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die Bank 09 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

Konjunkturzyklen hinweg

Konjunkturzyklen hinweg ab. Für die Analyse von Anleihen ist die Überlebensfähigkeit von Unternehmen in der Rezession oder im Marktstress entscheidend. Renditebringer Infrastrukturkredite Ein bedeutendes Segment des Credit-Markts ist das der Infrastrukturkredite. Die MEAG bearbeitet dieses Segment seit 2015. Als Anleger von Versicherungen ist der Liquiditätsverzicht gut darstellbar, der Risikoausgleich über die Diversifizierung ist wichtig und mit den kalkulierbaren und stetigen Cashflows lassen sich gut Zahlungsverpflichtungen im Kerngeschäft von Munich Re und Ergo abdecken. Munich Re strebt an, in der Gruppe zunächst bis zu 4 Mrd. € in Infrastruktur-Fremdkapital zu investieren. Für die Erreichung dieses Volumens gibt es keinen Termin, es gilt der Grundsatz, Qualität geht vor Quantität. Investiert wird nur, wenn die anspruchsvollen Investitionskriterien auch erfüllt sind. Aktuell hat die MEAG für Munich Re rund 1,5 Mrd. € in diesem Bereich zugesagt. Die MEAG wird die Assetklasse Infrastrukturkredite nun – nach der erfolgreichen Etablierung der Strukturen und Prozesse – auch für institutionelle Kunden öffnen. Das Anlageuniversum der Konzernaktivitäten ist entsprechend der internationalen Spannweite des Erst- und Rückversicherungsgeschäfts global, während das für institutionelle Anleger geplante Produkt Europa und den Euro fokussiert. Die Auswahl der passenden Infrastrukturinvestments ist kritisch für den Erfolg. Das Team Infrastruktur Fremdkapital im Portfoliomanagement prüft zunächst, ob eine Investition belastbar genug ist und die Erträge einen mehr als hinreichenden Ausgleich für die eingegangenen Risiken bieten. In weiteren Schritten werden die Transaktionen in Zusammenarbeit mit den Sponsoren strukturiert, die Verträge verhandelt, eine Bietung abgegeben und bei erfolgreichem Gebot die Investitionen umgesetzt. Für diesen Investmentprozess sind eine umfangreiche Expertise und eine sorgfältige Auseinandersetzung mit allen zusammenhängenden Risiken notwendig. Als assetklassenübergreifender Vermögensmanager von Munich Re verfügt die MEAG über umfangreiches Spezialwissen, das in diesen Investmentprozess miteingebracht werden kann. Verschiedene Branchen und Sektoren können beispielsweise durch die fest eingebundenen Experten auf der Versicherungsseite (Ingenieure, Underwriter etc.) analysiert werden. Fachleute in der Rechtsabteilung unterstützen maßgeblich die vertragliche Ausgestaltung der Investitionen. Der hohe Erfahrungsschatz und die Kompetenz der Akteure im Portfoliomanagement sind notwendige Komponenten, um eine ausgeglichene (Rendite-Risiko) Infrastrukturfinanzierung – unter Berücksichtigung aller Due-Diligence-Aspekte – zu strukturieren. Das interne und funktionsgetrennte Risikomanagement sorgt für eine unabhängige Zweitmeinung. Seit Anfang 2015 hat das Managementteam über 270 Transaktionen einer Erstprüfung unterzogen und 40 Transaktionen in aufwendigen Analyseverfahren weiter evaluiert; 36 Transaktionen davon hielten den anspruchsvollen Kriterien stand, und in 21 resultierenden Bietungsverfahren konnte ein erfolgreicher Abschluss erzielt werden. Die Investitionen „Freeport“ und „South West Trains“ sollen exemplarisch zeigen, vor welchen Herausforderungen Investoren bei der Beurteilung von Infrastrukturinvestitionen stehen. Investitionen in Energie Der US-amerikanische Markt hat sich erst vor kurzer Zeit für Gasexporte geöffnet. Die Gaspreise sind in den USA auch aufgrund der vermehrten Produktion von Schiefergas dort im internationalen Vergleich sehr niedrig, etwa halb so hoch wie in Europa und etwa ein Drittel wie in Asien. Dieser enorme Preisunterschied macht es sehr attraktiv, das in den USA produzierte Gas auch über Kontinente hinweg in die Welt zu verschiffen. Da die Schiefergasproduktion in den USA erst am Anfang steht und dort noch hohe Vorkommen erschlossen werden können, versprechen Investments im Zusammenhang mit Gasexporten nachhaltig erfolgreich zu sein. Bei dem Projekt „Freeport“ handelt es sich um einen Export-Terminal für Flüssiggas (LNG) in Texas, USA. Gas wird über Pipelines zum Terminal geliefert, dort verflüssigt und dann auf spezielle Tankschiffe für den weiteren Transport umgeladen. Derzeit ist die Anlage, die über bis zu vier Verflüssigungsstränge verfügen soll, im Bau und soll nach Fertigstellung über 20 Millionen Kubikmeter an Flüssiggas pro Jahr produzieren. Die Zulieferung von Gas und die Abnahme des Flüssiggases sind bereits mit bonitätsstarken und vertrauenswürdigen Vertragspartnern fest geregelt, sodass ein Investor sich keinen Lieferoder Abnahmerisiken aussetzt. Die wesentlichen Risiken finden sich im Bau und Betrieb der Anlage, die aufgrund der konzerninternen Risikokompetenz als hinreichend überschaubar und akzeptabel angesehen werden können. Die Due Diligence hatte außerdem den Einfluss von Naturkatastrophen zum Gegenstand, da Schäden durch Überschwemmungen oder Hurrikans nicht unwahrscheinlich sind. Solche Einflussgrößen können ein Projekt zeitlich verzögern und auch nach Fertigstellung für längere Zeit für Betriebsunterbrechungen sorgen, bis die Schäden behoben sind. Wichtig ist deshalb, Risiken durch Naturkatastrophen sowie Betriebsunterbrechungen und daraus zu erwartende mögliche Schäden zu berücksichtigen. Investitionen in Transport/Verkehr Die Transaktion umfasst die Erneuerung von Zügen (Triebloks und Waggons) auf einem Streckennetz südlich (South Western Rail Network) von London. Insgesamt werden 750 neue Fahrzeuge über einen Zeitraum von vier Jahren gebaut und sukzessive auf den Strecken eingesetzt. Der Betrieb der Strecken erfolgt über Franchisenehmer für jeweils sieben Jahre. Jeder Franchisenehmer mietet die Züge, um seinem Auftrag nachzukommen. Innerhalb der langfristigen Finanzierung wird das Franchise mehrmals vergeben, und die finanzierte Projektfirma schreibt die Zugflotte neu an Franchisenehmer aus. 28 09 // 2017

