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die bank 08 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING Um ein solides Produktdesign zu gewährleisten, orientiert sich beispielsweise das amerikanische Vorbild Wealthfront an der erprobten modernen Portfoliotheorie nach Markowitz. Einige deutsche Anbieter stellen aber auch selbst weiter entwickelte Big-Data-Kontexte bereit, z. B. der Robo Advisor Vaamo in Kooperation mit der Frankfurter Goethe- Universität. Kooperationen treiben Markt Eine vollständige Integration vollzogen hat die Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser, die den Lösungsspezialisten Easyfolio gleich ganz übernommen hat. Nicht nur klassische Banken kommen als Kooperationspartner infrage. So hat sich etwa die KSW Vermögensverwaltung AG mit dem digitalen Vermögensverwalter Scalable Capital zusammengeschlossen. Das Unternehmen integriert dabei die automatisierte Portfolioverwaltung des Münchner Startups in das eigene Leistungsspektrum – und erweitert so seine Möglichkeiten: Sowohl Stamm- als auch Neukunden sind über den externen Partner mit betreut. Auch hier stehen kostengünstige ETF-Produkte im Fokus der Vermarktungsstrategie. Weiteres Beispiel: Das Unternehmen FXDD, einer der führenden Spieler beim Online-Handel von Devisen, setzt auf eine selbst entwickelte „Risikovergleichsmaschine“, die es laut Anbieter jedem Händler ermöglichen soll, dem Kunden je nach Risikobereitschaft ein individuell maßgeschneidertes Handelspaket zu erstellen. Dabei setzt FXDD Global auf die Robo-Advisory-Lösung des weltweit operierenden Anbieters Tradency. Grundsätzlich ist der Bereich Robo Advisory neben „reinrassigen“ Anbietern wie Wealthfront auch durch Instrumente zur persönlichen Finanzplanung wie Personal Capital gekennzeichnet. Oft genannte Größen in einem durch die US-Anbieter geprägten Marktgeschehen sind Betterment, Future Advisor, SigFig, Leanvest, Acorns, Vanguard und Charles Schwab. Fazit Den wenigsten Anbietern dürfte ein langfristiges Überleben beschieden sein. Gemäß einer aktuellen TME-Studie stellt der derzeitige Reifegrad der unterschiedlichen Angebote rund um die Robo Advisory noch keine hinreichende Basis dar, die von den Anbietern in Aussicht gestellte „Finanzrevolution“ durch belastbare Marktdaten (Vergleich von Performance und Leistung) zu untermauern. Als kritischer Pferdefuß erweist sich dabei das Re-Balancing, also die Fähigkeit der Anbieter, die Umschichtung der Geldanlagen im Sinn einer weiteren adäquaten Ziel-Asset-Allokation erfolgreich zu bewerkstelligen. Das hauptsächliche Manko der Robo Advisors besteht laut TME AG darin, dass die Geschäftsmodelle im Gegensatz zur klassischen Vermögensberatung kaum ganzheitlich ausgerichtet sind. Eine fundierte Sicht auf das gesamte Portfolio des Anlegers bleibt somit aus. Statt die gesamte finanzielle Lage zu berücksichtigen, beschränkt sich das Gros der Anbieter lediglich auf jene Vermögensbestandteile, die auf der Plattform angelegt sind. Die Folge: Eine optimale Allokation aller Vermögenswerte ist dadurch kaum möglich. Außerdem: Zusätzliche Services, die den Kunden in bestimmten Lebensabschnitten, wie beispielsweise der Familiengründung, bei dem Kauf einer Immobilie oder Anlage einer Erbschaft unterstützen, sind ebenfalls noch kein Standard. Mit anderen Worten: Der Modetrend Robo Advisory eignet sich kaum als Ersatz einer vollständig integrierten