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die bank 08 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT für

MANAGEMENT für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft („EU temporary framework“) sowie einzelne beihilferechtliche Notifizierungen. Zu unterscheiden ist bei den Unterstützungsmaßnahmen zwischen direkten und entsprechend haushaltsrelevanten Ausgaben des Staats (beispielsweise in Form von Steuererleichterungen, Kurzarbeitergeld oder Zuschüssen) auf der einen Seite und der staatlich garantierten Bereitstellung von Kapital für Unternehmen auf der anderen Seite (v. a. durch Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), aber auch des Wirtschaftsstabilisierungsfonds). Letztere führen nur im Fall eines Ausfalls zur Belastung des Haushalts, im regulären Fall einer Tilgung gleichwohl zu Gewinnen der Förderbanken bzw. zu Einnahmen des Staats. Das Volumen der addierten Unterstützungen belief sich auf rund 205 Mrd. € bzw. 6 Prozent des BIP. Hiervon fallen über 130 Mrd. € bzw. knapp 4 Prozent des BIP in die Kategorie der nicht-rückzahlbaren Ausgaben, 70 Mrd. € bzw. 2 Prozent des BIP unter die rückzahlbaren Ausgaben. Breite fiskalische Konjunkturmaßnahmen aufgrund guter Haushaltslage Die fiskalischen Konjunkturmaßnahmen in der Mehrzahl der EU-Länder waren deutlich umfangreicher als die kontrazyklischen Fiskalpakete während der Finanz- und Staatsschuldenkrise ab 2008. Staatliche Ausgaben zur Unterstützung von Firmen sowie zur Sicherung von Beschäftigung (Kurzarbeit) dominierten. Allgemein waren die fiskalpolitischen Maßnahmen in der Krise homogener als während der Finanzkrise. Entscheidend ist: Die gute finanzpolitische Ausgangssituation in Deutschland hat mit dazu beigetragen, dass die massiven Hilfsprogramme zu keiner zusätzlichen Verunsicherung an den Finanzmärkten geführt haben. Für die gesamtwirtschaftliche Stabilisierung haben sich die günstigen Regelungen für das Kurzarbeitergeld als besonders hilfreich erwiesen. Rückwirkend zum 1. März 2020 erleichterte die Bundesregierung den Zugang zum Kurzarbeitergeld, wodurch mindestens 60 Prozent des Nettogehalts von der Bundesagentur für Arbeit (BA) finanziert wurden. Schätzungen zufolge konnten dadurch über zwei Millionen Arbeitsplätze gesichert werden, ähnliche Modelle wurden im europäischen Ausland übernommen. Gleichwohl sollte auch künftig sorgfältig darauf geachtet werden, dass das Kurzarbeitergeld lediglich ein befristetes Überbrückungsinstrument darstellt. Gerade im Zusammenhang mit dem strukturellen Wandel und demografisch bedingten Änderungen auf dem Arbeitsmarkt (z. B. Arbeitskräftemangel) könnte eine zu lange Nutzung des Kurzarbeitergelds überholte Strukturen zementieren und die wirtschaftliche Erholung und Weiterentwicklung behindern. Zusätzlich wurde mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht von März 2020 bis Mai 2021 denjenigen Unternehmen, die unverschuldet in Schwierigkeiten geraten waren, ermöglicht, weiter am Markt zu bleiben. Wichtig war, dass auch dieses Instrument von Anfang an zeitlich eng begrenzt war und erst mit der zweiten und dritten Infektionswelle verlängert wurde. Dieses Instrument ist ebenfalls nur als kurzfristige Überbrückung in einer konjunkturellen Krise zu empfehlen, die auf exogene Schocks zurückzuführen ist. Gezielte Liquiditätshilfen für Unternehmen Im Mittelpunkt der deutschen Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen