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die bank 09 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Globaler

ó BANKING Globaler Margendruck: Digitalisierung als Chance PRICING Der Margendruck in der Bankenbranche hat in den letzten acht Jahren kontinuierlich zugenommen. Volumen und Marktanteilsziele treten dabei zunehmend in den Hintergrund. Nicht selten sind Banken mittlerweile offen bereit, Kunden zu verlieren, wenn dadurch die absolute Profitabilität ansteigt. Eine seit 2008 regelmäßig weltweit durchgeführte Studie zum Thema Pricing, für die bislang über 10.000 Manager verschiedener Industrien zum aktuellen Preismanagement befragt wurden, gibt neue Einblicke. Jens Baumgarten | Christoph Bauer | Benjamin Wellstein Keywords: Preisdruck, Innovation Die neueste Ausführung der Global Pricing Study bestätigt einen eindeutigen Trend: 81 Prozent der befragten Banken geben an, einem höheren Margendruck als zuvor ausgesetzt zu sein. In der letzten Umfrage, die 2014 durchgeführt wurde, lag dieser Wert noch bei 73 Prozent. Weiter antworteten 41 Prozent der Befragten, ihre Margen im letzten Jahr nicht verbessert zu haben. Außerdem sehen heute 68 Prozent ihre Branche in einem Preiskrieg. 1 Warum spitzt sich die Situation so zu? Die Befragten sehen neben dem Niedrigzinsumfeld vor allem fünf Ursachen für den gestiegenen Margendruck ” 1. Es gibt eine immer stärker werdende Konkurrenz durch (digitale) Niedrigpreis- Anbieter (wie z. B. Number26), die Preistransparenz für den Endkunden steigt durch Regularien wie PSD II, MiFID II oder Immobilienkreditrichtlinie weiter an, Kosten durch neue regulatorische Anforderungen schlagen immer mehr zu Buche und die Verhandlungsmacht der Endkunden nimmt zu. Darüber hinaus sind die angebotenen Produkte oftmals nicht genügend differenziert und die Wechselbarrieren gering. Die Kernursachen wurden mit der letzten Studie sowie den Antworten aus den anderen Branchen verglichen. Gegenüber 2014 sticht vor allem ein Anstieg bei der Niedrigpreis-Konkurrenz heraus. 2 Aufgrund eines Anstiegs um 23 Prozentpunkte gegenüber 2014 landet die Niedrigpreiskonkurrenz dieses Jahr auf Platz 1 der Ur sachen steigenden Margendrucks. Dies ist nicht überraschend. Aktuell wird die Bankbranche ganz besonders von experimentierfreudigen volldigitalen Anbietern „durchgerüttelt“. Diese konzentrieren sich oft auf einzelne Produktfelder und gehen mit aggressiven Angeboten auf Kundenfang, um schnell an Größe und damit Unternehmenswert zu gewinnen. Preistransparenz für Endkunden wird mit 51 Prozent der Nennungen als zweite Ursache des zunehmenden Margendrucks genannt. Das ist der Höchstwert im Branchenvergleich. Die steigende Preistransparenz resultiert dabei ebenfalls aus der Digitalisierung der Branche. Beispielsweise wirbt das Online-Vergleichsportal Check24 damit, dass über das Portal abgeschlossene Darlehensverträge im Schnitt um 38 Prozent geringere Zinskosten aufweisen als der bundesweite Durchschnitt. 3 An dritter Stelle werden schließlich regulatorische Anforderungen durch die Politik und Bankenaufsicht angeführt. Nur in der Pharma- und Biotechbranche wird dieser Grund noch häufiger genannt. In einzelnen Großbanken werden aktuell über 30 Projekte parallel zu regulatorischen Themen durchgeführt. In mittleren und kleineren In stituten werden mitunter bis zu 10 Prozent der Beschäftigten für regulatorische Aufgaben eingesetzt. Wie können Banken der Margenfalle entgehen, die sich mit steigender Regulatorik auf der Kostenseite und aggressiven digitalen Wettbewerbern sowie preissensibilisierten Kunden auf der Vertriebsseite immer stärker zur Zwickmühle entwickelt? Innovationen als Ausweg scheitern zu oft Ein nachhaltiger Ausweg aus der Margenfalle ist die Flucht nach vorn durch Innovationen. Es gilt, Produkte, Services, Prozesse und Vertriebsmodelle so zu verändern, dass Kunden den Mehrwert ihrer Bank erkennen und auch bereit sind, dafür angemessene Preise zu zahlen. Besonders wichtig ist dies im Provisionsgeschäft, da das weiter anhaltende Niedrigzinsumfeld auch langfristig auf die Zinsüberschüsse der Banken drücken wird. Bislang scheint dieser Weg aber für die befragten Banken nicht einfach zu sein: 28 diebank 09.2016

