Aufrufe
vor 5 Jahren

die Bank 09 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT

MANAGEMENT GESCHÄFTSMODELLE Die Wirtschaftsförderer Sie finanzieren Start-ups und Mittelstand, die Wohnungswirtschaft und auch die Infrastruktur. Sie bringen den Umweltschutz voran und pushen Innovationen. Förderbanken betreiben Wirtschaftspolitik mit bankmäßigen Mitteln und ergänzen den Markt dort, wo es notwendig ist. Doch die anhaltende Niedrigzinsphase lässt die Attraktivität von zinssubventionierten Förderprogrammen grundsätzlich sinken. Deshalb haben die Institute weitere Komponenten wie Risikoübernahmen, flexible Tilgungsmöglichkeiten oder lange Laufzeiten in ihr Instrumentarium aufgenommen und kombiniert. Gabriela Pantring kommt viel rum. Zwischen der Landeshauptstadt Düsseldorf und Münster pendelt sie ohnehin zweimal wöchentlich. In beiden Städten ist ihr Arbeitgeber, die NRW.Bank, Deutschlands größte Landesförderbank, zuhause. Aber auch in der nordrhein-westfälischen Provinz schaut die 51-Jährige regelmäßig vorbei. So wie Anfang Mai in Emsdetten-Ochtrup, wo die NRW.Bank der örtlichen Verbundsparkasse ein Globaldarlehen von insgesamt 5 Mio. € zur Förderung von privaten Bauprojekten gewährte. Häuslebauer können sich damit die derzeit historisch niedrigen Zinsen dauerhaft für 30 Jahre sichern. „Unser Ziel ist es, mehr bezahlbaren Wohnraum in NRW zu schaffen“, sagt Pantring, die Ende 2016 als erste Frau in das vierköpfige Vorstandsgremium rückte. Wohnen und Leben sei das wachstumsstärkste Feld der NRW.Bank. In ihrem Job ist die Bankkauffrau dicht dran an den Bedürfnissen des Bundeslandes, in dem sie aufwuchs und in dem sie sich wohl fühlt. Ihre Aufgabe erfüllt die Finanzexpertin denn auch mit Stolz. „Als Förderbank für das Land NRW leisten wir einen wichtigen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.“ Es gehe bei der NRW.Bank nicht vorrangig darum, Gewinne zu erzielen, sondern die wirtschaftlichen Verhältnisse im bevölkerungsreichsten Bundesland zu verbessern. Den Anspruch, wirtschafts-, strukturund gesellschaftspolitische Ziele im Auftrag ihrer Eigentümer umzusetzen, teilt Pantring mit den Kollegen der insgesamt 17 Landesförderinstitute – Bayern leistet sich als einziges Bundesland zwei – sowie zwei Banken auf Bundesebene (KfW und Landwirtschaftliche Rentenbank) und der Europäischen Investitionsbank (EIB). Gemeinsam setzen sie den größten Teil der öffentlichen Förderung in Deutschland um, wollen damit vor allem eine gute Infrastruktur erhalten und ausbauen sowie ein wachstumsförderndes Innovationsklima schaffen. Dabei decken die Geldgeber ein breites Spektrum bankwirtschaftlicher Dienstleistungen ab: Sie gewähren zinsgünstige Darlehen und übernehmen Risiken durch Bürgschaften und Garantien, gehen Beteiligungen ein, bewilligen staatliche Zuschüsse und leiten diese durch, beraten in Förderungs- und Finanzierungsfragen. Weite Teile des Darlehensgeschäfts steuern die Institute im Hausbankprinzip, zumeist über programmgestützte Einzelkredite, teils auch über Globaldarlehen. „Mit allen Banken und Sparkassen arbeiten wir wettbewerbsneutral zusammen“, erklärt Pantring das kollegiale Miteinander von Universal- und Förderbanken. Welche Rolle die einzelnen Instrumente für das Geschäftsmodell spielen, hängt von der Region ab. Bei den großen Playern in NRW, Baden-Württemberg, Bayern oder auch Berlin liegt der Fokus vor allem auf zinssubventionierten Krediten, während bei kleineren Häusern, u. a. in den neuen Bundesländern, nicht rückzahlbare Zuschüsse die größte Rolle spielen. Dank eines exzellenten Ratings infolge von Anstaltslast, Gewährträgerhaftung, expliziter Refinanzierungsgarantie durch den Eigentümer und einer soliden Eigenkapitalbasis können Branchenriesen wie die NRW.Bank am Kapitalmarkt günstig Geld aufnehmen. Je erfolgreicher das Treasury Geld aufnimmt und anlegt, desto stärker profitiert die Wirtschaft. „Wir verfolgen dabei jedoch eine konservative Anlagepolitik. Als haushaltsunabhängige Förderbank brauchen wir stetige Erträge, um die Förderleistung garantieren zu können“, unterstreicht Pantring, die das jährliche Refinanzierungsvolumen auf 9 bis 11 Mrd. € beziffert. Neben dem Kapitalmarkt können die Treasurer die KfW, die Landwirtschaftliche Rentenbank, die Europäische Investitionsbank und die Entwicklungsbank des Europarates anzapfen. Anders als den Marktführern bleibt vielen Branchenzwergen die Refinanzierung via Kapitalmarkt verschlossen, da sie über keine Vollbanklizenz verfügen. Sie fungieren oftmals nur oder überwiegend als „Verteilstelle“, die Zuschüsse durchreicht. Doch wie alle Geschäftsbanken müssen auch die meist als Anstalt des öffentlichen Rechts geführten Institute zahlreiche Herausforderungen meistern: Niedrigzinsen, Regulierung und Digitalisierung stehen ganz oben auf der Liste. Die aktuelle Geldpolitik der EZB geht nicht spurlos an den Förderbanken vorbei. Die anhaltende Niedrigzinsphase lässt die Attraktivität von rein zinssubventionierten Programmen grundsätzlich sinken. Deshalb haben die Banken weitere Komponenten wie Haftungsfreistellungen, flexible Tilgungsmöglichkeiten oder lange Laufzeiten in ihr Instrumentarium aufgenommen und entsprechend kombiniert. Zudem haben sie ihre Beratungskompetenz, beispielsweise für Unternehmer bei Gründungs-, Wachstums- und Investitionsvorhaben, kontinuierlich ausgebaut. 38 09 // 2017

