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die bank 09 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Kredite mit

ó BANKING Kredite mit gutem Gewissen NACHHALTIGKEIT Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) überdenkt derzeit ihre Richtlinien und Prinzipien, mit denen sie nachhaltige Entwicklungen in der Welt fördern möchte. Zusätzlich geben die aktuellen Diskussionen um die Equator Principles Association Governance Rules Anlass, die Kreditvergabe als ein mögliches Einflussmittel nachhaltiger Entwicklungen auf Länder- und Unternehmensebene zu beleuchten. Ein wesentlicher Ausgangspunkt dieses Beitrags ist die Überlegung, dass Kreditentscheidungen ihrem Wesen nach Vertrauensentscheidungen sind. Georg Rupf | Martin Schnauss Keywords: Kreditvergabe, ESG-Kriterien, CSR Angesichts von Umweltverschmutzungen in Asien, den wirtschaftlichen Problemen in Griechenland oder der immer drängenderen Flüchtlingsproblematik stellt sich die Frage, ob nicht die entwickelten europäischen Staaten mit ihrer Kreditpolitik mehr positiven Einfluss auf andere Länder mit schwächeren Wirtschaftssystemen ausüben könnten. Vielfach wird diskutiert, ob Kreditvergaben nicht stärker an Forderungen auch im Sinne von Nachhaltigkeit gebunden werden sollten. Vor diesem Hintergrund hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die ECG 2008 „Principles and Guidelines to Promote Sustainable Lending Practices in the Provision of Official Export Credits to Low Income Countries“ herausgegeben, die derzeit auf Grundlage der gemachten Erfahrungen überarbeitet werden. Mit diesen Prinzipien und Richtlinien wird u. a. beabsichtigt, Standards für eine Kreditvergabepolitik zu formulieren, die den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt der Schuldnerländer fördern, ohne deren finanzielle Zukunft und langfristige Entwicklung zu gefährden. Im Allgemeinen umfasst dies drei Zieldimensionen: die ökologische, ökonomische und soziale. 1 Das Ziel einer nachhaltigen Kreditvergabepolitik besteht demnach nicht nur darin, Volkswirtschaften und Unternehmen ökonomisch zu fördern, sondern vielmehr sollten diese auch nachhaltige Verbesserungen des Lebensstandards der Gesellschaft und den Erhalt der Umwelt umfassen. Die Vergabe der Kredite sollte es dem Schuldner ermöglichen, sowohl positive Gewinne zu erwirtschaften als auch die mit der Produktion verbundenen Kosten und Umweltbelastungen zu senken. Ergänzend dazu gilt es, die Transparenz der Wirtschaftssysteme zu erhöhen. Jedoch zeigt die jüngste Vergangenheit, wie schwierig es ist, in einer Welt Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu formulieren, in der es zunehmend um die Sicherung von Rohstoffen oder politischem Einfluss geht. So haben China und die USA gegensätzliche Auffassungen darüber, was Sozialpolitik bedeutet, und selbst die USA und Deutschland haben größte Schwierigkeiten, sich auf Fragen der Umweltpolitik zu einigen. Bei einer telefonischen Befragung von OECD-Vertretern nach dem Umsetzungsstand der Prinzipien und Richtlinien zur Unterstützung der Vergabe von nachhaltigen Krediten an Niedriglohnländer im Mai 2015 reagierten die Verantwortlichen enttäuscht. Gemäss ihrer Aussagen herrscht derzeit ein problematisches wirtschaftliches Umfeld für eine umweltorientierte Kreditpolitik. Wie realistisch wäre es, die ohnehin schon harten Sparanforderungen an Länder wie Griechenland und Spanien noch an zusätzliche Auflagen zu binden? Hier geht es zunächst einmal vorrangig darum, Vertrauen zu festigen bzw. neues Vertrauen aufzubauen. Der Name Kredit stammt ursprünglich vom lateinischen Wort credere, zu deutsch „glauben“, ab. Werden nachhaltige Kredite vergeben, muss darauf vertraut werden, dass die Bedingungen der Kreditvergabe eingehalten werden. Leider sind die jüngsten Entwicklungen von Vertrauensverlusten gekennzeichnet. Vertrauen als zentrales Element Eine bedeutsame Grundlage für die Kreditvergabe an einen Wirtschaftspartner ist Vertrauen. Denn Kreditgeber haben nach der Vergabe des Kredits nur eingeschränkte, vorher festgelegte Mitspracherechte. Welchen Einfluss haben also Vertrauensverluste auf die Kreditvergabe? Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, mit der einem Kreditnehmer vertraut werden kann. Es lässt sich nachweisen, dass insbesondere Vertrauensverluste gegenüber Partnern, welchen zuvor sehr stark vertraut wurde, gravierende Konsequenzen haben. 2 Diesem Ansatz entsprechend gilt: Sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass einem Vertragspartner vertraut werden kann, um nur zwei Prozent, muss sich das Verhältnis zwischen Gewinn und Verlust von Transaktionen mindestens verdreifachen, 30 diebank 9.2015

