ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Zeit für eine Neuausrichtung MANAGEMENT OPERATIONELLER RISIKEN Die geplanten Änderungen an der OpRisk-Regulierung sind vielschichtig und umfassen alle drei Säulen. Banken sollten die geänderte Ausgangslage zum Anlass nehmen, die Ausrichtung ihres OpRisk-Rahmenwerks zu überprüfen und dieses insbesondere wieder stärker am betriebswirtschaftlichen Nutzen auszurichten. Thomas Kaiser | Holger Spielberg Keywords: Regulierung, Risikomanagement, Standardised Measurement Approach Nachdem in den letzten Jahren Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisiken im Fokus der Überarbeitung aufsichtsrechtlicher Anforderungen standen, wurden zuletzt umfangreiche Änderungen zur aufsichtlichen Behandlung der operationellen Risiken (OpRisk) in allen drei Säulen erkennbar. Kernstück ist dabei die Ablösung der bisherigen Ansätze in der Säule I – Basisindikatoransatz (BIA), Standardansatz (STA) und fortgeschrittener Messansatz (AMA) – durch nunmehr nur noch einen einzigen nicht-modellbasierten Messansatz, genannt Standardised Measurement Approach (SMA). Dies wird ergänzt um Vorschläge zu mehr Transparenz über Verlustdaten im Rahmen der Offenlegung in der Säule III. Darüber hinaus zeichnen sich immer mehr Details der zukünftigen Anwendungspraxis des überarbeiteten Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) der Säule II ab. Neben der Änderung der regulatorischen Landschaft sehen sich Banken jedoch auch zunehmend signifikanten Änderungen in ihrem Risikoprofil ausgesetzt: Während einige Großbanken weltweit in der Vergangenheit hohe Verluste durch Verhaltensrisiken (Conduct Risks) realisieren mussten, nehmen Cyber- und andere IT-Risiken sowie Modell- und Reputationsrisiken an Bedeutung erheblich zu. Insgesamt ergibt sich somit Anlass genug, die gerade bei Großbanken bisher stark an den AMA-Anforderungen ausgerichteten OpRisk-Rahmenwerke in ihrer Ausrichtung zu überprüfen – insbesondere ergibt sich die Chance, dieses für die Zukunft wieder stärker am betriebswirtschaftlichen Nutzen auszurichten. SMA als neuer einheitlicher Ansatz in der Säule I Am 4. März 2016 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht den Entwurf eines neuen Ansatzes für die Ermittlung der Eigenkapitalunterlegung für operationelle Risiken (OpRisk) veröffentlicht und zur Konsultation gestellt. Der neue Rahmen ersetzt alle bestehenden Kapitalansätze durch einen einzigen, nicht modellbasierten Messansatz (SMA) und ist ein Bruch mit dem bisherigen differenzierten Vorgehen. Insbesondere wird der modellbasierte fortgeschrittene Messansatz zukünftig nicht mehr gestattet sein. Der SMA leitet den Eigenmittelbedarf aus den Geschäftsindikator- und Verlustkomponenten ab. Die Geschäftsindikator-Komponente führt dabei die Bestandteile des bisherigen Bruttoertrags in modifizierter Form zusammen, gewichtet diese allerdings mit progressiven Anrechnungsfaktoren. Bei großen bzw. ertragsstarken Banken führt diese Komponente zukünftig tendenziell nicht nur zu absolut, sondern auch zu relativ höheren Kapitalanforderungen. Dies ist unter anderem Ausdruck der allgemeinen Annahme der Bankenaufseher, dass gerade große und komplexe Banken überproportional großen operationellen Risiken ausgesetzt sind. Die zweite Komponente des SMA, die sogenannte Verlustkomponente, speist sich aus den tatsächlich bankintern realisierten Verlusten aus operationellen Risiken der vergangenen zehn Jahre. Diese Komponente soll von Banken immer dann angewendet werden, wenn sich der Geschäftsindikator oberhalb der kleinsten Kategorie (bis 1 Mrd.€) befindet. Aus der Verlustkomponente wird ein Verlustdatenfaktor ermittelt. Für viele, insbesondere mittelgroße Banken dürfte die Verlustkomponente zu einem Verlustdatenfaktor deutlich unter eins führen (im theoretischen Idealfall bis auf 54 Prozent) und so tendenziell den Anstieg der Eigenmittelbedarfe über die Geschäftsindikator-Komponente kompensieren. Ersten Proberechnungen zufolge müssen jedoch einige Großbanken, die in den letzten Jahren von Großverlusten betroffen waren, mit einem Verlustdatenfaktor deutlich über eins rechnen. Da der SMA den einzigen Kapitalansatz für OpRisk darstellen soll, plant der Baseler Ausschuss weder ein aufsichtliches Zulassungsverfahren noch explizite Qualifikationskriterien an das OpRisk-Rahmenwerk (wie bei der Anwendung des STA oder AMA) unter Säule I. Allerdings verweist er darauf, dass die überarbeiteten Principles for the Sound Management of Operational Risk von allen Instituten anzuwenden sind, deren Einhaltung im Rahmen der Säule-II- Überwachung überprüft wird. 58 diebank 08.2016