Anlageberatung im klassischen Sinn. Wer das automatisierte Vermögensmanagement in Anspruch nimmt, erhält zwar ein vollständig verwaltetes Portfolio, muss aber andererseits bei der Beratung deutliche Abstriche in Kauf zu nehmen. Die Tücke lauert auch hier im Kleingedruckten: Die meist grob strukturierten Fragen zur Profilbestimmung knüpfen nicht an einer ausreichend fundierten Behavorial Finance an, die Business Intelligence hinter den Plattformen hält oft dem hohen Anspruch an Transparenz wenig stand. Gerade unerfahrene Kunden sind nicht ausreichend über etwaige Anlagerisiken und Renditechancen aufgeklärt. Die Plattformgründer und Anbieter wiederum halten den Kritikern entgegen, es handele sich bei ihren Angeboten lediglich um eine Anlagevermittlung. Die Zielgruppe stellten ohnehin nicht vermögende Unternehmer oder reiche Privatiers dar, sondern vor allem digital affine Kunden, die bereits über ein solides Finanzwissen verfügten. Bei dieser Kundenklientel geht es darum, auch ohne großen Kapitaleinsatz via Diversifizierung einen langfristigen Vermögensaufbau anzustreben. Ob die mit diesem konzeptionellen Ansatz anvisierten betriebswirtschaftlichen Rechnungen am Ende aufgehen, mithilfe von automatisierten Anlagestrategien und Produkten gerade die breite Masse der Vermögensanleger zu erreichen, bleibt fraglich. Andererseits kann laut TME AG gerade diese Zielgruppe von den neuen Möglichkeiten profitieren, überschüssiges Geld über derartige Spielvarianten im Netz auch längerfristig profitabel anzulegen. Das wichtigste Argument der Robo Advisory bleibt neben dem Preis der Aspekt der Kundennähe. In der Regel gestalten sich Onboarding-Prozesse einfach und benutzerfreundlich, die Anforderungen der technikversierten Kunden sind erfüllt und zusätzlich lassen sich alle relevanten Investmententscheidungen mithilfe des passenden Algorithmus vollständig integrieren. ó 40 diebank 08.2016

BANKING ó Die alte Welt hat versagt INTERVIEW Michael Mellinghoff, Geschäftsführer des Marktforschungs- und Beratungsunternehmen TechFluence, skizziert aktuelle Trends, welche Spieler das Rennen machen – und wie nachhaltig der Hype um neue Anlageformen sein kann. Das Unternehmen TechFluence mit Sitz in Frankfurt und London veranstaltete zu diesem Thema im Frühjahr in Berlin auch das FinTech Forum Robo Advice, an dem neben zahlreichen Experten 21 global operierende Anbieter teilnahmen. diebank: Herr Mellinghoff, die Robo Advisors werden als die nächste FinTech-Revolution gehandelt, während die Anleger von diesem Phänomen kaum Notiz zu nehmen scheinen. Handelt es sich hier um eine Blase oder ist es tatsächlich der Beginn von realen Finanzinnovationen, von denen auch der Kunde profitiert? Mellinghoff: Ausgangspunkt für die Entwicklung automatisierter Vermögensverwaltung war die USA, der bislang größte Kapitalmarkt der Welt. Dort sind etwa 95 Prozent der weltweit gut 50 Mrd. US-$ über Robo-Advisor-Modelle investiert. Die Start-ups Betterment und Wealthfront haben den Weg bereitet und innovative Marktteilnehmer wie Charles Schwab (6,6 Mrd. US-$) und Vanguard (31 Mrd. US-$) haben den Trend aufgegriffen und binnen kürzester Zeit ein Vielfaches an Anlegergeldern eingesammelt. Zuletzt hat E-Trade angekündigt, in den Robo-Markt einzusteigen. Nach unseren Erkenntnissen nehmen die Kunden in Deutschland sehr wohl Notiz von Robo-Advice-Anbietern. Einige der Anbieter verfügen bereits über nennenswerte