MANAGEMENT 1 | Business Model Canvas einer Förderbank Key Partnerships Key Activities Value Propositions Customer Relationships Customer Segments » Bund, Länder und Gemeinden » Fördermittelgeber » Primärbanken » Verband öffentlicher Banken » Ratingagenturen » Ministerien (BMEL, BMF) » Software-Hersteller » Gewährung zinsgünstiger Kredite und Zuschüsse » Ausreichung von Bürgschaften » Beteiligung an innovativen Start-ups » Konsortialfinanzierungen und Globaldarlehen an Primärbanken » Kommunualkredite » Rolle als Impulsgeber in „unrentablen“ Geschäftsbereichen » Übersichtliche Internetseiten » SchnelleAntragsbearbeitung Key Ressources » Fördermittelverwaltung » Treasury » IT: Systeme/Mitarbeiter » Risikomanagement: Mitarbeiter/Systeme » Fördermittelberatung » Bestandsverwaltung » Emission » Verband öffentlicher Banken Channels » Vertrieb über Primärbanken » Direktgeschäft » Förderportale » Webseite » Eigenheimbau oder Modernisierung durch Privatpersonen » Soziale Wohnraumförderung » Klima- und Energiefördermaßnahmen » Innovations- oder Technologieförderung für KMU » Investoren in Green Bonds » Kunst- und Kulturförderung » … Cost Structure » Personalkosten » IT-Kosten » Zinsen/Provisionen » Standardrisikokosten » Eigenkapitalkosten Revenue Streams » Zinserträge » Erträge aus Wertpapiergeschäften Quelle: SKS Group. ches Interesse darstellt. Die Geschäfte werden im direkten Kundenkontakt oder über andere Banken abgewickelt. In letzterem Fall werden ggf. Globaldarlehen an die beteiligten Primärbanken (Banken im direkten Kundenkontakt) ausgereicht. Fallweise werden Fördermittel auch im Konsortialverbund mit anderen Geschäftsbanken vergeben. Als Schnittstelle zwischen Fördermittelgeber und Begünstigtem sind die Prozesse der Förderbanken im Kundengeschäft einer besonders hohen Erwartungshaltung an Geschwindigkeit, Transparenz und Zuverlässigkeit der Antragsprozesse ausgesetzt. Genau dort spielt die Erhebung von relevanten ESG- Informationen eine zentrale Rolle. Die Beurteilung von Kontrahenten und Geschäften entlang der EU-Taxonomie-Verordnung stellt die Förderbanken vor große Herausforderungen. Die Refinanzierung der Förderbanken ist vielfältig und reicht von einer Kapitalmarktrefinanzierung über Sondervermögen des Bundes oder der Länder bis hin zur Emission von Wertpapieren. Damit sind die regulatorischen Transparenzanforderungen aus der SFDR seitens der Förderbanken als Produktanbieter am Finanzmarkt für ihre aufgelegten Green Bonds zu erfüllen. Hochqualifizierte Mitarbeiter und effiziente, stark digitalisierte, betriebsstabile IT-Anwendungen sind die Grundlage eines reibungslosen Geschäftsbetriebs einer jeden Förderbank. Die Umsetzung von ESG-Anforderungen birgt für beide große Herausforderungen. Prozessuale Veränderungen durch ESG Wie bei den meisten regulatorischen Neuanforderungen bereitet die Frage nach der geeigneten Operationalisierung in den Prozessen der Kreditinstitute am meisten Kopfzerbrechen. Die Umsetzung von ESG wirkt sich in nahezu allen Geschäftsprozessen aus. Insbesondere die Datensammlung wird sich künftig in ein früheres Stadium des Gesamtgeschäftsprozesses verlagern. Konnten früher Informationen zu Geschäftszweck oder der Wirtschaftsklassifikation des Kunden ggf. auch zu einem späteren Zeitpunkt noch angereichert werden, ist die nachgelagerte Beschaffung von ESG-Informationen zeitaufwendig und damit kostspielig. In der Konsequenz sind schon in der Geschäftsanbahnung zahlreiche zusätzliche Informationen zum Kunden, zum Geschäft und den damit verbundenen Sicherheiten einzuholen. Darauf müssen sich auch Beratungs- und ggf. Self-Service-Prozesse einstellen. Inhaltliche und qualitative Datenanforderungen müssen in den Vermittler- und Plattformkanälen der Kreditinstitute eingearbeitet werden. Die Kundeninteraktion im Anbahnungsprozess und damit das Input-/Output- Management werden insgesamt anspruchsvoller. Die veränderten Finanzproduktanforderungen müssen in der Produktkonfiguration hinterlegt und in die Genehmigungsprozesse integriert werden. Evtl. müssen Rechenkerne und Konditionstableaus angepasst werden, um einhergehende Preisauswirkungen zu berücksichtigen. Sind die zusätzlichen Daten in der Bestandsverwaltung für Kredite, Konten, Kunden, Sicherheiten und Depots angelangt, müssen diese dort in Monitoring-Prozesse inte- 36 07 | 2023