1 | Entwicklung der europäischen Credit-Märkte 1400 1348 1200 1175 1215 1000 986 1030 800 786 827 829 600 400 241 323 422 443 426 442 470 470 200 111 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Investment Grade Corporates High Yield Quelle: IHS Markit. Die wesentlichen Risiken bestehen zum einen im Bau der Züge, d. h. werden diese rechtzeitig fertig, sind sie entsprechend zugelassen und stehen zum Einsatz bereit? Passen die gelieferten Spezifikationen, werden sie rechtzeitig geprüft und abgenommen und sind diese für den Fahrbetrieb zugelassen? Zum anderen ist es unabdingbar, dass künftige Franchisenehmer die Züge auch zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen anbieten. Um die wesentlichen Risiken identifizieren und abschätzen zu können, war auch hier eine aufwendige Due Diligence erforderlich. Die Transaktionen/Projekte werden in der Regel durch eine eigens gegründete Projektgesellschaft gebaut und betrieben. Die Projektgesellschaft ist der Rechtsträger, unter dem das Projektgeschäft zusammengefasst ist, abgekoppelt von dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb des Unternehmens. Diese Zweckgesellschaft geht Verträge mit weiteren Unternehmen ein, die die einzelnen Leistungen ausführen. In diesen verpflichten sich die Partner, Konstruktion und Bauarbeiten gemäß dem Konzessionsvertrag zugrunde liegenden Vorgaben auszuführen. Die im Vorfeld der Vergabe vertraglich eingebundenen Baufirmen bilden ein Konsortium, das mit einem verbindlichen Angebot um den Auftrag oder auf die Konzession bietet. Sie sind die sogenannten Equity-Sponsoren in der Projektfirma und statten diese mit Eigenkapital aus. Enge Zusammenarbeit in der Gruppe Entscheidend für erfolgreiche Investitionen ist die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmensgruppe. In vielen Fragen der Technik, der technischen Begutachtung oder der Evaluierung der Wahrscheinlichkeit von Naturkatastrophen wird auf die Expertise von Spezialisten zurückgegriffen. Ebenfalls entscheidend ist die Unterstützung durch eine zweite Meinung (Second Opinion) aus dem funktionsgetrennten Back-office der MEAG. Im Mittelpunkt der Erstellung einer Zweitmeinung stehen die Einschätzung von Risiken, die Angemessenheit des geplanten Kaufpreises sowie ggf. resultierende Abschreibungsrisiken. Dabei wird auch auf spezielle Software wie z. B. ein Ratingsystem zurückgegriffen. Für die potenziellen Investments werden alle bewertungsrelevanten Aspekte und Risiken entsprechend den jeweiligen Geschäftsplänen und Finanzmodellen beurteilt. Neben einem Basisszenario werden auch Risiko-Szenarien berechnet. So lassen sich das Ausmaß von Risiken und deren Bedeutung für das Investment ermitteln, bei Windparks z. B. die Antwort auf die Frage, wie stark der Wind im Mittel bläst und wie sehr Abweichungen davon die Werthaltigkeit des Investments beeinflussen. FAZIT Etwa zweieinhalb Jahre nach dem Start in die Assetklasse Infrastrukturkredite steht für die MEAG nun der nächste große Schritt an. Der Regelbetrieb hat mittlerweile einen Reifegrad erreicht, der es erlaubt, die aufgebaute und eingeübte Kompetenz im Geschäft mit institutionellen Anlegern zu nutzen. Investoren können langfristige und nachhaltig stabile Renditen gut gebrauchen. Parallel hat die Risikokompetenz zugenommen, und aufgrund des tiefen Einblicks in die Projekte können die Risiken auf einem gut kalkulierbaren Niveau gehalten werden. Bei zugesagten Mitteln von 1,5 Mrd. € lässt sich festhalten: In der Bündelung relevanter Kompetenzen und der engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit in der Gruppe liegt der gegenwärtige, aber auch künftige Erfolg. Autor: Philipp Waldstein ist Geschäftsführer der MEAG. 09 // 2017 29

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