Kundenzahlen. Wir gehen insgesamt bisher von mindestens 20.000 Kunden in Deutschland aus. Das klingt zunächst nach nicht sehr viel, ist aber im Vergleich zur ohnehin viel zu geringen Zahl der Anleger (etwa neun Millionen), die in Aktien oder Aktienfonds investiert sind, zumindest ein Achtungserfolg – insbesondere wenn man unterstellt, dass viele dieser Kunden bisher nicht am Kapitalmarkt aktiv waren. diebank: Hinter dem Begriff Robo Advisory scheinen sich völlig unterschiedliche Konzepte und Produktstrategien zu verbergen. Welche Ansätze halten Sie denn für vielversprechend, welche werden wieder rasch von der Bildfläche verschwinden? Mellinghoff: Ich sehe hier drei Evolutionsstufen: die ersten Robo Advisor nutzen die bisherige Bankenwelt als Abwicklungsstrecke und zeichnen sich oft durch eine gute User Experience aus, die sich schon damit positiv vom bisherigen Angebot der Vermögensverwalter abhebt und so Kunden anziehen kann. Meist werden der Bera-tungsteil automatisiert und Standardportfolien verwendet.Die zweite Evolutionsstufe setzt häufig risikobasierte Modelle ein und individualisiert stärker, z. B. durch Ausschluss von Assetklassen im Portfolio oder durch den Einsatz innovativer Anlageklassen wie Marketplace Lending. Die dritte Stufe setzt auf alternative Alphaquellen, z. B. künstliche Intelligenz oder Crowdsourcing, oder eine Vollautomatisierung des Portfoliomanagementprozesses. Die größten Chancen sehe ich mittelfristig für die zweite Gruppe, vor allem im B2B-Segment. Im B2C-Bereich wird viel von langfristig zur Verfügung stehendem Funding abhängen, da Markenaufbau und die Bildung von individuellen Referenzlisten (Track Record) Zeit brauchen. Für sehr einfache unabhängige Modelle sehe ich langfristig keinen echten Markt. Den dürften die herrschenden Anbieter nicht zulassen oder die Anbieter aufkaufen. Insgesamt ist von einer sehr dynamisch wachsenden Anbieterzahl auszugehen, da digitale Geschäftsmodelle mit signifikant niedrigeren Grenzkosten operieren als die traditionelle Welt. diebank: Welches sind denn aus Kundensicht die Argumente und Treiber für die Basis einer Vertrauensbeziehung zu den neuen Spielern? Wo liegt der Bedarf begründet, welche Menschen steigen bei den Robo Advisors ein? Mellinghoff: Wesentliche Argumente sind Usability und Preis. Gerade die Start-up-Anbieter kommen mit deutlich kundenfreundlicheren Front Ends daher. Zudem bieten sie im Schnitt deutlich günstigere Konditionen, was im Nicht-Zinsumfeld vor allem die gehobene Klientel zu einem Umdenken bewegen könnte. Diese hat das notwendige Finanzverständnis und versteht, dass beispielsweise ein eingesparter Prozentpunkt an Gebühren gerade bei hohen Anlagebeträgen einen erheblichen Unterschied macht. Bei einem Zinsniveau von 4 oder 5 Prozent haben sich 1,5 Prozent Gesamtkostenbelastung noch einigermaßen gut „verstecken“ lassen. Das geht bei null Prozent nicht mehr. Die traditionellen Anbieter können sich bei der EZB und der rasanten Technologie-Entwicklung für die Aushöhlung ihres Geschäftsmodells bedanken und bei der digital affinen Gesellschaft, die diese Geschäftsmodelle mehr und mehr annimmt. Wenn sie bei Amazon gelernt haben, wie eine smarte Menüführung funktionieren kann, dann möchten sie diese auch in anderen Lebensbereichen nicht mehr missen – und stellen irgendwann auf andere Anbieter 08.2016 diebank 41

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