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die bank 09 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó FINANZMARKT Mehr Finanzstabilität dank verbesserter Aufsicht REGULIERUNGSWELLE Die Schweizer Aufsichtsbehörden fordern von den Großbanken im Land Kapitalquoten, die über Basel III hinausgehen. Für die UBS und die Credit Suisse bedeutet das, sie werden weiter Kapital aufbauen müssen, um die nationalen „Too big to fail“-Kapitalanforderungen für global systemrelevante Banken in der Schweiz (TBTF 2) zu erfüllen. Das trifft auch für die Leverage Ratio zu. Wenngleich sich diese Kennziffer verbessert hat, liegen die Werte weiterhin unter dem Durchschnitt global tätiger Geschäftsbanken. Karl-Heinz Goedeckemeyer Keywords: Ausland, Bankenaufsicht, Finanzwirtschaft Der Entscheid des Bundesrats, die Schweizer „Too-big to-fail“-Gesetzgebung weiterzuentwickeln, war ein wichtiger Meilenstein zur Stärkung der finanziellen Stabilität des Finanzsystems. Als erstes Land weltweit hatte die Schweiz 2012 verbindliche Vorgaben zur Verlusttrag- und Rekapitalisierungsfähigkeit ihrer Großbanken für den Sanierungs- und Abwicklungsfall beschlossen. Die systemrelevanten Banken UBS und Credit sollten dabei ausreichend Kapital vorhalten, um Verluste aus laufender Geschäftstätigkeit decken zu können (Going-Concern-Anforderung). Gemäß dem Finanzstabilitätsbericht der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erfüllen die beiden Großbanken bereits heute fast alle Anforderungen der bisherigen „Too big to fail“-Regulierung (TBTF 1), wie sie im Fall einer vollständigen Umsetzung ab Anfang 2019 gelten würden. Da die Anforderungen an die Verlusttragfähigkeit im vergangenen Jahr spürbar erhöht wurden, ist diese Regulierung als TBTF 2 revidiert worden. Trotzdem besteht noch Handlungsbedarf, was insbesondere auf die Leverage-Ratio-Anforderungen und die sogenannten Gone-Concern-Instrumente zutrifft. Letztere dienen dazu, eine Bank bei drohender Insolvenz ohne staatliche Unterstützung zu rekapitalisieren. Da die Institute im internationalen Vergleich relativ zur Volkswirtschaft jedoch besonders groß sind, muss ihre Widerstandskraft aus zwei Gründen gestärkt werden: Zunächst, weil ihr Verlustpotenzial relativ zu ihrer Kapitalausstattung substanziell ist; außerdem hätten sich die Leverage Ratios der beiden Banken im internationalen Vergleich zwar verbessert, lägen aber weiterhin unter dem Durchschnitt global tätiger Geschäfts- bzw. Investmentbanken, erläuterte SNB-Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg unlängst in einem Mediengespräch. Aufgrund der aufsichtlichen Vorgaben haben UBS und Credit Suisse ihre Kapital- und Verschuldungsquoten in den vergangenen Jahren spürbar verbessert. Gleichwohl hieß es im Finanzstabilitätsbericht der SNB, dass beide Institute weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um die ab 2019 geltenden Kapitalanforderungen für die Leverage Ratio zu erfüllen. Auch müssen die Großbanken die Anforderungen im Fall einer Abwicklung besser erfüllen. Im Hinblick auf die Anforderungen der vorhandenen Bestände an Kapital und verlusttragenden Verbindlichkeiten hat die SNB betont, dass die beiden Banken je etwa 10 Mrd. CHF in Form von AT 1 (High Trigger CoCo-Bonds) und zusätzlichen verlusttragenden Verbindlichkeiten von