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die bank 07 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG

DIGITALISIERUNG schiedlichen Formate sowie die zahlreichen bilateralen Treffen zu individuellen Unterstützung der Teilnehmer hat sich ein offener Dialog entwickelt, der letztlich das wechselseitige Vertrauen gestärkt und dazu beigetragen hat, dass der deutsche Markt insgesamt gut vorbereitet war. Wie geht es für die Marktteilnehmer weiter? Nachdem sich die angepassten Betriebsabläufe eingespielt haben, sich der Geschäftsbetrieb stabilisiert hat und die Teilnehmer sich mit den neuen Funktionen vertraut gemacht haben, geht es nun zunächst darum, all das umzusetzen, was vor der Migration nicht mehr machbar war. Außerdem gilt es, die Geschäftsprozesse innerhalb der Institute zu optimieren. Das könnte beispielsweise eine gezieltere Nutzung der Instrumente für das Liquiditätsmanagement sein oder das Ausschöpfen der Möglichkeiten des ISO 20022-Standards. Die gegenüber dem früheren, in TAR- GET2 genutzten MT-Standard deutlich reichhaltigere und strukturiertere Informationsübermittlung in den Zahlungsverkehrsnachrichten könnte dazu beitragen, das Erkennen betrügerischer Zahlungen, die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie den Automationsgrad bei der Zahlungsverarbeitung und Abstimmung zu verbessern. Analog zum alten Verfahren werden auch die TARGET-Services – unter Beteiligung der Marktkontaktgruppen – regelmäßig überprüft und modernisiert. In T2 wird es dafür zusätzlich zum bisher üblichen Release im November auch noch ein weiteres im Juni geben. Neben Anpassungen zur Erfüllung regulatorischer Vorgaben, operativen Verbesserungen, Steigerungen von Effizienz, Nutzbarkeit und Wertigkeit des Systems oder auch der Gewinnung neuer Teilnehmer wird die regelmäßige Aktualisierung des Nachrichtenstandards einen hohen Stellenwert haben. Relativ zeitnah werden die noch bestehenden Abweichungen bei den Nachrichtenstandards für RTGS-Systeme und im Korrespondenzbankgeschäft über Swift angegangen. Beide basieren auf dem ISO 20022-Standard, dessen konkrete Ausgestaltung (Usage Guidelines) von internationalen Arbeitsgruppen definiert wurde. Obwohl schon viel Energie in die Harmonisierung beider Vorgaben gesteckt wurde, haben sich nach den Verfahrenseinführungen im März 2023 Geschäftsfälle herauskristallisiert, für die weitere Angleichungen erforderlich sind. Diese Arbeiten wurden unverzüglich aufgenommen und Anpassungen in die Wege geleitet. Bei Zahlungen aus dem Korrespondenzbankgeschäft, die über T2 weitergeleitet werden bzw. umgekehrt, sind Auswirkungen auch in T2 spürbar. Aus diesem Grund werden Anpassungen der Usage Guidelines – sofern für T2 relevant – auch so früh wie möglich in T2 nachgezogen. Ein größeres Vorhaben im Segment der Nachrichtenstandards steht für das Juni-Release 2025 an. Es besteht darin, T2 auf den aktuellen ISO 20022-Standard zu heben und alle jährlichen ISO 20022 Maintenance Releases (MR) nachzuziehen, denn die Nachrichten waren auf dem Stand des MR 2019 „eingefroren“ worden, um die Projektentwicklung zu stabilisieren. Ab November 2025 geht es mit der regelmäßigen jährlichen Aktualisierung weiter. TARGET-Erweiterung um ECMS Ebenfalls auf dem Schirm haben sollten die Teilnehmer ein weiteres großes Projekt des Eurosystems, nämlich die für April 2024 geplante Erweiterung der TARGET-Services um das Eurosystem Collateral Management System (ECMS). Damit wird die Verwaltung der notenbankfähigen Sicherheiten für geldpolitische Kreditgeschäfte des Eurosystems auf einer zentralen technischen Plattform integriert. Der technische Zugang für die geldpolitischen Geschäftspartner wird über die Schnittstelle laufen, die sie bereits von den anderen TARGET-Services kennen, den Eurosystem Single Market Infrastructure Gateway (ESMIG). Mit ECMS werden die derzeit existierenden 20 verschiedenen nationalen Sicherheitenmanagement-Systeme der nationalen Zentralbanken zu einem einheitlichen eurosystemweiten Sicherheitenmanagement-System zusammengefasst. Außerdem wird damit die Harmonisierung im Wertpapiergeschäft, die mit T2S begonnen hatte, weiter fortgeführt. DLT-basierte Transaktionen in Zentralbankgeld Ein völlig anderes Thema, das einigen noch futuristisch vorkommen mag, aber seine Schatten bereits vorauswirft, ist der Einsatz neuer Technologien für die Abwicklung von DLT (Distributed Ledger Technology)-basierten Transaktionen in Zentralbankgeld. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden digitalen Innovation, die auch vor dem Finanzsektor nicht Halt macht, untersucht das Eurosystem aktuell, inwiefern es derartige DLT-basierte Geschäfte durch Abwicklungsmöglichkeiten in sicherem Zentralbankgeld unterstützen kann. Dazu hat die Bundesbank bereits vor zwei Jahren gemeinsam mit der Deutschen Börse und der Finanzagentur des Bundes sowie weiteren Marktteilnehmern erfolgreich getestet, wie effizient DLT-basierte Finanztransaktionen unter Einsatz einer sogenannten Trigger- Lösung als Brücke zum konventionellen TAR- GET2-Zahlungsverkehr in Zentralbankgeld abgewickelt werden können. Innerhalb des Eurosystems wird unter der Überschrift „New technologies for wholesale central bank money settlement (ntw CeBM settlement)” seit einiger Zeit diskutiert, wie die Verrechnung DLT-basierter Transaktionen in Zentralbankgeld aussehen könnte. Dieser Ansatz ist Teil der Strategie des Eurosystems, sicherzustellen, dass Entwicklungen rund um das Zentralbankgeld mit der digitalen Innovation Schritt halten und auch ihren Beitrag dazu leisten. Wie einer Pressenotiz der EZB vom 28. April 2023 entnommen werden kann, möchte das Eurosystem seine konzeptionellen Überlegungen dazu um eine breit angelegte Er- 48 07 | 2023