stand das sogenannte Konjunkturprogramm mit unterschiedlichen Instrumenten. Hierzu zählte primär das gemeinsam vom Bund, der KfW und den Finanzierungspartnern konzipierte und in den ersten Wochen mit hoher Dynamik stetig verfeinerte KfW-Sonderprogramm 2020. Dieses Programm ermöglichte es, Unternehmen mithilfe des Durchleitprinzips über die Hausbank schnell mit zinsgünstigen Krediten zu versorgen, – vorausgesetzt diese erfüllten bestimmte Bedingungen (u. a. kein Unternehmen in Schwierigkeiten vor 2020, Beschränkung von Gewinnund Dividendenausschüttung). Neben der Schnelligkeit und Flexibilität sorgte insbesondere die anteilige – bzw. im Fall des Schnellkredits sogar 100-prozentige – Übernahme der Kreditrisiken durch die KfW bzw. mittelbar den Bund für eine breite Unterstützung. Auch wenn schon ab August 2020 die Nachfrage deutlich zurückging, konnten in gut zwei Jahren (März 2020 bis Juni 2022) über 160.000 Anträge mit einem Volumen von knapp 60 Mrd. € zugesagt bzw. ausgezahlt werden. Die privaten Banken hatten hierbei einen bedeutsamen Anteil. Durch sie wurde jeder sechste Antrag sowie über ein Drittel des gesamten Fördervolumens durchgeleitet. Auch jeder dritte Schnellkredit lief über die privaten Geschäftsbanken. 28 08 | 2022

MANAGEMENT Enge Kooperation entscheidend für präzise Ausgestaltung der Förderung Durch eine von Beginn an sehr konstruktive und zielorientierte Zusammenarbeit zwischen Politik, Förder- und Hausbanken konnte so kurzfristig ein passgenaues Programm bereitgestellt werden, das insbesondere aufgrund der digitalisierten und standardisierten Antragstellung sowie der erheblichen Prozessvereinfachung im Vergleich zu bisherigen Verfahren bei (anteilig) haftungsfreigestellten Förderprogrammen nach kürzester Zeit starten konnte. Voraussetzung für dieses schnelle Agieren waren sowohl die über viele Jahre gewachsene Partnerschaft zwischen den privaten Hausbanken und der KfW als auch die etablierten Vertriebsstrukturen der Banken und deren langjährig gewachsenen Beziehungen zu ihren Unternehmenskunden. So war eine schnelle und zielsichere Beratung möglich – gerade auch bei häufig wiederkehrenden wichtigen Auslegungsfragen (z. B. im Zusammenhang mit „Unternehmen in Schwierigkeiten“, der „banküblichen Besicherung“ oder beihilferechtlichen Kumulierungsfragen). Der KfW-Schnellkredit war – mit 100-prozentiger staatlicher Risikoübernahme, ohne Besicherung, zehnjähriger Laufzeit und ohne Pflicht zum üblichen Kreditprüfungsprozess – ein unkonventionelles Novum, das sicherlich kein Standard im Fördergeschäft werden wird. Dagegen haben sich Stellschrauben wie Haftungsfreistellung und tilgungsfreie Anlaufjahre bewährt und sollten auch bei der künftigen Ausgestaltung von Förderprogrammen genutzt werden, insbesondere zur Unterstützung der digitalen und nachhaltigen Transformation. Ergänzt wurden die KfW-Programme durch regionale Maßnahmen der Landesförderinstitute sowie den ebenfalls mit staatlicher Garantie versehenen Bürgschaftsbanken und Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG). Zur Finanzierung von Betriebsmitteln und Investitionen wurden im Mittelstand über 11.000 solcher Bürgschaften mit einem Volumen von knapp 4 Mrd. € genehmigt. Im Rahmen des Großbürgschaftsprogramm des Bundes wurden zehn Bürgschaften mit einem Volumen von knapp 3 Mrd. € bewilligt. Nicht-rückzahlbare Bundeszuschüsse dominierten ab Ende 2020 Ein wichtiger – und volumenmäßig