etwa 20 bis 25 Mrd. CHF aufnehmen oder bestehende Verbindlichkeiten durch verlusttragende Verbindlichkeiten in dieser Größenordnung ersetzen müssen, um diese Standards zu erfüllen. Bis zum Jahr 2019 wird von den Großbanken eine risikogewichtete Kernkapitalquote von 14,3 Prozent erwartet, davon müssen 10 Prozent aus CET 1-Kapital bestehen, 4,3 Prozent dürfen durch Pflichtwandelanleihen mit hohem Wandlungsfaktor (HT CoCos) gebildet werden. Bereits emittierte CoCos können je nach Kapitalart bis maximal 2019 oder bis zum Verfall oder zur Rückzahlung angerechnet werden (sogenanntes Grandfathering). Das Kernkapital dient dazu, Verluste aus laufender Geschäftstätigkeit zu decken. Zudem müssen die Banken zusätzliches Kapital in der Form verlusttragender Verbindlichkeiten für die Sanierung oder geordnete Abwicklung vorhalten. Das gesamte verlusttragende Kapital muss mindestens 28,6 Prozent betragen. Die Leverage Ratio muss bei 5 Prozent (Going Concern) beziehungsweise bei 10 Pro zent (Gone Concern) liegen, bestehend aus einer Minimalanforderung von 3 Prozent sowie einem Puffer von 2 Prozent – zuzüglich weiteren 5 Prozent für die Abwicklung im Krisenfall. Die Leverage-Ratio-Anforderungen können mit 20 diebank 09.2016

FINANZMARKT ó maximal 1,5 Prozent HT-CoCos von Tier- 1-Qualität erfüllt werden, der Rest mit hartem Kernkapital (CET 1). Die Höhe der neuen Eigenmittelanforderungen basiert auf einem internationalen Vergleich und berücksichtigt historische Verlustwerte, das Risikoprofil der Großbanken sowie deren Bedeutung für die Schweizer Volkswirtschaft. 1 Nicht zuletzt der Blick auf die CET 1-Ratios gemäß Basel III zeigt, dass UBS und Credit Suisse im Vergleich zu den internationalen Anforderungen und den Kapitalquoten anderer Banken vergleichsweise gut kapitalisiert sind. Unter Basel III müssen die Schweizer Großbanken ab 2019 CET 1-Kapital im Umfang von insgesamt 8,5 Prozent (Credit Suisse) bzw. 8,0 Prozent (UBS) ihrer Risikogewichteten Aktiva (RWA) halten. Diese Anforderung setzt sich zusammen aus dem Minimum von 4,5 Prozent, dem Kapitalerhaltungspuffer von 2,5 Prozent und dem Zuschlag für global systemrelevante Banken. Dagegen liegen die Verschuldungsquoten bei den Eidgenossen unter dem Durchschnitt. Während vergleichbare europäische Großbanken bereits im vergangen Jahr Leverage Ratios oberhalb von fünf Prozent auswiesen, lag die Verschuldungsquoten der UBS gemäß den Basel III-Tier1-Anforderungen im ersten Quartal bei 4,1 Prozent, die der Credit Suisse bei 4,4 Prozent, also jeweils unterhalb der TBTF 2-Zielgröße von 5,0 Prozent für 2019 / 2020. Per 31. März 2016 haben beide Großbanken ihre risikogewichteten TBTF-Kapitalquoten im Vergleich zum ersten Quartal 2015 erhöht und erfüllen die ab 2019 einzuhaltenden „Look-through“-Anforderungen. Gemessen am Gesamtkapital stiegen die risikogewichteten TBTF 1-Quoten auf 17,5 Prozent (CS) bzw. 22,7 Prozent (UBS). Die UBS erfüllt somit auch bereits die ab 2019 geltenden risikogewichteten Gesamtkapitalanforderungen, während Credit Suisse noch knapp darunter liegt. Kapital- und Verschuldungsratios blieben im 2. Quartal stabil Die Credit Suisse konnte sich durch eine Reduzierung ihrer Kapitalquote insbesondere im Bereich Global Markets und der Abwicklungseinheit im zweiten Quartal auf Basis der endgültig anzuwendenden