DIGITALISIERUNG DER WEG ZUR TRANSFORMATION EIN DREIKLANG KOMPLEMENTÄRER KOMPETENZEN Die Definitionen von digitaler Transformation sind so mannigfaltig wie die zugehörigen Themenstellungen – und eben diese manifestieren sich innerhalb eines breiten Spektrums. Dieses reicht vom Release-Wechsel des Kernbankensystems und dem Training von selbstlernenden Kreditentscheidungs-Algorithmen bis hin zu Cloud-Migrationen. Man könnte auch schlicht die Debatte hinzuzählen, wie nun nach Coronabedingtem Homeoffice wieder mehr Präsenz in einigen Banken gefördert werden kann. 62 08 | 2022
DIGITALISIERUNG Die digitale Transformation ist mit einer Flut von Anforderungen verbunden, die mehr als nur eindimensionale Antworten erfordern. Immerhin kommen hier strategische und regulatorische Anforderungen, technologischer Fortschritt und wachsende Ansprüche von Kunden und Mitarbeitern zu einem komplexen, sich gegenseitig verstärkenden Geflecht zusammen. So geht es am Ende um die übergeordnete Frage, wie „die Metamorphose von der Raupe zum Schmetterling gelingen kann und nicht nur eine schnellere Raupe geschaffen wird“, so George Westerman, der sich an der MIT Sloan School of Management in den USA mit Führungskompetenzen und digitaler Innovation beschäftigt. Nachfolgend sollen einige Beispiele, als persönliche Perspektive aus der Praxis, veranschaulichen, dass es bei digitaler Transformation vor allem um den Dreiklang aus adäquater Zielsetzung, pragmatischer Realisierung und menschlicher Beziehungsebene geht. Sorgfalt bei der Ableitung eines digitalen Ziels Digitale Transformation findet zuallererst in der Anwendung statt. Sie erfordert Mut, neue Ansätze auszuprobieren. Das impliziert auch, lieber mal einen schnellen Projektabbruch und Kostenverluste zu akzeptieren, anstatt zu lange zu zaudern. Dennoch sollte immer eine konsistente Digitalstrategie mit messbarer Zielsetzung die Leitplanke bilden, um keine Digitalisierung um ihrer selbst willen zu betreiben. Es geht also um die inhaltliche Zugkraft und Kreativität, doch hier insbesondere in Bezug auf Opportunitäten und Bedrohungspotenziale für Kunden- und Produktsegmente. Dabei scheinen die Ansätze Top-Down und Frontto-End erfolgsversprechend zu sein. Denn häufig können manche Experten zwar den sprichwörtlichen Wald, der vor lauter Buzz- Word-Bäumen nur so strotzt, gut sehen, aber keinen klaren Pfad oder Weggabelungen aufzeigen. Zu Top-Down: Die Helikopter-Perspektive auf eben diesen Wald und eine Kartographier- Übung können Teams dabei helfen, Wirkungszusammenhänge und wiederkehrende Muster besser zu greifen. So ist man beispielsweise bei der Transformation von Kreditabläufen häufig mit Dutzenden heterogenen und institutseigenen Prozessen konfrontiert. Hier macht es wenig Sinn, für jeden Kunden individuelle Lösungen auszuarbeiten und bereits bestehende operative Risiken oder redundante Arbeitsschritte stumpf in eine digitale Welt zu transferieren. In solchen Situationen kann den Protagonisten das bewährte Blatt Papier oder das Whiteboard helfen. Transparenz und ein gemeinsames Verständnis hinsichtlich zentraler Arbeitsschritte, Verantwortlichkeiten, Schnittstellen und bereits teilautomatisierter Formate offenbaren nun grundlegende Schwachstellen, aber auch Muster – und eben diese strategische Reduktion von Komplexität erlaubt erfahrungsgemäß, viele Einzelprozesse auf einige wenige im Zielbild zu verdichten, Hypothesen für Digitalisierungsansätze zu entwickeln und eine Top-Team-Ausrichtung zu erreichen. Nur zur Klarheit: Es sollen keine obsoleten, monolithischen Fachkonzepte propagiert werden, die niemals am Anfang einer digitalen Transformation stehen können. Agile, Minimal-Viable-Product (MVP) -Ansätze, in denen ausgewählte Prozesse, auch als Proof of Concept, in kurzen Iterationen und Sprints zwischen Fachbereichen und Digitalteams nach allen Regeln der Kunst entwickelt werden, haben sich zu Recht durchgesetzt. Doch die strategische Roadmap zur Skalierbarkeit sollte direkt als Rahmen, nicht als Alternative zu MVPs, mitgedacht werden. Was nutzt mir ein erfolgreiches MVP, wenn es sich kaum auf andere Prozesse übertragen lässt und keinen Mehrwert generiert? Zum Thema Front-to-end und insbesondere dem Bereich Client Centricity ist bereits viel gesagt und geschrieben worden. Natürlich müssen der Nutzen für den Kunden und das User-Erlebnis im Vordergrund stehen, in der gesamten Prozesskette ihren Niederschlag finden und mess- bzw. steuerbar sein. Doch sollte man auch zwei wichtige Aspekte festhalten: 1. Das, was die Organisation zu wissen glaubt, welche digitale Weiterentwicklung dem Kunden wirklich hilft, kann stark von der Realität abweichen. 2. Es gibt auch relevante Non-Customer Clients. Hier hört man von renommierten Organisationen, in denen schwerfällige interne Workflows nicht nur zum Politikum werden, sondern auch die Transformation blockieren. Eine übergeordnete Perspektive und ein zielgerichteter Pfad, der alle Stakeholder adressiert und nicht nur zwischen ihnen hin und 08 | 2022 63
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