ó BERUF & KARRIERE groß ist, so wie in der IT-Branche beispielsweise. „Wenn es eine deutliche Verknappung gibt, kommen die Unternehmen ins Handeln“, stellt Personalberater Pape fest. Während sich in vielen Großunternehmen die Räder eher langsam drehen, seien Mittelständler, die stärker über ihre Attraktivität als Arbeitgeber nachdenken müssen, oftmals pfiffiger und stellen sich eher auf die Bedürfnisse älterer Mitarbeiter ein, etwa beim Thema flexible Arbeitszeitmodelle oder individuelle Pensionsregeln. Wunsch nach flexiblen Übergang Viele ältere Mitarbeiter wollen noch lange nicht mit dem Arbeiten aufhören. Das zeigen auch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage unter 1.000 Personen im Auftrag des Versicherungskonzerns Aegon. Auf der Zielgraden seines Erwerbslebens wünscht sich jeder zweite Arbeitnehmer ab 55 Jahren mehr Zeit und einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Hierzulande bietet aber nur jeder dritte Arbeitgeber flexible Modelle an, die dem Wunsch der Arbeitnehmer nachkommen, ihre Arbeitszeit schrittweise zu reduzieren und dafür nach dem Renteneintrittsalter weiterarbeiten zu können. Zwischen den Wünschen der Arbeitnehmer und den Erwartungen der Arbeitgeber herrscht allerdings eine große Diskrepanz (siehe Info-Kasten). An den Lebensphasen orientierte Konzepte werden in der Personalentwicklung noch nicht ausreichend analysiert und umgesetzt, beobachtet Mona Schöffler. Die Demografie-Beraterin plädiert dafür, gemeinsam mit dem Mitarbeiter individuelle Lösungen auszuhandeln. Das kann das Modell der Lebensarbeitszeitkonten sein, auf denen Arbeitnehmer Arbeitszeit oder Gehalt ansparen können. Auch haben viele Mitarbeiter den Wunsch, sich stärker der Familienarbeit oder ehrenamtlichen Aufgaben zu widmen. Die Experten sind sich einig: In den Firmen wird vielfach versäumt, die zweite Phase des Erwerbslebens systematisch zu planen. Schöffler empfiehlt, möglichst frühzeitig die Übergangsphase, die rund zehn Jahre vor dem Renteneintritt beginnen sollte, mit dem Mitarbeiter zu besprechen – und zwar möglichst nicht „zwischen Tür und Angel“, sondern im Rahmen eines eigens hierfür geplanten Mitarbeitergesprächs. Es geht darum zu klären, welche persönlichen Ziele und Erwartungen der Mitarbeiter hat, welche Karrieremöglichkeiten infrage kommen und wie ihn das Unternehmen dabei unterstützen kann. „Mitarbeiter haben oftmals sehr klare Vorstellungen davon, welche Aufgaben sie übernehmen und wo sie Prioritäten setzen wollen.“ Wichtig ist, dass Personalverantwortliche den Prozess anstoßen und mit den Mitarbeitern gemeinsam einen Plan entwickeln, der die Stärken des Einzelnen und die individuellen Lebensumstände berücksichtigt. Personalberater Pape hat die Erfahrung gemacht: „Wenn man älteren Mitarbeitern eine Perspektive gibt, fühlen sie sich wertgeschätzt. Auch steht für viele Mitarbeiter in dieser Lebensphase die sinnvolle Aufgabe und nicht so sehr das Gehalt im Vordergrund.