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die bank 08 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT NON-PERFORMING

MARKT NON-PERFORMING LOANS Neue Herausforderungen für europäische Banken Die Situation der europäischen Banken bleibt unbefriedigend: Auch zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise dauern die „Reparaturarbeiten“ in der Branche an. Das zeigt sich vor allem an den niedrigen Kapitalmarktbewertungen im Vergleich zu den USA. So liegt das Verhältnis von Marktwert zu Buchwert für den FTSE Eurozone Banks Index mit 0,8 nicht nur unter 1,0, sondern auch deutlich unterhalb des entsprechenden Bewertungsverhältnisses für den KBW US Banks Index, der einen Wert von 1,5 ausweist. 1 Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen finden sich immer noch erhebliche stille Lasten in den Bankbilanzen, da die Liquidationswerte für viele Legacy Assets, insbesondere Non-Performing Loans (NPL), unterhalb der Buchwerte liegen. Zum anderen belasten die verhaltenen Wachstumsprognosen und die Aussichten auf anhaltend niedrige Zinsen bei chronischen Überkapazitäten die Ertragsaussichten der Banken in Europa. Das gilt sowohl für das Kreditgeschäft als auch für das Einlagengeschäft. Hinzu kommen ein zunehmender Wettbewerb durch FinTechs, vor allem im Retail Banking, und deutliche Marktanteilsverluste im Investment Banking an die starken US- Wettbewerber. Die Eigenkapitalrenditen erwirtschaften in vielen Fällen nicht die Eigenkapitalkosten, was gleichbedeutend mit ökonomischen Verlusten zu sehen ist. Zwar stehen die Basel-Regeln jetzt weitgehend fest – sieht man einmal von der Behandlung von Staatsanleihen ab – aber die europäische Bankenunion ist noch nicht vollständig umgesetzt. Das gilt insbesondere für die dritte Säule der Bankenunion, eine einheitliche europäische Einlagensicherung. NPL-Entwicklung in Europa: Zenit wohl überschritten Die NPL-Krise in Europa hat ihren Zenit überschritten. Das Volumen von NPLs in der Eurozone ist von über 1,1 Bio. € im Jahr 2014 auf rund 800 Mrd. € 2017 zurückgegangen. 2 Diese NPLs sind zwar mittlerweile zu über 50 Prozent durch Wertberichtigungen abgedeckt, allerdings entspricht dieses Volumen immer noch 5,1 Prozent der gesamten Kredite in der Eurozone. Zum Vergleich: Die entsprechenden NPL-Quoten in den USA liegen bei 1,5 Prozent und in China bei 1,75 Prozent 3 (allerdings dürfte der Ausweis hier immer noch systematisch zu niedrig sein). Übermäßig betroffen sind kleinere Banken in den Ländern der europäischen Peripherie. So weist die EBA in ihrem Report für 2016 für Zypern eine Quote von 49 Prozent und für Griechenland eine Quote von 47 Prozent aus. Portugal liegt bei 19 Prozent, Italien bei 17 Prozent und Irland bei 15 Prozent. Zum Vergleich: Für Deutschland liegt die NPL-Quote bei 3 Prozent. Absolut ist das größte NPL-Volumen auf den Bilanzen italienischer Banken zu finden. Die Unterschiede in Europa im Vergleich zu den USA sind auf eine Reihe von Gründen zurückzuführen: Zum einen folgte auf die Finanzkrise die Eurokrise, die insbesondere die Länder in der Peripherie in den Teufelskreis von Staatsschulden-, Banken- und Wachstumskrise stürzte. Während die Staaten der europäischen Union nur zaghaft eingriffen und Bankenrettungen häufig durch die enge Auslegung des Beihilfrechts in der Gemeinschaft erschwert wurden, haben die USA durch Garantien und Ankäufe von Vermögensgegenständen die Bilanzen der Marktakteure auf einen Schlag gestärkt. Schwächere Banken wurden von der FDIC gezwungen, aus dem Markt auszuscheiden. 4 Weitere Anstrengung erforderlich, um die NPL-Bürde abzubauen Der NPL-Bestand auf den Bilanzen europäischer Banken ist immer noch zu hoch. NPLs belasten die Ressourcen der Geldinstitute. Sie binden Eigenkapital und verhindern Neugeschäft. Schwache Banken stützen schwache Unternehmen und blockieren so den notwendigen Strukturwandel. So lange die Bankbilanzen nicht „sauber“ sind, wird auch die Einführung einer europäischen Einlagensicherung schwierig bleiben. Außerdem gehen von Banken mit hohen NPL-Quoten erhebliche Gefahren für die nationale Finanzstabilität aus, mit entsprechenden europaweiten Ansteckungsgefahren. Aktuelle Rahmenbedingungen Ein wesentlicher Anstoß zur Bewältigung der NPL-Krise kommt vom International Accounting Standards Board, das in enger Abstimmung – aber nicht in voller Harmonie – mit dem US-amerikanischen FASB nun neue Bewertungsregeln für Vermögensgegenstände verabschiedet hat. IFRS 9 schließt eine wichtige Lücke im regulatorischen Rahmenwerk, das bisher die Bewertung von Vermögensgegenständen vernachlässigt hat. Mit IFRS 9, das den Übergang vom „Incurred Loss“-Modell zum „Expected Loss over the Lifetime“-Modell in einer abgeschwächten Drei-Stufen-Variante einläutet, rückt die Bewertung von NPLs näher an die ökonomische Realität des Barwerts der noch erwartbaren Rückflüsse aus notleidenden Engagements. Zumindest gilt diese Regelung ab 1. Januar 2018 für kapitalmarktorientierte IFRS-Bilanzierer. 48 08 // 2018