BANKING ó Im Schnitt erreichen gerade einmal 46 Prozen aller Produkt einführungen der Banken ihre vorab gesteckten Umsatz- und Gewinnziele. Eine wichtige Ursache scheint zu sein, dass nur ca. jeder 14. der befragten Banker das Thema „Preissetzung“ zeitlich vor und während des Produktdesigns beachtet. Hier bietet sich ein enormes Verbesserungspotenzial für die Branche. Denn die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass es wesentlich erfolgreicher geht. Bei Banken, die sowohl vor als auch während des Produktdesigns die Preissetzung berücksichtigen, steigt die Erfolgsquote auf 58 Prozent. In der besten Dienstleistungsbranche wird durch diese Maßnahme die Erfolgsquote sogar von 24 Prozent auf 66 Prozent gesteigert ” 2. Durch eine intelligente und frühzeitige Definition von Pricing-Strategien, Preismodellen und an der Zahlungsbereitschaft des Kunden ausgerichteten Preishöhen sind hier signifikante Mehrerträge und bessere Margen möglich. Wird das Produkt gewissermaßen „ausgehend vom Preis“ entwickelt, können das volle Marktpotenzial (Volumen) und das volle Preispotenzial (Marge/Profitabilität) einer Innovation ausgeschöpft werden. Digitalisierung unterschätzt Vor dem Hintergrund der zentralen Bedeutung digitaler Innovationskraft für die Bankenbranche wurden in der Studie dieses Jahr umfassend Fragen zur Digitalisierung gestellt. Es ist nicht verwunderlich, dass die Banken fast unisono erkannt haben, dass die Digitalisierung für ihr Geschäftsmodell in höchstem Maß relevant ist. Überraschend ist allerdings, mit welcher Haltung die Entscheidungsträger diesem Thema gegenübertreten. 37 Prozent der Befragten sehen in der Digitalisierung ein Risiko. Das ist der zweithöchste Wert im Branchenvergleich und zeigt, wie groß die Skepsis in der Branche ist. Die verbleibenden 63 Prozent im Lager derer, die „Digitalisierung als Chance“ begreifen, legen das Hauptaugenmerk auf die Ansprache und Bedienung neuer Kunden, weniger auf die Transformation von Geschäftsmodellen. Die Digitalisierungsbefürworter sehen 1 Ursachen für den erhöhten Margendruck bei Banken Niedrigpreis-Wettbewerb Höhere Preistransparenz Regulatorischer Druck (Preise von Politik beeinflusst) Starke Verhandlungsposition von Kunden Angebotene Produkte sind nicht genügend differenziert Preissenkungen sind ein industrieller Trend Erreichen von Marktanteilund Volumenvorgaben Andere 16 % 15 % 21 % 38 % 35 % 35 % 51 % die Chance, zusätzliche Kunden über digitale Kanäle zu erreichen, den Anteil des Online Sales zu erhöhen und das personalisierte Marketing bzw. Pricing auszuweiten. Somit überrascht, dass wichti- Anteil der Befragten 2016* vs. Studie 2014 56 % vs. Studien-Ø 2016 * Mehrfachnennungen möglich; Studie 2016: n = 2.186, davon 307 in Banking & Financial Services; Studie 2014: n = 1.615, davon 168 in Banking & Financial Services. 2 Effekt von Pricing in der Produktentwicklung (Ø Erfolgsquote) Banking Best Weder vor noch während des Produktdesigns +18% 40% 24% 58% +42% Vor und während des Produktdesigns Studie 2016: n = 307 in Banking & Financial Services und n = 88 in Transport & Logistik. Weiteres Ergebnis: Nur ca. jeder 14. Banker integriert Pricing in den Innovationsprozess 66% 09.2016 diebank 29

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