BANKING ó 1 Erforderliches Gewinn-Verlust-Verhältnis Gewinn-Verlust-Verhältnis 250 % 200 % 150 % 100 % 50 % 0 % um dieses vor dem Hintergrund des Vertrauensverlusts zu rechtfertigen. Sinkt die Wahrscheinlichkeit jedoch um zehn Prozent, muss sich das Verhältnis zwischen Gewinn und Verlust gar verdreizehnfachen, um eine Vertrauensentscheidung wirtschaftlich zu begründen ” 1. Diese Überlegungen verdeutlichen, warum man sich seit der Finanzkrise sehr schwer damit tut, vertrauensvolle wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen und Kontrollinstrumente aus der Hand zu geben. Erschwert wird dies durch die Verhandlungen der Eurozone rund um die Griechenland-Problematik. Investoren und Kreditinstituten fällt es nicht leicht, mögliche Kontrollinstrumente durch relativ abstrakt formulierte Kreditvorgaben zu ersetzen. Sie tendieren dazu, den Mangel an klaren Vorgaben zu beklagen. Es werden also – bedingt durch Vertrauensverlust – die Komplexität sowie die Kosten von Kreditentscheidungen wesentlich erhöht, was oftmals zu zeitlichen Verzögerungen führt oder eine Kreditvergabe gar verhindert. 3 Als Konsequenz kontrollieren Banken und Investoren ihre Projekte und Investitionen lieber selbst oder investieren in klar umrissene nachhaltige Projekte. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb die Forderung nach einer ökologisch sinnvollen Entwicklung immer auch mit derjenigen nach Transparenz sowie sozialen und ökonomischen Entwicklungen verbunden ist. Eine von Vertrauen geprägte Welt reagiert also sehr sensibel auf Vertrauensverlust. Viele Geschäfte und Transaktionen, die unter hohem Vertrauen sinnvoll erschienen, werden nach einem Vertrauensverlust nur noch schwer durchführbar. Dies macht sich auch in einer veränderten Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bemerkbar. Deshalb ist es für potenzielle Kreditnehmer wichtig, Vertrauen zu bilden. Das heißt z. B. eine hohe Rechtssicherheit durchzusetzen, Garantien von starken Partnern anzustreben oder Allianzen beizutreten. Es ist volkswirtschaftlich bedeutsam, Vertrauen zu schaffen, zu erhalten oder zu steigern, um damit die Finanzierung nachhaltiger Projekte zu begünstigen. Somit ist es auch eine zentrale politische Aufgabe. Deshalb sind hart geführte politische Diskussionen, welche zu Vertrauensverlusten führen, schon für sich allein schädlich für die Wirtschaft und auch für Kreditvergaben zur Förderung nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklungen. Es ist demzufolge nicht verwunderlich, dass Investoren derzeit eher nachhaltig in konkrete Projekte investieren wollen, als vertrauensvoll in der Funktion eines Kreditgebers auf das nachhaltige Handeln ihrer Schuldner zu hoffen. Auch lässt sich schlussfolgern, dass sich weniger komplexe und einfacher zu kontrollierende Wirtschaftseinheiten besser über nachhaltige Kredite fördern lassen. Dies belegt auch eine Studie unter institutionellen Investoren. 4 Die Untersuchung ergab zunächst, dass die institutionellen Investoren besser als früher das Konzept des verantwortlichen Investierens umsetzen. Befragt wurden 165 langfristig orientierte Investoren (Pensionsfonds, Versicherer, Pensionskassen u. a.) in zwölf Ländern, die mehr als 5 Bio. € verwaltetes Vermögen repräsentieren. Die Studie belegt zudem, dass das Management von Risiken immer mehr zu einer bedeutsamen Motivation von Investoren wird, Aspekte der Umwelt, des Sozialen und der guten Unternehmensführung – die sogenannten ESG-Aspekte – zu berücksichtigen. Von den befragten Investoren kombinieren rund 60 Prozent mehrere nachhaltige Anlagestrategien, wie die Auswahl von Emittenten auf Basis von ESG-Kriterien oder den Ausschluss einzelner Titel aus Risikogründen, um stärkeren Druck auf das Verhalten von Aktien- und Anleihen-Emittenten auszuüben. Auf diese Weise sucht sich das Geld, welches für nachhaltige Investitionen bereitsteht, auch ohne Kreditvergaben einen Weg, um zumeist konkrete Projekte zu fördern. Environment-Social-Governance-Kriterien sind allerdings nur sehr allgemein formuliert. Aus diesem Grund sind konkrete Festlegungen, wie sie jedoch in Kreditverträgen erforderlich sind, nur schwer bestimmbar und dementsprechend schwer kontrollierbar. Kontrolle ist je- 0.99 0.97 0,95 0.93 0.91 0.89 0.87 0.85 0.83 0.81 0.79 0.77 0.75 0.73 0.71 Vertrauenswahrscheinlichkeit 9.2015 diebank 31

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