MANAGEMENT Von mehreren Leuchtturmprojekten und Förderprogrammen sollen Signalwirkungen für zahlreiche Folgevorhaben ausgehen. Dabei stehen die Banken den Gründern nicht nur mit Krediten und Rat zur Seite. Sie gehen auch ins Risiko, indem sie sich am Kapital beteiligen und damit die Bilanzstruktur der Start-ups verbessern. So war die Beteiligungsgesellschaft der Investitionsbank Berlin (IBB) im vergangenen Jahr in der Hauptstadt an rund 20 Prozent aller Venture-Capital-Transaktionen mit von der Partie und das, obwohl sie sich nur auf Early-Stage-Finanzierungen konzentriert. In Berlin sind laut Ernst&Young Start-up-Barometer 220 Deals mit einem Volumen von mehr als 1,1 Mrd. € abgewickelt worden, was einem Anteil von 50 Prozent am deutschlandweit investierten Kapital entspricht. Für IBB-Chef Dr. Jürgen Allerkamp ein klarer Beweis dafür, wie lebendig die Szene ist, da Berlin nur vier Prozent zum bundesweiten BIP beisteuert. Besonderes Augenmerk richtet die IBB auf FinTechs, die sich an der Spree offenbar besonders wohl fühlen. Knapp zwei Drittel des in Deutschland in diesem Segment bereitgestellten Venture Capitals entfiel 2016 auf Berlin. Die IBB ist selbst an zwei Unternehmen beteiligt, der fairr.de, einem Anbieter von Altersvorsorgeprodukten, und Getsurance.de, die eine digitale Berufsunfähigkeitsversicherung entwickelt hat. Bis zu 40.000 Arbeitsplätze könnten in den FinTech-Unternehmen in den nächsten zehn Jahren entstehen, haben die Volkswirte der IBB ausgerechnet. Um deren Potenzial zu pushen, stellt die IBB nicht nur Eigenkapital zur Verfügung, sondern auch alle anderen Förderinstrumente. „Wir wollen zudem ein Berliner FinTech-Hub als räumliches und logistisches Zentrum der Szene einrichten, um die Standortbedingungen weiter zu verbessern“, kündigt Allerkamp an. Welchen starken Einfluss die Förderbanken auf die regionale Entwicklung einzelner Bundesländer haben, verdeutlicht sehr gut das Beispiel Brandenburg. Knapp 30 Jahre nach der Wende hat sich die dortige Wirtschaft runderneuert, nicht zuletzt dank der zahlreichen – aktuell 90 – Programme der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) in den Bereichen Wirtschaft, Arbeit, Infrastruktur und Wohnungsbau. Große Staatsbetriebe wurden abgebaut, Wohnungen saniert, Infrastruktur modernisiert und ausgebaut. Seit ihrer Gründung 1992 hat die ILB mehr als 120.000 Vorhaben begleitet und gut 38 Mrd. € zugesagt. „Jeder Fördereuro hat zwei Euro an Investitionen ausgelöst“, unterstreicht Tillmann Stenger, Vorstandsvorsitzender der ILB. Unter anderem seien rund 324.000 Wohneinheiten entstanden oder modernisiert worden. 173.000 neue Ar- 09 // 2017 39

die bank