WIE FUNKTIONIERT DAS TARGET-SYSTEM? DIGITALISIERUNG probungsphase mit interessierten Marktteilnehmern anreichern. Hier wird die Bundesbank ihre Trigger-Lösung einbringen, die sie derzeit an den im März 2023 in Betrieb genommenen T2-Service auf Basis von ISO 20022-konformen Nachrichten anpasst. Zur Unterstützung des aktiven Dialogs mit den Marktteilnehmern wurde kürzlich auf Eurosystemebene eine dedizierte Marktkontaktgruppe etabliert, in der auch Vertreter des deutschen Markts präsent sind. Zusätzlich hat die Bundesbank auf nationaler Ebene eine entsprechende nationale Kontaktgruppe mit interessierten Häusern eingerichtet, um auf dieser Ebene in den direkten Austausch gehen zu können. FAZIT Die Umstellung von TARGET2 auf TARGET mit Schwerpunkt auf dem T2-Service war für alle Beteiligten – 25 Zentralbanken, rund 2.300 Kreditinstitute in Europa, davon ca. 1.200 Häuser allein in Deutschland – ein jahrelanger Kraftakt; eine enorm schwierige Aufgabe, die nur in der gemeinsamen, eng getakteten Umsetzung mit hohem Arbeitseinsatz zu bewältigen war. Umso erfreulicher war es, dass der Big Bang perfekt nach dem vorab erstellten Drehbuch ablief. Dass in der Öffentlichkeit davon kaum Notiz genommen wurde, darf man als Lob auffassen, denn Zahlungsverkehr erfährt meist nur bei Störungen größere Aufmerksamkeit. Autor Ralf Schmidt ist Diplom-Betriebswirt (FH) und arbeitet seit 1997 für die Deutsche Bundesbank. Er ist im Bereich Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme tätig mit dem Schwerpunkt Strategie, Politik und Leistungsangebot bzgl. TARGET. Das TARGET-System umfasst drei verschiedene Services zur Abwicklung in Zentralbankgeld: T2, TARGET2-Securities (T2S) und TIPS. Im T2-Service werden zentrale Liquiditätsmanagementdienste und die Abwicklung von Zentralbankgeschäften (z. B. Offenmarktkredite, Einlagefazilität, Übernachtkredite) über sog. MCA-Konten (Main Cash Accounts) angeboten; außerdem ist dort die Großbetrags-Echtzeit-Brutto-Abwicklung (Real-Time Gross Settlement, RTGS) von Zahlungen und Nebensystemtransaktionen über sog. RTGS-DCA-Konten (RTGS Dedicated Cash Accounts) angesiedelt. Bei den Nebensystemtransaktionen handelt es sich um die geldliche Abwicklung von Transaktionen anderer Systeme bzw. Marktinfrastrukturen wie z. B. Zentrale Gegenparteien oder Massenzahlungsverkehrssysteme. MCA-Konten werden technisch in der sog. CLM-Komponente (Central Liquidity Management) von T2 geführt, RTGS-DCA-Konten in der sog. RTGS-Komponente von T2. Die Stückzahlen und Volumina bewegen sich in T2 derzeit auf einem ähnlichen Niveau wie vorher in TARGET2. Im Mai 2023 wurden durchschnittlich gut 420.000 Zahlungen am Tag abgewickelt, darunter rund 6.000 im zentralen Liquiditätsmanagement und rund 414.000 im RTGS-Bereich. Das Volumen der abgewickelten Zahlungen belief sich im Tagesdurchschnitt auf rund 2,4 Bio. Euro, davon rund 0,4 Bio. Euro im zentralen Liquiditätsmanagement und rund 2 Bio. Euro im RTGS-Bereich. Der T2S-Service bietet eine harmonisierte und zentrale Wertpapierabwicklung, ist ein reiner Abwicklungsservice und führt die Zentralbankgeld- und Wertpapierseite auf einer Plattform im „Delivery-versus-Payment“-Modus zusammen. Im Tagesdurchschnitt wurden in 2022 über 707.000 Wertpapiertransaktionen im Volumen von gut 716 Mrd. Euro verarbeitet. Mit dem TIPS-Service wird eine sofortige Verrechnung von Echtzeitüberweisungen („Instant Payments“) angeboten. Im Mai 2023 waren es tagesdurchschnittlich rund 757.000 Transaktionen. Der Durchschnitt von TIPS-Zahlungen liegt unter 1.000 Euro. 07 | 2023 49

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