MARKT Um die Auswirkungen abzufedern, die sich aus der Neubewertung der NPLs auf den Bilanzen der Banken in der Peripherie ergeben, hat der Baseler Ausschuss die Möglichkeit einer Verteilung der Auswirkungen aus der erstmaligen Anwendung auf die harte Kernkapitalquote eingeräumt. Ob diese Erleichterung dazu genutzt werden kann, auch die GuV-Auswirkungen aus den jüngsten Veräußerungen auf einen Zeitraum von fünf Jahren zu strecken, bleibt abzuwarten. NPL-Guidance der EZB Auch die EZB hat sich mittlerweile der NPL- Herausforderung angenommen. Im Frühjahr 2017 wurde eine Qualitative Guidance zum Management von NPLs veröffentlicht, die den direkt beaufsichtigten Instituten qualitative Vorgaben zum Abbau von NPLs macht. Konkret geht es um die Festlegung einer Strategie, die Einrichtung dezidierter Work-Out-Organisationen und Prozesse, die konsequente Restrukturierung von Problemengagements, den Ausweis von NPLs sowie die transparente Vornahme von Wertberichtigungen und Abschreibungen. Auch die aktuelle Bewertung von Sicherheiten wurde geregelt. Seit Ende 2017 gibt es nun auch in Ergänzung eine Quantitative Guidance. Sie gilt allerdings nur für neue NPLs, die ab dem 1. April 2018 entstanden sind. Die Institute werden nun angehalten, den besicherten Teil bis spätestens im siebten Jahr zu 100 Prozent zu wertberichtigen. Der unbesicherte Teil muss schneller, nämlich bereits nach zwei Jahren vollständig wertberichtigt sein. Nach wie vor gibt es keine verbindlichen Vorgaben für den NPL-Bestand. Lediglich im Rahmen der Pillar 2 Guidance kann die EZB Vorgaben machen bzw. Kapitalzuschläge vorgeben. Konkrete Pillar-1-Vorgaben scheiterten bisher an politischen Widerständen. Nach eigenen Angaben hat die EZB mittlerweile einige Banken aufgefordert, ihre NPL-Quote zügig auf unter 5 Prozent zu drücken. Insgesamt – so der Eindruck – hat die EZB den Ernst der Lage erkannt und ihre Vorgehensweise gegen NPLs im vierten Jahr des Bestehens des SSM und zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise entsprechend verschärft. 08 // 2018 49

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