Regelungen (look-through) auf 11,8 Prozent verbessern. Für das Gesamtjahr geht die Bank von einer CET 1-Ratio auf Look-through- Basis von 11 bis 12 Prozent aus. Auch die UBS konnte ihre gute Kapitalposition beibehalten mit einer CET 1- Ratio (fully loaded) von 14,2 Prozent Ende Juni 2016 (zum Vergleich: Deutsche Bank im Q2 bei 10,8 Prozent). Für 2016 und 2017 rechnet die UBS mit einem Anstieg der Risikoaktiva von insgesamt etwa 11 Mrd. CHF aufgrund von regulatorischen Anpassungen. International liegt der Minimalstandard nach Basel III hingegen bei einer Leverage Ratio von 3 Prozent. In Großbritannien werden zwischen 4 und 5 Prozent gefordert. Die US Bank J.P. Morgan beispielsweise veröffentlichte in ihrem Bericht zum zweiten Quartal 2016 eine Leverage Ratio von 6,6 Prozent und lag damit komfortabel über dem Mindestwert. US-Banken mit einer Bilanzsumme jenseits von 700 Mrd. US-$ müssen ab 2018 eine Quote von mindestens 5 Prozent erfüllen. Für die acht G-SIBs in den USA wird sogar eine „enhanced SLR“ diskutiert, die auf Holding-Ebene 6 Prozent vorsieht. Schweizer Banken punkten mit geringeren Risiken Die SNB hat in ihren Finanzstabilitätsberichten mehrmals auf die geringen Risiko- Niveaus der Großbanken insbesondere im internationalen Vergleich hingewiesen. Die Nationalbank geht davon aus, dass sich die RWA-Levels vor dem Hintergrund der Basel III-Maßnahmen erhöhen können. Ferner sollte sich die regulatorische Visibilität zum Ende 2016 verbessern, wenn das Basel-Komitee eventuell neue Leverage-Ratio-Anforderungen bekannt gibt. Warum die Risikogewichte der Schweizer Großbanken im internationalen Vergleich geringere Risiken offenbaren, ist selbst für die Notenbank nicht eindeutig nachvollziehbar. Vieles deutet darauf hin, dass die Kreditbücher der Banken risikoärmer sind. Um die Risiken besser beurteilen zu können, müssten die Offenlegungspflichten (Disclosure) und die Transparenz in Bezug auf die RWA verbessert werden. Auf internationaler Ebene wiesen die größten US-Banken ihre Risk-weighted Assets gemäß dem Modell- und dem Standardansatz aus. Auf nationaler Ebene hat die FINMA die Banken bereits im Jahr 2015 dazu aufgefordert, die Unterschiede zwischen den Berechnungen nach dem Modellansatz und jenen nach dem Standardansatz offenzulegen. Die Offenlegung der RWA gemäß Standardansatz würde einen Richtwert für die modellbasierten RWA liefern und den Vergleich zwischen den Banken vereinfachen. 2 Fazit Nach Bekunden der Schweizer Nationalbank sollten die Großbanken in ihren Bemühungen zur Stärkung der Widerstandskraft nicht nachlassen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Leverage Ratio. Um die höheren nationalen Anforderungen insbesondere bezüglich der Leverage Ratio zu erfüllen, müssen beide Banken noch weiteres Tier 1-Kapital aufnehmen. Festzuhalten ist, dass diese Kennzahl bereits vor Inkrafttreten der Mindestanforderungen zu einer steuerungsrelevanten Kennzahl für Banken in der EU und auch weltweit sein wird. Insbesondere Banken mit einem hohen Anteil von Investment-Banking-Aktivitäten dürften von der Leverage Ratio stärker betroffen sein. ó 1 FINMA, Eidgenössische Finanzaufsicht, Oktober 2015. 2 Schweizerische Nationalbank, Finanzstabilitätsbericht 2015. 09.2016 diebank 21

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