“ Ältere gehören nicht „zum alten Eisen“ Ein Unternehmen mit Weitblick in diesem Punkt ist die ING- DiBa. Die Direktbank legt Wert auf eine altersgerechte Personalpolitik. Vor zehn Jahren, als das Programm „Azubi 50+“ gestartet wurde, lag der Fachkräftemangel noch weit in der Ferne. Damals gab es noch ausreichend qualifizierte Bewerber. Die ursprüngliche Idee war, Ältere zu rekrutieren, um einen guten Altersmix in den Teams zu schaffen. „Auch trugen ältere Kunden den Wunsch an uns heran, von eher gleichaltrigen Ansprechpartnern bedient werden zu wollen“, nennt Dieter Dötsch, Leiter Nachwuchsprogramme, die Beweggründe für die Einführung des Programms. Im Zug des Wachstums auf heute 3.700 Mitarbeiter bei gleichzeitig schrumpfender Bewerberzahl werden Ältere durch Stellenanzeigen in Print-Medien oder auf Jobmessen gezielt angesprochen und ermutigt, sich zu bewerben. Insgesamt haben bisher rund 60 Azubis an drei Standorten in Deutschland das Programm durchlaufen. Dieses Jahr gehen sechs weitere am Nürnberger Standort an den Start. In Abhängigkeit von dem Standort kann entweder eine Ausbildung zum Bankassistenten für den Bereich Immobilienfinanzierung oder für den Bereich Kundendialog absolviert werden. Die Ausbildung für diese Zielgruppe läuft über ein Jahr, knüpft an das Vorwissen sowie Berufs- und Lebenserfahrungen an und wird mit einer IHK-Prüfung abgeschlossen. Neben der praktischen Ausbildung gehen diese Auszubildenden nicht wie ihre jüngeren Kollegen in die Berufsschule, sondern werden über einen privaten Bildungsträger im Blockund Teilzeitunterricht gesondert geschult. So können die Lerninhalte auf diese Zielgruppe zugeschnitten und auf ihre Bedürfnisse stärker eingegangen werden. Dötsch: „Auch bei unseren Schulungen im Betrieb stellen wir fest, dass die Azubis sehr wissbegierig sind. Sie stellen viele Fragen, auch weil sie keine Fehler machen wollen.“ Beeindruckt ist er von der hohen Lern-und Leistungsbereitschaft der Best Ager: „Wer in diesem Alter noch eine Chance für einen Wiedereinstieg bekommt, legt eine andere Grundmotivation an den Tag.“ Zwar sei bei den technischen Kompetenzen ein gewisser Nachholbedarf im Vergleich zu den jüngeren Azubis festzustellen, doch ergänzen sich die technikaffinen Jungen und die lebenserfahrenen Älteren gut. Lebenserfahrung bereichert Unternehmenskultur Auch die BBBank steht vor der Herausforderung, qualifizierte Bewerber für ihre Ausbildung zu gewinnen. Seit 2012 bietet sie 74 diebank 09.2016
BERUF & KARRIERE ó daher das Ausbildungsprogramm „Zeit für Veränderung“ an, das sich an Menschen in der zweiten Lebenshälfte richtet. Gewonnen werden sollen Auszubildende, die mit entwickelter Persönlichkeit und Lebenserfahrung die Unternehmenskultur bereichern. „Wir haben insbesondere gute Erfahrungen mit Menschen gemacht, die nach einer längeren Familienpause den Wiedereinstieg in den Beruf suchen. Sie sind engagiert, verantwortungsbewusst und zuverlässig und fühlen sich sehr mit unserem Unternehmen verbunden“, sagt Martin Heiler, Teamleiter Ausbildung. Wie die jungen Azubis absolvieren auch die Älteren eine vollumfängliche Ausbildung zur Bankkauffrau / -mann mit IHK-Abschluss. Einziger Unterschied: Die Ausbildung ist auf zwei Jahre angelegt, während sie bei den Jüngeren auch drei Jahre dauern kann. Sowohl in der praktischen Ausbildung als auch in der Berufsschule lernen jüngere und ältere Azubis gemeinsam. Die Idee dabei: Die Azubis sollen generationsübergreifend in den Dialog kommen und voneinander profitieren. Seit 2012 starten in verschiedenen Geschäftsgebieten der Bank jährlich durchschnittlich sechs ältere Azubis. Bisher haben in allen Jahrgängen die Absolventen ihre Prüfungen überdurchschnittlich abgeschlossen und arbeiten heute in unterschiedlichen Funktionen. Wie bei allen Absolventen stehen nach der Ausbildung unterschiedliche Karrieremöglichkeiten, zum