MARKT bank erwartet, stehen äußert unterschiedliche Schätzungen für den zusätzlichen Kapitalbedarf im Raum. Bei all dieser Unsicherheit ist es kaum überraschend, dass auch in der Realwirtschaft eine Verunsicherung vorherrscht, die vor allem von Verbänden geäußert wird. Befürchtet wird ein erschwerter Zugang zu Bankkrediten gerade für mittelständische Unternehmen. Zudem drohe eine relative Verschlechterung der Finanzierungskonditionen, also eine Verteuerung der Kredite. Wie auch immer die Auswirkungen auf den deutschen Bankensektor durch Basel IV letztlich ausfallen werden – Verbriefungen können als Instrument der Eigenkapitalentlastung ein Mittel sein, potenzielle negative Implikationen auf die Finanzierung des Mittelstands zumindest abzumildern. Herausforderung durch EU-Taxonomie Im Zuge der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft steht dem Mittelstand mit der Einführung der EU-Taxonomie noch eine weitere Herausforderung bevor, die den Transformationsprozess begleitet. Aufseiten der Berichterstattung stehen neue, umfangreiche Offenlegungspflichten mit Bezug zur EU-Taxonomie für viele Unternehmen des industriellen Mittelstands in Aussicht, die bisher solchen Anforderungen nicht unterlagen. Mit dem zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Entwurf einer Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) sollen bereits Firmen ab 250 MitarbeiterInnen in die Pflicht genommen werden. Sogar kleinere Unternehmen könnten mittelbar mit entsprechenden Anforderungen konfrontiert werden, sofern sie etwa Teil einer Lieferkette sind, die für die Offenlegung anderer Unternehmen relevant ist. Viel diskutiert wird dabei die Proportionalität der Anforderungen, da nicht nur erheblicher bürokratischer Aufwand und (Initial-)Kosten auf die Unternehmen zukommen werden, sondern auch fraglich sein könnte, ob alle betroffenen Firmen die geforderten Informationen auch liefern werden können. Die positiven Aspekte dürfen dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden, denn die Taxonomie ist grundsätzlich durchaus zu begrüßen: U. a. lassen sich bei erhöhter Transparenz die Nachhaltigkeitsrisiken für InvestorInnen besser einschätzen, die Vergleichbarkeit der Informationen wird durch Einführung einer einheitlichen Sprache sichergestellt, und nicht zuletzt soll die Berichterstattung somit Anreize zur Entwicklung marktgängiger nachhaltiger Finanzprodukte liefern, was sogar über Europa hinaus prägende Wirkungen erzielen könnte. Ein entscheidender Faktor wird dabei sein, wie die EU die wesentlichen Herausforderungen dieses Transformationsprozesses adressiert. Da die EU-Taxonomie das Thema Nachhaltigkeit breitenwirksam voranbringen soll, ist ein zwar ambitioniertes Anspruchsniveau anzustreben, das sich an den Pariser Klimazielen orientiert. Es muss aber gleichzeitig realistisch bleiben, denn allzu hochgesteckte Anforderungen würden kurz- und mittelfristig nur Nischenmärkte unterstützen. Darüber hinaus ist es im Hinblick auf einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz wichtig, die soziale Nachhaltigkeitsdimension möglichst zeitnah zu integrieren, also den Fokus neben Aktivitäten mit reinem Klima- und Umweltbezug auch auf soziale Ziele zu richten, die zunächst aus pragmatischen Gründen ausgeklammert wurden. Von besonderer Relevanz für den Erfolg dieses Vorhabens wird die Handhabbarkeit sein, denn die Kriterien und Überprüfungsmechanismen müssen derart stringent und übersichtlich gehalten werden, dass sie für Unternehmen und Finanzinstitute mit vertretbarem Aufwand umsetzbar sind. Es ist ein erklärtes Ziel dieser Maßnahmen, Kapitalströme in nachhaltige Anlagen umzulenken. AnlegerInnen sollen künftig einfacher bewerten können, wie nachhaltig ein Finanzprodukt ist, und gerade für Privatpersonen soll die Geldanlage innerhalb Europas damit auch sicherer werden. Dabei bieten sich entsprechend Chancen für Unternehmen, die ein nachhaltiges und somit zukunftsträchtiges Geschäftsmodell vorweisen können, denn diese Firmen werden für InvestorInnen deutlich interessanter werden. Ebenso wie bei der Stärkung der Innovationskraft und dem Ausbau der Digitalisierung sieht die KfW auch in der Begleitung der 16 08 // 2021
MARKT Wirtschaft auf dem Weg in die Klimaneutralität eine ihrer Kernaufgaben. Dementsprechend hat die Staatsbank bereits im März 2020 ihr Programm „Klimaschutzoffensive für den Mittelstand“ gestartet, das als erstes Förderprogramm überhaupt auf Taxonomie-Kriterien basiert und somit dabei helfen soll, den Mittelstand an die EU-Taxonomie heranzuführen. Vorhaben, die den sehr hohen Umwelt-Ansprüchen der EU-Taxonomie entsprechen, profitieren somit von besonders attraktiven Konditionen. Erheblicher Finanzierungsbedarf Seit März 2021 nimmt das Programm deutlich an Fahrt auf, und allein im ersten Halbjahr summierten sich die Zusagen auf mehr als 100 Mio. €. Es wird dennoch wichtig sein, in den nächsten Jahren alle vorhandenen Finanzierungsinstrumente – aber auch neue Formen der Finanzierung – zu nutzen, um den erheblichen Finanzierungsbedarf abzudecken. Verbriefungen bieten für institutionelle InvestorInnen hier bereits jetzt den Vorteil einer grenzüberschreitenden Asset-Klasse, ohne signifikantes Konzentrationsrisiko auf öffentlicher Ebene oder von Banken. FAZIT Bei der Finanzierung des Transformationsprozesses sind Verbriefungen für den Mittelstand noch nicht von unmittelbarer Bedeutung – und dies ist mittelfristig auch nicht zu erwarten. Sie spielen jedoch eine wichtige Rolle für Autobanken und Leasinggesellschaften und ersetzen hier zumindest teilweise die traditionelle Banken-Refinanzierung. Ein weiteres wichtiges Segment wird mit synthetischen Verbriefungen erschlossen, deren entlastende Wirkung für das Eigenkapital die Neukreditvergabe ankurbelt und somit aus Banksicht dazu beiträgt, die Eigenkapitalbelastung von Kreditportfolien zu reduzieren. Autor Bernd Loewen ist seit 2009 Vorstand der KfW und seit 2018 Vorsitzender des Beirats der True Sale International GmbH. Der Verfasser dankt Dr. Juliane Gerstenberger und Philipp Becker für ihre Mithilfe bei der Erstellung des Beitrags. 08 // 2021 17
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