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die bank 09 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION davon auszugehen, dass es sich hierbei – je nach Größe der jeweiligen Bank – um ein langwieriges und investitionsintensives Verfahren handelt. Die Umsetzung notwendiger Anpassungen erfordert, neben dem Aufbau entsprechender technologischer Kompetenzen, auch die Ausbildung korrespondierender Fähigkeiten bei den betroffenen Vertriebsmitarbeitern. Besonderes Augenmerk sollte auf der Gestaltung der On- und Offline-Kanäle und deren Zusammenspiel liegen. Es ist zu erwarten, dass der Trend zu einer geringeren Bedeutung physischer Interaktionen auch den Vertrieb von Finanzdienstleistungen beeinflussen wird. Die Folge wird eine weitere Straffung der Filialnetze sein, die nach unserer Einschätzung in den nächsten fünf Jahren in der Größenordnung von 20 Prozent und mehr liegen wird. Ziel muss es sein, neue Möglichkeiten zur Interaktion mit Kunden und zur Beibehaltung einer ergebnisorientierten Kontaktfrequenz zu erschließen. Zu erwarten ist ein Anstieg von reinen Online-Filialen, die keine physische Interaktion mehr anbieten. Die Herausforderung wird sein, das Kundenerlebnis in diesen Online-Filialen nicht wesentlich von der Qualität des bisherigen physischen Kontakts in der Filiale abweichen zu lassen. Im Zukunftsbild des kundenzentrierten Multikanalvertriebs stehen alle Vertriebskanäle gleichberechtigt nebeneinander, wobei Kunden in jeder Phase des Vertriebsprozesses selbstständig entscheiden, welchen Kanal sie für ihr jeweiliges Anliegen nutzen wollen. Dies umfasst auch die situative Entscheidung, neben oder ergänzend zum bekannten persönlichen Ansprechpartner flexibel und über die angebotenen Vertriebskanäle hinweg Finanzdienstleistungen nachzufragen. Fünf zentrale Stellhebel für den Bankvertrieb der Zukunft Die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden Veränderungen in den Kundenanforderungen sind keine vorrübergehenden Erscheinungen, sondern werden den Vertrieb nachhaltig verändern. Die dargestellten Herausforderungen müssen systematisch analysiert und mit einem konsequenten Kundenfokus angegangen werden. Für Banken ist es unumgänglich, sich mit den Stellhebeln eines kundenzentrierten Multikanalvertriebs intensiv auseinanderzusetzen. Nur so können die strategischen und operativen Voraussetzungen geschaffen werden, um zukünftigen Herausforderungen adäquat zu begegnen und idealerweise dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein ” 1. Stellhebel 1: Integrierte Multikanalstrategie Ein zentraler Stellhebel für den zukünftigen Erfolg im Vertrieb von Finanzdienstleistungen ist eine kundenzentrierte und integrierte Multikanalstrategie. Im Gegensatz zu den heutigen, voneinander weitgehend unabhängigen „Silostrategien“ für einzelne Vertriebskanäle positioniert eine solche Strategie die verschiedenen Kanäle gleichberechtigt zueinander und stellt den Kunden in den Mittelpunkt der Betrachtung (Customer Centricity). Eine integrierte Multikanalstrategie stellt sicher, dass alle Vertriebskanäle situationsgerecht, kombinierbar und wertschöpfend – sowohl für den Kunden als auch für die Bank – eingesetzt sowie kundenindividuelle Kanalpräferenzen berücksichtigt werden. Ebenso sorgt sie für eine Begrenzung der möglichen gegenseitigen „Kannibalisierung“ der Vertriebskanäle. Auf diese Weise trägt sie dazu bei, die Ausrichtung der Vertriebskanäle zu optimieren und positive Kundenerlebnisse wie in anderen Branchen, z. B. der Konsumgüter- oder Automobilindustrie, zu schaffen. Speziell im Bereich Konsumentenkredite wird bereits versucht, diesen Anforderungen mit einem vernetzten Multikanal- System zu begegnen, bei dem die Vertriebskanäle Filialen, Internet, Absatzfinanzierung und Partnerbanken miteinander verbunden werden. So sollen Synergien geschaffen und Kunden alle möglichen Zugangswege zum Kreditabschluss geöffnet werden. 