sogar der größte – Baustein waren die von prüfenden Dritten zu beantragenden, direkten Bundeszuschüsse, die als Sofort-, November-/Dezember-, Überbrückungs- und Neustarthilfe betroffene Unternehmen bzw. Soloselbstständige mit nicht-rückzahlbaren Zuschüssen für Fix- und Betriebskosten ausstatteten. Diese summierten sich auf Auszahlungen in Höhe von insgesamt 70 Mrd. €. Im Zusammenhang mit den Zuschüssen beklagten sich zahlreiche Unternehmen über schleppende Verfahren bzw. zu langsame Auszahlungen oder gar Ablehnung. Zugleich kam es in der Anfangsphase vereinzelt zu Missbrauch, indem sich Betriebe durch falsche Angaben mit Liquidität versorgen konnten, was strafrechtliche Konsequenzen nach sich zog (Subventionsbetrug). Doch in der Summe erfüllte die umfangreiche und auflagenarme Unterstützung ihr Ziel, Unternehmen in der Breite zumindest einen Teil der Finanzierungssorgen zu nehmen und branchenübergreifend Betriebe zu stützen, die aufgrund der staatlich verordneten Lockdown-Maßnahmen keine Umsätze mehr erzielen konnten. Rückblickend scheinen die Zuschüsse zwar in der Breite keinen Moral Hazard, also ein verantwortungsloses Verhalten aufgrund von Fehlanreizen, ausgelöst zu haben. Dass sich solch eine volle Absicherung aber nicht zwingend wiederholen lässt, zeigen die gegenwärtigen Auswirkungen von Krieg und Rohstoffengpässen: Die Politik bereitet Unternehmen und Verbraucher darauf vor, dass Preissteigerungen nicht gänzlich verhindert bzw. damit einhergehende Effekte nur zum Teil abgemildert werden können. Ergänzendes Eigenkapitalinstrument mit geringer Nachfrage Ergänzend wurde mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ein Instrument geschaffen, das sowohl Garantien des Bundes zur Absicherung von Krediten und Kapitalmarktprodukten im Fremdkapitalbereich als auch Rekapitalisierungen zur direkten Stärkung des Eigenkapitals vorsah. Auf diese Weise erhielten 21 meist große Unternehmen Rekapitalisierungen in Höhe von insgesamt 9 Mrd. €. Die eher geringe Nachfrage lässt sich einerseits mit der insgesamt guten Kapitalausstattung der Unternehmen im weiteren Pandemieverlauf, andererseits mit den strengen Bedingungen (u. a. Systemrelevanz, keine kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Ausschüttungs-/Dividendenverbot, Verbot des Rückkaufs eigener Anteile/Aktien, Eingriffsrechte des Bundes) erklären, die viele potenzielle Antragsteller abgeschreckt haben dürften. Mit Blick auf die vom WSF angenommenen Anträge kann der Fonds als erfolgreiches Instrument gewertet werden. Ein breites Eigen- oder Hybridkapitalprogramm, das den Bedarf einiger größerer mittelständischer Unternehmen decken könnte, ist während dieser Krise allerdings nicht geschaffen (oder gar getestet) worden. Eine entsprechende Infrastruktur oder ein Modell steht daher – auch für zukünftige Krisen – nicht bereit und müsste erst entwickelt werden. Bankenaufsichtliche Flexibilisierung mit enormer Wirkung Für die Banken von herausragender Bedeutung war schließlich auch die Flexibilisierung des aufsichtsrechtlichen Regelwerks, da die Krise offenbarte, dass das Regelwerk viel zu starr ist, um in Krisen angemessene Reaktionen zu ermöglichen. Neben dem sogenannten CRR-Quick fix, der krisenbedingt Anpassungen einzelner regulatorischer Vorgaben und eine adjustierte Auslegung der IFRS-9-Regeln zur Bildung von Risikovorsorge vorsah, um- 08 | 2022 29

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