DIGITALISIERUNG BERUF & KARRIERE Bei einer direkten Monetarisierung bieten sich insbesondere Provisionen an, die bis zu 30 Prozent Umsatzanteil reichen können und somit ein hohes direktes Monetarisierungspotenzial bieten. Die Umsatzanteile können aber auch ganz oder teilweise als Cashbacks an die Endkunden weitergegeben und damit indirekt monetarisiert werden. Nicht zu verwechseln mit Marktplätzen ist der Import von Fremdprodukten auf Open-Banking-Plattformen über API. In der Open-Banking- Welt wird es zu einem Wettbewerb der besten Plattform (Einfachheit, Usability, Funktionsumfang, Angebot eines Marktplatzes etc.) kommen. Es geht darum, die eine Plattform oder Oberfläche für den Kunden zu werden, auf die der Kunde alle seine Finanzprodukte importiert und verwaltet. Das bringt auch Pricing-Implikationen mit sich, die in dem Prinzip „First get reach, then get rich“ zusammengefasst werden können. Hier geht es darum, im Rahmen des Plattform-Wettbewerbs zunächst möglichst viele Kunden auf seine Plattform zu bekommen („get reach“), um dann anschließend den direkten Kundenzugang zu monetarisieren („get rich“), und zwar über Cross-Selling, Ablösung von Fremdprodukten, Verkauf digitaler Premium-Services oder Provisionen im Marktplatz. Insofern ist beim Pricing digitaler Services und Plattformen eine mehrjährige Monetarisierungs-Roadmap wichtiger als ein direktes Pricing gleich zu Beginn. Der Zugang zur Plattform sollte immer frei sein (auch für Nichtkunden), genauso wie der Import von Fremdprodukten und Daten. Der Verkauf von anonymisierten Daten an Dritte ist für etablierte Banken auf absehbare Zeit als Monetarisierungsquelle nicht geeignet. Loyalty Pricing Der Einsatz von Loyalty Pricing ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der Monetarisierung in der Plattform-Ökonomie. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Fremdprodukte, die auf der Open-Banking-Plattform der Bank verwaltet werden, auf das eigene Haus zu übertragen, sowie Bedarfslücken zu schließen, die über digitale Finanz-Checks (Robo Advice) identifiziert werden, wird zukünftig einer der stärksten Ertragstreiber sein. Das Ertragspotenzial dadurch wird auf absehbare Zeit für Banken, die das gesamte Produktsortiment vorhalten, viel bedeutender sein als Erträge aus der reinen Vermittlung von Produkten anderer Banken und Versicherungen auf den Plattformen. Loyalty Pricing ist hier ein wichtiger Treiber. In smarten – an die Open-Banking-Plattformen angedockten – digitalen Kundenprogrammen sehen die Kunden intuitiv ihren Status, ihren aktuellen Versorgungsgrad (unter Berücksichtigung der importierten Fremdprodukte) sowie das weitere Statuspotenzial bei Übertragung der Fremdprodukte auf die eigene Bank. Warum bei vielen Banken jeweils ein „kleiner Kunde“ sein und nicht bei der einen Bank, deren Plattform man nutzt, ein „Gold-Kunde“? Dieser Impuls wird visuell durch Gamification-Effekte unterstützt, sodass Kunden einen spielerischen Anreiz haben, das nächste „Level“ bei Status und Versorgungsgrad zu erreichen. Ein vierfach höheres Cross-Selling ist unter diesen Bedingungen möglich. Während solche Programme früher oft komplex waren, erlaubt die Digitalisierung ihre 54 09 // 2018
DIGITALISIERUNG Abbildung auf einfachste Art und Weise. Die Kundendaten inklusive der Fremdprodukte können von der Bank vorab eingegeben werden. Die Kunden sehen auf einen Blick im Online- oder Mobile Banking, wo sie gerade im Programm stehen und sind mit ein bis zwei Klicks am Ziel. Das Primat der Einfachheit wird also gewahrt. Loyalty Pricing ist außerdem als Schutzmechanismus wichtig. Je mehr Produkte ein Kunde bei einer Bank hat, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass er eine fremde Plattform nutzt und der direkte Kundenkontakt verloren geht. Gleichzeitig sinkt das Risiko von Kundenabwanderung durch höhere Wechselkosten, was wiederum die in der digitalen Welt grundsätzlich gesunkenen Transaktionskosten überkompensiert. Darüber hinaus nimmt die Preiselastizität mit zunehmender Anzahl von Produkten ab, sodass die gestiegene Preistransparenz in der digitalen Welt bei solchen „Vielnutzern“ ohne Auswirkungen bleibt. Das große Problem sind die 20 bis 50 Prozent „Wenignutzer“ mit nur ein bis zwei Kernprodukten bei der Bank. Sie sind in der digitalen Plattformwelt stark abwanderungsgefährdet. Das bringt erhebliche Ertragsrisiken mit sich. Etablierte Banken sollten also jetzt schnell durch smarte digitale Kundenprogramme (inkl. Robo Advice) das Cross Selling verbessern, bevor ihnen andere Banken oder FinTechs vorführen, wie erfolgreiches Cross Selling in der digitalen Welt funktioniert – und zwar bei ihren eigenen Kunden. FAZIT Die Kombination aus steigender Preistransparenz und gleichzeitig sinkenden Wechselkosten in der digitalen Welt ist gefährlich für etablierte Banken. Um Marktanteile profitabel zu halten und Wachstumschancen profitabel zu nutzen, bedarf es einer stärkeren Preisdifferenzierung (angefangen vom Basisangebot mit anschließender Up- / Cross-Selling-Exzellenz), der Nicht-Vergleichbarkeit der Angebote, einem strategischen Pricing neuer digitaler Services (Stichwort „First get reach, then get rich“) sowie digitaler Loyalty-Pricing-Ansätze. Autoren Dr. Christoph Bauer (Hamburg und Kopenhagen) ist Partner in der globalen Banking Division bei Simon-Kucher & Partners und Experte für Pricing, Digital Sales und Behavioral Economics, schwerpunktmäßig in den Bereichen Privat- und Firmenkundengeschäft. Daniel Lang (Frankfurt) ist Manager in der globalen Banking Division bei Simon-Kucher & Partners. Er berät Kunden zu Preis- und Angebotsarchitekturen mit Fokus auf digitale Loyalitätsprogramme. 09 // 2018 55
NR. 9 2018 ZEITSCHRIFT FÜR BANKPOL
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