungen teil und halten sich so auf dem Laufenden. Gleichzeitig reduzieren sich so Schnittstellenprobleme auf das Nötigste. Ähnlich wie in Lean-geführten Produktionsunternehmen aktualisieren rund 100 Teams ihren Wissensstand im 15-minütigen morgendlichen „Blitzlicht“, einem Stehmeeting, das allen Teammitgliedern einen kurzen Überblick über alle aktuellen Aufgaben gibt. Der Lean-Management-Gedanke mit der Green- und Blackbelt- Ausbildung bringt zahlreiche Projekte und Untersuchungen hervor, die ihre Methoden gezielt für bereichsübergreifende Fragestellungen oder Schnittstellenanalysen einsetzen und helfen, die richtigen Fragen zu stellen. 76 09 // 2018
BERUF & KARRIERE 4. Keine Angst vor dem permanenten Wandel Das Ermöglichen und Einfordern des lebenslangen, aber auch lebensaltersgerechten Lernens hilft dabei, die Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten. Hierfür muss erstens der Grundsatz gelten, dass alle Mitarbeiter über sämtliche Alters- und Hierarchiegruppen hinweg entwickelt und gefördert werden. Zweitens braucht es die Eigenverantwortung der Mitarbeiter. Kommt beides zusammen, profitieren Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen. Banken, die mit Potenzialförderprogrammen vorsorgen, können viele Führungspositionen mit internen, gut vorbereiteten Nachwuchskräften besetzen. Das entlastet das Unternehmen bei der Suche nach Führungskräften, schafft einen Pool an angehenden Führungskräften, führt zu einer einheitlicheren Kultur der Führung und Zusammenarbeit in volatilen Zeiten und hilft, die Besetzungsdauer vakanter Stellen zu begrenzen. Um schnell und transparent auf geeignete interne Kandidaten zugreifen zu können, empfiehlt sich ein systematisches Aus- und Weiterbildungskonzept. Schwäbisch Hall hat dafür Kompetenzlandkarten aufgelegt. Sie legen fest, welches Berufsbild und welche Stelle welches Mitarbeiterprofil benötigt. Diese Kompetenzlandkarte wird im Jahresgespräch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft abgeglichen. In diesem System sind künftige Kompetenzen schnell integrier- und handhabbar. Mit der klaren Fokussierung auf die Lernfähigkeit wird bereits beim Berufsstart der Mitarbeiter in der klassischen Bankausbildung begonnen. Sie folgt dem Prinzip der Lernprozessbegleitung, bei der sich die Auszubildenden die Lerninhalte weitgehend selbsttätig aneignen und die Ergebnisse ihrer Lerngruppe und ihren Ausbildern – den Lernprozessbegleitern – vorstellen. Diese neuen Auszubildenden-Generationen sind im temporären Projektgeschäft zuhause und schaffen sich auch im eng getakteten Arbeitsalltag Freiraum für interessante Aufgaben. Sie haben keine Angst vor einem permanenten Wandel, eher davor, dass Routine-Arbeiten überhandnehmen. Warum also nicht Auszubildende als Paten für Zukunftsthemen benennen? Warum nicht erfahrene und junge Mitarbeiter gemeinsam als Wissenstandem voneinander lernen lassen? Warum nicht gerade junge Nachwuchskräfte offene Fragestellungen „anbohren“ lassen, bevor sie von Linienabteilungen abgearbeitet werden? Erfolgsbausteine auf dem Weg zur Arbeit 4.0 Aus der Sicht des Personalmanagements ist klar: Leistungsfähige und -willige Mitarbeiter zu gewinnen, sie zu halten und weiterzuentwickeln wird zu dem Erfolgsfaktor der Zukunft werden. Entsprechend stellen sich auch neue Anforderungen an die Personalarbeit. Wir haben bereits vor zehn Jahren begonnen, die demografische Entwicklung aktiv zu „managen“, um uns für die Zukunftsthemen Fachkräftemangel, alternde Belegschaft und lebenslanges Lernen zu wappnen. Die Orientierung an Lebensphasen berücksichtigt alle Episoden des Erwerbslebens vom Ausbildungsstart bis zum Eintritt in den Ruhestand. Entsprechend vielfältig sind die zum Teil seit langem etablierten Bausteine im modernen Personalmanagement. Das bringt beim Weg zur Arbeit 4.0 einen großen Startvorteil. Noch ist dieser Weg nicht in Gänze klar erkennbar. Deshalb gilt die Regel, agil zu bleiben, regelmäßig den Standort zu bestimmen und die Unternehmensziele neu zu justieren. Dabei helfen verschiedene Bausteine, die sich in jeder Unternehmenskultur flexibel ausbauen oder ergänzen lassen: Wissenstandems sorgen für eine strukturierte Weitergabe von Informationen, bevor ein Wissensträger altersbedingt das Unternehmen verlässt. Rechtzeitig, das heißt überlappend, wird ein jüngerer Kollege auf den Job vorbereitet, Wissensträger und -empfänger arbeiten als Team an denselben Aufgaben zusammen. Aufgaben, die viele Mitarbeiter betreffen und die nicht von einem Einzelbereich verantwortet werden, übernehmen sogenannte Netzwerkgruppen. Sie bringen verschiedene Perspektiven ein, erarbeiten eine Lösung und übergeben sie dadurch mit kleinstmöglicher Reibung in die Linienarbeit. Das Gesundheitsmanagement sorgt mit dafür, dass die Mitarbeiter unter den anspruchsvollen Bedingungen der Arbeit 4.0 physisch und psychisch leistungsfähig bleiben. Denn auch hier gilt: Jeder ist für seine Gesundheit (auch) selbst verantwortlich. Der Fokus liegt auf der individuellen Gesunderhaltung jedes Einzelnen („Mensch in Balance“), aber auch auf gesundem Führungsverhalten („Führung in Balance“) und einer gesundheitsfördernden Teamsituation („Team in Balance“). Es bietet daneben konkrete Unterstützung im oder nach einem akuten Krankheitsfall oder in mentalen Krisensituationen. FAZIT Die Antworten auf die Fragen rund um das Arbeiten 4.0 können nicht die alten sein. Aber viele neue Antworten liegen schon vor, andere entstehen durch die Lösung konkreter Themen. Jetzt geht es darum, diese Erkenntnisse in den Unternehmensalltag zu integrieren und die organisatorischen und technischen Voraussetzungen zu schaffen – bei der Lernkultur und bei der Flexibilisierung von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsstrukturen. Die Arbeit 4.0 wird anders aussehen als heute, aber sie wird uns nicht ausgehen. Autorin Claudia Klug ist Generalbevollmächtigte der Bausparkasse und Koordinatorin des Personalmanagements bei Schwäbisch Hall. 09 // 2018 77
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