Beispiel zum Spezialisten, offen. Alt und Jung lernen gemeinsam – geht das gut? Zurück zur Ausbildung: Zur Förderung der generationsübergreifenden Zusammenarbeit werden Lerngruppen gebildet. Darüber hinaus unterstützt ein Mentoringprogramm während der Ausbildungszeit (ein Azubi aus dem zweiten oder dritten Lehrjahr ist Mentor für einen Azubi aus dem ersten Lehrjahr). Dabei kann es vorkommen, dass ein 20-Jähriger einen 50-Jährigen begleitet – kann das funktionieren? Heiler: „Ja, auch wenn das vielleicht überrascht. Wir haben gelernt, dass trotz manchmal vorkommender Berührungsängste das gemeinsame Ziel im Fokus steht. Eventuell vorhandene Vorbehalte werden hierdurch sehr schnell ausgeräumt. Im Vordergrund steht das Lernen voneinander.“ Ein weiterer Aspekt ist für die Organisation dieser Ausbildung wichtig, nämlich die anderen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Heiler: „Eine alleinerziehende Mutter hat eine größere Herausforderung, an einer mehrtägigen Schulung mit Übernachtung teilzunehmen. Für solche Fälle müssen wir individuelle Lösungen finden.“ Schulungen finden bei der Genossenschaftsbank ohnehin nicht nur im Klassenraum statt. Auch durch andere Formate wie Web Based Trainings und Webinare werden Inhalte vermittelt. Das schult nebenbei auch die digitale Kompetenz. Heiler: „Die generationenübergreifende Zusammenarbeit hat sich bewährt. Das zeigen nicht nur die positiven Rückmeldungen von Kunden, Mitarbeitern und Führungskräften.“ Auch die Fluktuation ist bei den älteren Azubis äußerst gering: „Bei der Loyalität schwingt sicherlich auch ein Stück Dankbarkeit mit, dass sie eine gute berufliche Chance bekommen haben.“ Grundsätzlich bieten sich aber für alle Partner Chancen. Die Bank profitiert von einer höheren Mitarbeiterbindung und kann mit gut ausgebildetem eigenen Personal vakante Stellen besetzen. Fazit Ältere Mitarbeiter verfügen über viel Erfahrungswissen, Lebensreife und ausgeprägte soziale Kompetenzen. Daher gilt es, die Leistungsfähigkeit optimal zu erhalten, zu fördern und einzusetzen. Unternehmen tun gut daran, auch in die Personalentwicklung der Zielgruppe jenseits des 50. Lebensjahrs zu investieren. ó Ältere wollen Übergänge óó Ein Großteil der Arbeitgeber (über 60 Prozent) geht davon aus, dass zwei Drittel der Beschäftigten auch weiterhin voll erwerbstätig bis zum Eintritt des Rentenalters arbeiten wollen. Allerdings bietet nur ein kleiner Prozentsatz Maßnahmen an, um die Erwerbstätigkeitsphase älterer Beschäftigter zu verlängern. óó 56 Prozent der Arbeitnehmer wünschen sich Maßnahmen von ihrem Arbeitgeber, die es ihnen erleichtern würden, bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter oder sogar darüber hinaus tätig zu sein. óó 57 Prozent der Arbeitgeber sehen einen Mehrwert darin, sich mit der Übergangsgestaltung zwischen Erwerbstätigkeit und Ruhestand zu befassen. Als Mehrwert werden der Wissenstransfer zwischen Alt und Jung, das bessere Image des Unternehmens und der Fachkräftemangel genannt. óó Drei Viertel der Beschäftigten würden die aufgrund von Arbeitszeitreduzierung gewonnene Zeit im Alter zum Wohl der Familie reduzieren. óó 34 Prozent würden ein ehrenamtliches Engagement beginnen oder weiter ausbauen wollen. Quelle: Beruf und Familie GmbH, Unternehmens- und Beschäftigten-Umfrage unter je 500 Arbeitgebern und -nehmern. 09.2016 diebank 75
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