2 Stellhebel 2: Kundenorientierte Steuerung mit hoher Kosten- und Ertragstransparenz Die traditionellen, „siloartig“ entwickelten Vertriebskanäle sind bislang zumeist auf die Anforderungen des jeweiligen Vertriebsbereichs ausgerichtet. Die Vertriebssteuerung hat folglich überwiegend den einzelnen Berater und weniger den jeweiligen Kunden in den Mittelpunkt gestellt. Diese Steuerungsmechanismen müssen aufgebrochen und die internen Strukturen der Banken an das veränderte Kundenverhalten angepasst werden. Für den Gesamterfolg der Bank muss die Vertriebssteuerung zukünftig so ausgerichtet werden, dass es für einen Berater grundsätzlich unerheblich ist, über welche Vertriebskanäle „seine“ Kunden ihre Finanzdienstleistungen beziehen. Der Berater der Zukunft trägt die Gesamtverantwortung für die ihm zugeordneten Kunden und bedient dabei alle Vertriebskanäle in gleichem Maße: Der jeweilige Kunde „gehört“ dabei der Bank, nicht einem einzelnen Berater bzw. Vertriebskanal. Hierfür muss die Vertriebssteuerung der Zukunft entsprechende Steuerungsmechanismen bzw. -anreize entwickeln, die kundenzentrierte Kennzahlen in den Mittelpunkt stellen. Wichtige Voraussetzung hierfür ist die Transparenz über Erträge und Kosten in den einzelnen Vertriebskanälen. Insbesondere indirekte Vertriebskosten gilt es eindeutig und transparent den einzelnen Kanälen zuzuordnen. Hier sind besonders die Universalbanken gefragt, für die die Steuerung ihres Kundengeschäfts immer mehr zur Herausforderung wird. Spezialisierte Wettbewerber aus dem FinTech-Umfeld mit klar umrissenen Leistungsversprechen drängen etab- 56 diebank 9.2015

IT & KOMMUNIKATION ó fl Für Banken ist es unumgänglich, sich mit den Stellhebeln eines kundenzentrierten Multikanalvertriebs intensiv auseinanderzusetzen. Nur so können die strategischen und operativen Voraussetzungen geschaffen werden, um zukünftigen Herausforderungen adäquat zu begegnen. lierte Marktteilnehmer zu einer eindeutigen Positionierung. Universalbanken mit ihrer breiten Angebotspalette sind gefordert, einen klaren Kundennutzen zu formulieren, glaubhaft zu kommunizieren und die kundenorientierte Steuerung als zentralen Aspekt zu etablieren. 3 Stellhebel 3: Anschlussfähige Prozessarchitekturen entlang der Customer Journey Viele Kunden sind bereits heute hybrid und wollen über den gesamten Vertriebsprozess – von der Informationsbeschaffung über die Beratung bis zum Vertragsabschluss – den für ihre Kaufentscheidung jeweils optimalen und situativ passenden Vertriebskanal nutzen. Daraus resultiert eine immer stärker situationsbezogene Kombination und Nutzung unterschiedlicher Vertriebskanäle während eines einzigen Geschäftsvorfalls. Hieraus ergeben sich steigende Anforderungen an die Prozessarchitekturen in den einzelnen Vertriebskanälen. Prozesse müssen optimiert und aufeinander abgestimmt sowie Potenziale für eine weitere Automatisierung gehoben werden. Nur ein aus Kundensicht nahtloser Übergang zwischen den einzelnen Vertriebskanälen erfüllt die veränderten Kundenerwartungen, erhöht die Kundenzufriedenheit und stärkt nachhaltig die Kundenbindung. Im Bereich der Genossenschaftsbanken zeichnet sich bei einigen führenden Häusern die sukzessive Entwicklung hin zu einer kundenzentrierten Multikanalbank ab. Die optimale Vernetzung aller Kanäle entlang der Customer Journey, die alle Funktionsbereiche einer Bank berührt, muss sich jedoch auch in deren Prozessarchitektur widerspiegeln. Stellhebel 4: Modulare Produktarchitekturen Die immer stärker situationsbezogene Kombination und Nutzung unterschiedlicher Vertriebskanäle erfordert in logischer Konsequenz eine auf das Kundenverhalten abgestimmte Produktentwicklung: Finanzdienstleistungen müssen so entwickelt werden, dass sie kanalunabhängig vertrieben werden können. Idealerweise bestehen Finanzdienstleistungen – ähnlich dem „Plattformprinzip“ in der Automobilindustrie – aus einer einheitlichen Basisleistung sowie kanalspezifischen Zusatzleistungen. Diese „Module“ sollten dabei so einfach wie möglich gestaltet werden, da Komplexität einen erfolgreichen kanalübergreifenden Einsatz der Finanzdienstleistungen erschwert. „Simplicity“ als Gestaltungsprinzip der Produktarchitektur ist eine wichtige Voraussetzung, um Potenziale durch steigendes Onlineabschlussverhalten erfolgreich erschließen zu können. Gegenwärtig werden von Banken kaum echte innovative, modulare Produkte angeboten. Der Fokus liegt vor allem auf klassischen Produkten, die über „traditionelle“ Vertriebswege angeboten werden. Die neuen Vertriebskanäle werden jedoch durch die Digitalisierung stark beeinflusst und auch das „Ankerprodukt“ Konto wird eine Revolution erleben (z. B. durch verstärkten Einsatz von Videolegitimation). 4 9.2015 diebank 57

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