MANAGEMENT griert werden. Durch angepasste Wertansätze können sich selbst Wertberichtigungs- und Beitreibungsprozesse ändern. Werden Green Bonds emittiert, ergeben sich auch Auswirkungen auf den Refinanzierungsprozess. Mit der Offenlegung nach CSRD (inkl. der EU-Taxonomie Verordnung nach Artikel 8) und der SFDR für Emittenten von Investmentprodukten werden neue Reporting-Prozesse eingeführt, die insbesondere die Mitwirkung neuer Informationsdienstleister, z. B. zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks von Kundensegmenten oder anderen makroökonomischen Kennzahlen, erfordern. Außerdem ändern sich die bestehenden Risikomanagementprozesse durch die Berücksichtigung von ESG. Nachhaltigkeitsanforderungen schlagen sich schließlich auch umfassend in den administrativen Prozessen der Kreditinstitute nieder, z. B. in HR oder etwa auch im Einkauf oder bei der IT-Ausstattung. ESG in Kernprozessen einer Förderbank Um die Auswirkungen der Implementierung von ESG in einer deutschen Förderbank greifbarer zu machen, fokussiert die folgende Betrachtung auf wenige wichtige Kernprozesse am Beispiel einer Immobilienfinanzierung. ÿ 2 Die durch ESG ausgelösten Prozessänderungen beginnen bereits mit der zielgerichteten Überarbeitung von Prospekten und Werbematerialien sowie dem Internetauftritt, um Bestands- und Neukunden effektiv über die neuen Datenanforderungen sowie die ggf. damit zusammenhängenden Preisauswirkungen in Kenntnis zu setzen. Bei der Kontaktaufnahme mit dem Kunden ist eine möglichst frühzeitige Sammlung von Informationen zur späteren Klassifikation des Finanzierungsvorhabens gemäß EU-Taxonomieverordnung notwendig. Dabei ist es erforderlich, nicht nur den Kunden hinsichtlich seiner Wirtschaftsklassifikation zu erfassen, sondern zusätzlich auch jedes Finanzierungsvorhaben an sich. Ein Kunde, der gemäß NACE-Code keinem „grünen“ Wirtschaftszweig zuzuordnen ist, kann durchaus eine Immobilienfinanzierung anfragen, deren Wirtschaftsaktivität ihrerseits als „grün“ klassifiziert werden kann. Zurzeit sind nur die ersten beiden von insgesamt sechs Umweltzielen berichtspflichtig. Die restlichen Umweltziele sind gemäß Artikel 8 der Verordnung EU/2020/852 in Verbindung mit der delegierten Verordnung 2021/2178 erstmalig ab dem 1. Januar 2025 für die Berichtsperiode 2024 zu veröffentlichen. Bereits die Erfüllung der ersten beiden Umweltziele wird anfangs nur bedingt möglich sein, wie ein kurzer Blick in die Liste der ESG-Datenanforderungen zur Wirtschaftstätigkeit „Baugewerbe und Immobilien“ zeigt. Dort finden sich neben heute bereits bekannten Informationen wie einem Energieausweis und Kubaturen auch sehr detaillierte Angaben z. B. zur Baustoffqualität und Baustoffemissionen, Aussagen zu Wasserverbrauch und Gewässerschutz, Nachweise zum Artenschutz usw. Beim Erwerb von Bestandsimmobilien oder Renovierungen werden ggf. Angaben zur Reduktion des Primärenergieverbrauchs benötigt. Mit dem Regelwerk werden auch die Datenanforderungen wachsen Mit einer Berichtspflicht zu den anderen vier Umweltzielen werden die Datenanforderungen noch einmal erheblich steigen, zumal von einem sich ständig weiterentwickelnden Regelwerk auszugehen ist. Um die Berichtspflichten für die Kreditinstitute leistbar zu machen, 07 | 2023 37
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