BETRIEBSWIRTSCHAFT ó Stärkung der Säule II durch „SREP 2.0“ Auf Basis der neuen EBA-Leitlinie zum Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) überprüfen die Aufseher nicht nur die Höhe der Risiken und deren ausreichende Kapitalisierung, sondern auch, ob die Banken alle wesentlichen Risiken angemessen managen und in die interne Risikotragfähigkeitsanalyse adäquat einbeziehen. Sofern Risiken nicht ausreichend durch die Säule-I-Vorgaben kapitalisiert werden bzw. bei Schwächen im Risikomanagement oder in der Risikotragfähigkeitsanalyse werden regelmäßig Kapitalaufschläge vorgeschrieben. Damit zeichnet sich ein Paradigmenwechsel im Anreizsystem für Banken ab: Während früher über den AMA geringere Kapitalanforderungen für ein gutes Risikomanagement-Framework in Aussicht gestellt wurden, drohen in Zukunft unter SREP erhöhte Kapitalanforderungen, sofern Defizite im Risikomanagement bestehen. Als wesentlicher Bestandteil der Kapitalrisiken betrifft dies auch die operationellen Risiken und das entsprechende OpRisk- Rahmenwerk. Neben der internen Verlustdatensammlung prüfen die Aufseher dabei auch die meisten anderen Komponenten eines OpRisk-Management-Systems, die bisher für die Zulassung des AMA erforderlich waren. Dies betrifft insbesondere Szenarioanalysen, die typischerweise verwendeten Komponenten des Geschäfts- und Kontrollumfelds, wie z. B. Risikoindikatoren und Self-Assessments, sowie die Integration der Beurteilung des internen Kontrollsystems mit der Identifikation und dem Management von operationellen Risiken. Zu den Neuerungen im Rahmen des SREP zählen insbesondere höhere Anforderungen an die Granularität von Daten, eine dezidierte Betrachtung der Unterkategorien Conduct Risk, IT- und Modellrisiko sowie eine stärkere Berücksichtigung von Strategien, dem Geschäftsmodell des Instituts und materiellen Ereignissen in der Branche bei der Einschätzung von operationellen Risiken. Im Rahmen des Reviews der internen Risikotragfähigkeitsanalyse wird von Banken weiterhin erwartet, alle wesentlichen Risiken angemessen zu quantifizieren und auf dieser Basis den Kapitalbedarf abzuleiten. Insofern ist davon auszugehen, dass insbesondere größere Banken auch nach Einführung des SMA weiterhin eigene Risikomodelle zur Quantifizierung operationeller Risiken weiterentwickeln und betreiben sollen, auch wenn diese mutmaßlich nicht mehr die engen Vorgaben von AMA-Modellen erfüllen müssen. Erweiterung der Offenlegungsanforderungen in Säule III Nach einem Konsultationspapier vom 11. März 2016 plant der Baseler Ausschuss in Zukunft die Offenlegung von für Zwecke der Eigenkapitalermittlung verwendeten Verlustdaten in der Säule III, was gegenüber dem Status quo deutlich mehr Transparenz auf diesem Gebiet bedeuten würde. Hierzu sind die Verlustsummen der letzten zehn Jahre, gesamthaft sowie bezogen auf diejenigen Verluste, welche die Schwelle von 1 Mio. € überschreiten, aufzuführen. Darüber hinaus sind für die letzten drei Jahre die Anzahl der Verluste über 1 Mio. € sowie die Summe der fünf größten Verluste zu nennen. Ferner sollen die Komponenten des Geschäftsindikators der letzten drei Jahre dargestellt werden sowie qualitative Informationen zum OpRisk-Rahmenwerk zur Verfügung gestellt werden. Die geschilderten Impulse der Bankenaufsicht können und sollten genutzt werden, das OpRisk-Rahmenwerk kritisch zu beleuchten und gezielt weiterzuentwickeln, um betriebswirtschaftlichen Nutzen zu erzielen. ” 1 zeigt exemplarische Handlungsfelder, die im Folgenden näher beleuchtet werden. Steuerung operationeller Risiken und Weiterentwicklung der Governance In der Vergangenheit gab es in einzelnen AMA-Instituten Bestrebungen, die Eigenmittelüberlegung für operationelle Risiken aktiv zu gestalten. Mit Einführung des SMA werden die Möglichkeiten der Beeinflussung des Säule I-Kapitals stark sinken, was andererseits die Möglichkeit 08.2016 diebank 59
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