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die bank 08 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

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ó BANKING Eine risikogerechte Verzinsung ist Pflicht ROUND TABLE Die Zahl der Existenzgründer ist im Jahr 2015 mit minus 17 Prozent abermals deutlich gefallen. Nicht wenige Institute haben sich mittlerweile fast vollständig aus der risikobehafteten Gründerfinanzierung zurückgezogen. Laut KfW-Gründungsmonitor 2016 hat das Gründungsgeschehen auf der anderen Seite strukturell an Qualität gewonnen. Mit 160.000 Personen entfällt ein Fünftel der gesamten Gründungstätigkeit auf „Digitale Gründer“. Sie sind häufiger als andere Gründer auf internationalen Märkten aktiv – und sind daher eine treibende Kraft zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Hierüber diskutierten in Düsseldorf mit der Redaktion dieser Zeitschrift Peter Barkow, Gründer und Geschäftsführer der Barkow Consulting GmbH, Dr. Daniel Bartsch, Co-Gründer und Geschäftsführer der Creditshelf GmbH, sowie Dr. Gerd Meyer von der Stadtsparkasse Düsseldorf. diebank: Unternehmensgründungen sind seit Jahren tendenziell rückläufig, trotz öffentlicher Förderungsprogramme und eines politisch gewollten positiven Gründungsklimas. Zunehmend sind allenfalls Nebenerwerbsgründungen, vor allem durch Wissenschaftler, die für Financiers jedoch eher unattraktiv sind. Ist Gründerfinanzierung ein Auslaufmodell? Bartsch: Nein, die Gründerfinanzierung in Deutschland ist kein Auslaufmodell. Dennoch muss für die jungen Unternehmen hierzulande noch viel mehr getan werden. Im Vergleich mit den USA hinken wir in diesem Segment erheblich hinterher, was einer starken Volkswirtschaft nicht gerecht werden kann. Wir brauchen mehr Risikokapital und die Politik sollte dafür die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, insbesondere auf der steuerlichen Seite. Zudem braucht es eine kulturelle Anpassung. Es existieren noch viel zu viele Berührungsängste und in den Universitäten drängt es die Absolventen primär in die „sicheren“ Jobs. Der technologische Wandel fordert nun allerdings auch den Wagemut der jungen Generation heraus. Barkow: Stimmt, aber sich selbstständig zu machen, ist nicht gleichbedeutend mit einer Unter- 34 diebank 08.2016 nehmensgründung, die wiederum nicht gleichbedeutend damit ist, ein Start-up zu gründen. Bei Letzteren sehe ich eindeutig eine positive Entwicklung. Das Start-up-Ökosystem in Berlin hat sich beispielsweise rasant verändert und ist längst nicht mehr vergleichbar mit der Situation vor fünf oder zehn Jahren. Die Anzahl innovativer Gründungen hat zuletzt – gegen den allgemeinen Trend – deutlich zugelegt. Vor allem für den Bereich der potenziell schnell wachsenden innovativen Start-ups, denken Sie nur an die FinTech-Szene, ist die Gründerfinanzierung in Form von Eigenkapital und Venture Capital essenziell. Meyer: Wer eine gute Geschäftsidee hat und die Unternehmensgründung professionell angeht, hat bei seiner Hausbank nach wie vor gute Chancen. Davon bin ich überzeugt. Um das Vorhaben adäquat beurteilen zu können, benötigt die Bank natürlich wichtige Informationen, auf deren Grundlage über Peter Barkow, Gründer und Geschäftsführer der Barkow Consulting GmbH. die Kreditvergabe entschieden werden

BANKING ó kann. Dazu gehört nicht nur ein Business- und Investitionsplan mit Angeboten und Kostenschätzungen, sondern auch eine persönliche Vermögensaufstellung, Selbst- und Schufa-Auskunft, Vertragsentwürfe u. a. m. Das ist für die Betroffenen nicht immer angenehm, aber sehr wichtig für die Kreditentscheidung. diebank: Die Konditionen für Kreditfinanzierungen sind für den Mittelstand derzeit extrem günstig. Wer hier bei seiner Bank keinen Kredit erhält, hat wohl eher ein Bonitätsproblem oder ein nicht tragfähiges Geschäftsmodell. Landet beim Crowdfunding und anderen alternativen Finanzierern der Hochrisiko-Rest, den keine Bank als Kunden haben will? Bartsch: Das ist keinesfalls unsere Beobachtung. Zwar haben sich die Konditionen generell verbessert, allerdings profitieren im Wesentlichen davon nur die oberen 20 Prozent der Unternehmen. Die restlichen 80 Prozent und damit der Kern des deutschen Mittelstands müssen weiterhin sehr genau kalkulieren, und die Banken schütten hier nicht mit dem Füllhorn aus. Wir stellen vielmehr fest, dass sich die Banken inzwischen aus einigen Bereichen zurückziehen und sich in bestimmten Situationen schwertun, die Kunden so zu unterstützen, wie diese es erwarten. Das ist vor allem dann der Fall, wenn flexible und schnelle Lösungen gefragt sind. Hier sind wir als Online-Plattformen viel agiler. Die Bürokratie wird auf ein Minimum reduziert, die Entscheidungswege sind kurz, das Feedback ist transparent. Als Plattformbetreiber haben wir überdies ein ureigenes Interesse, uns von nicht kreditfähigem Geschäft freizuhalten und die Risiken im Kredit-Buch angemessen darzustellen. Barkow: In Großbritannien ist dies einer der wesentlichen Wachstumstreiber, da die Banken abgelehnte Kunden quasi an die Crowdlending-Plattformen weiterempfehlen müssen. Aber auch für Deutschland kann man das nicht ausschließen. Für einen schlüssigen Beleg fehlen hier aber aktuell einfach noch die notwendigen Daten. Grundsätzlich halte ich es für sehr sinnvoll, dass auch Unternehmen jenseits eines Investment-Grade-Ratings Zugang zu Krediten haben. Der Kapitalgeber muss allerdings auch eine risikogerechte Verzinsung über den gesamten Kreditzyklus erhalten. Das gilt allerdings für jede Assetklasse, die sich langfristig behaupten will. diebank: Eine gewisse Zurückhaltung ist ja nicht nur bei der Gründerfinanzierung zu spüren. Die Stimmung auf dem deutschen Beteiligungskapitalmarkt hat sich deutlich eingetrübt. Beteiligungskapitalgeber bewerten sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch die Geschäftserwartung pessimistischer. Wieso ist die Marktstimmung aktuell so schlecht, obwohl doch genügend Liquidität vorhanden ist? Bartsch: Viele Investoren sind aufgrund der seit Jahresbeginn stark erhöhten Volatilität an den Kapitalmärkten aktuell wieder deutlich vorsichtiger. „Risk off“ ist das Stichwort, was sich auch Dr. Daniel Bartsch, Gründer und Geschäftsführer der Creditshelf GmbH. in den Beteiligungsmarkt durchzieht. Der Markt für Börsengänge ist weniger aufnahmefähig und damit ein möglicher Exit-Kanal versperrt. Das ist im Beteiligungsmarkt sofort zu spüren, sowohl was Transaktionen als auch deren Preise anbelangt. Meyer: Für die Gründerfinanzierung spielt noch ein anderer Aspekt eine wichtige Rolle. Das Angebot an attraktiven Fördermittelprogrammen ist derzeit so gut wie selten. Die Marktstimmung ist hier gar nicht so schlecht. Neben regionalen Förderprogrammen können Start-ups und mittelständische Unternehmen von bundesweiten (ZIM vom BMWi, KMU-innovativ vom BMBF) und EU-Programmen (Horizon 2020) profitieren. Bekanntlich können Fördermittel nur anteilige Finanzierungen für Projekte leisten, weshalb Unternehmen darüber hinaus zumeist weitere finanzielle Ressourcen benötigen. Von Business Angels über neue Inkubatoren bis hin zur Unterstützung durch Venture-Capital-Investoren steht ein breites Spektrum zur Eigenkapitalfinanzierung zur Verfügung. Ich finde, man sollte auch einmal stärker die positiven Aspekte betonen. diebank: Im Vergleich zu den USA oder Großbritannien ist das Volumen der über Crowdfunding-Plattformen vermittelten Geldbeträge nach wie vor sehr gering. In der Schweiz sind die Beträge 2015 zwar um 73 Prozent gestiegen, erreichen aber gerade einmal 27 Mio. CHF. In Deutschland wurde 2015 ein Crowd-Volumen von rund 49 Mio. € realisiert, weltweit dagegen etwa 30 Mrd. US-$. Steht da eine Idee nicht eher noch ganz am Anfang? Barkow: Ich denke, dass die 30 Mrd. US-$ auch Crowdlending beinhalten, während sich das deutsche Volumen nur auf Crowdinvesting bezieht. Da Crowdlending in den meisten Ländern ein Vielfaches von Crowdinvesting darstellt, erklärt sich hieraus ein erheblicher Teil der Differenz. Grundsätzlich wird zwischen Crowdinvesting (Geld gegen Unternehmensbeteiligung), Crowd- 08.2016 diebank 35

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