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die bank 07 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 3 | Vergleich der

MARKT 3 | Vergleich der jüngsten Prognosen zum Wachstum des realen BIP und zur HVPI-Inflation im Euroraum Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent Wachstum des realen BIP HVPI-Inflation Datum der Veröffentlichung 2023 2024 2025 2023 2024 2025 Eurosystem-Projektionen Juni 2023 0,9 1,5 1,6 5,4 3,0 2,2 OECD Juni 2023 0,9 1,5 - 5,8 3,2 - Europäische Kommission Mai 2023 1,1 1,6 - 5,8 2,8 - Consensus Economics Mai 2023 0,7 0,9 1,5 5,5 2,4 2,0 Survey of Professional Forecasters Mai 2023 0,6 1,2 1,6 5,6 2,6 2,2 IWF April 2023 0,8 1,4 1,9 5,3 2,9 2,2 Quelle: EZB. mit Kreditzusagen vorsichtiger geworden und haben ihre Kreditrichtlinien verschärft. Dies geht aus dem Bank Lending Survey der Europäischen Zentralbank vom April 2023 hervor. Danach passten die befragten Banken per Saldo die Kreditrichtlinien, also ihre internen Richtlinien oder Kriterien für die Gewährung von Krediten, im Kreditsegment Wohnungsbaukredite an private Haushalte restriktiv an. Konkret lag der Nettoanteil von Banken, die ihre Anforderungen erhöhten, bei Wohnungsbaukrediten bei 11 Prozent, nach allerdings 29 Prozent im Vorquartal. Als Ursache dafür gaben die Banken und Sparkassen neben den düsteren konjunkturellen Aussichten die verschlechterten Aussichten am Wohnimmobilienmarkt und die gesunkene Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer an. Bei den Unternehmenskrediten lag der Nettoanteil von Banken, die ihre Anforderungen erhöhten, bei 16 Prozent, nach 19 Prozent im Vorquartal. Hierfür waren vor allem die eingetrübte Lage der Wirtschaft und die Konjunkturaussichten sowie branchen- und firmenspezifische Faktoren ursächlich. Für das zweite Quartal 2023 planen die Banken, ihre Richtlinien per Saldo in diesen beiden Kreditsegmenten weiter zu straffen, ebenso aber auch im Bereich der Konsumentenkredite. Die Anpassungen im Firmenkundengeschäft und im Bereich der privaten Baufinanzierung sollen aber im Vergleich zu den aktuellen Straffungen moderater ausfallen. Über eine neue Welle ausgefallener Immobilienkredite machen sich die Banken aktuell allerdings wenig Gedanken. Das mag daran liegen, dass es trotz Corona-Pandemie und den damit verbundenen Betriebsschließungen und Lockdowns kaum zu Kreditausfällen kam. Laut dem EBA Risk Dashboard erreichten die Quoten für notleidende beziehungsweise leistungsgestörte Kredite (NPL- Quoten) in Deutschland zum Ende des Jahres 2021 und 2022 mit jeweils 1,1 Prozent sogar den niedrigsten Wert seit zwölf Jahren. ÿ 3 Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch die Kreditmarktstudie 2023 von EY. Obwohl 86 Prozent der 120 befragten Bankmanager Kreditausfälle für wahrscheinlich bis eher wahrscheinlich halten, glaubt eine deutliche Mehrzahl der Befragten, dass der Anteil an NPL-Quoten in ihren Kreditportfolios nur leicht zulegen werde. Dies hat auch einen Grund: Die Banken und Sparkassen sind zu Zugeständnissen bereit, wenn ein Kreditnehmer in Zahlungsnöte gerät. So berichteten 68 Prozent der Befragten, ausfallgefährdete Darlehen zu stunden. 43 Prozent der Befragten verändern die Laufzeiten, und weitere 40 Prozent passen die Zins- und Tilgungsleis- 32 07 | 2023

MARKT tungen an. Ein Viertel verlangt zusätzliche Sicherheiten, und 23 Prozent der Befragten gewähren Überbrückungskredite, um die Situation zu stabilisieren. Weitere 13 Prozent passen aber auch die in Kreditverträgen vorhandenen Nebenabreden (Financial Covenants) an. Die EY-Autoren raten in diesem Zusammenhang jedoch berechtigterweise zur Vorsicht. Klassische Maßnahmen wie Stundungen oder angepasste Leistungen seien allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie lösten nicht das Problem, sondern schöben es nur zeitlich auf. In der Praxis führe der Einsatz dieser Forbearance-Maßnahmen nämlich in vielen Fällen dazu, dass die desolate Situation des Kreditnehmers verschleiert wird, sodass entsprechende Gegenmaßnahmen nicht mehr greifen würden. Das NPL-Barometer 2022 der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management gibt bereits einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen mag. Es deutet nämlich darauf hin, dass die NPL-Bestände tendenziell wieder steigen werden. So rechnen von 49 befragten Risikomanagern in den führenden deutschen Kreditinstituten 32 mit einem Anstieg des NPL-Volumens auf 38,1 Mrd. Euro bis Ende 2024. 58 Prozent gehen davon aus, dass die NPL-Bestände im Konsumentenkreditbereich in den kommenden 12 Monaten ansteigen werden, 21 Prozent vermuten dies für den wohnwirtschaftlichen Bereich, 46 Prozent im Bereich der Geschäftsimmobilien und 49 Prozent im KMU-Bereich. FAZIT Ob Firmen- oder Privatkunde – angesichts der Eintrübung des konjunkturellen Umfelds, der Entwicklung der Marktzinsen und der Rekord-Inflation können Schuldner sich die deutlich teurere Anschlussfinanzierung oftmals nicht mehr leisten und in eine Überschuldungsspirale geraten. Für Banken bedeutet das grundsätzlich Ungemach, und es stellt sich die Frage, wie mit der Situation bei einer Prolongation bestmöglich umzugehen ist. Einer erneuten Bonitätsprüfung im Sinne von der Erbringung aktueller Nachweise zum Einkommen, Auskunft über regelmäßige Zahlungsverpflichtungen sowie über etwaige Vermögenswerte, die als Sicherheit dienen können, bedarf es bei einer langjährigen Kundenbeziehung vor allem im Privatkundenbereich nicht. Mit dem Vollzug der Zinswende steigt jedoch die Notwendigkeit, den finanziellen Handlungsspielraum des Kunden unter die Lupe nehmen und die finanziellen Machbarkeiten realistisch einzuschätzen, auch wenn diese Vorgehensweise bei einer Prolongation bisher unüblich war. Darauf aufbauend und wenn vertretbar, sind sodann konkrete und auf den Kunden individuell zugeschnittene Prolongationsoptionen auszuloten, die eine störungsfreie Rückführung des Darlehens zulassen – und zwar sowohl während der Erwerbs- als auch in der Rentenphase. Denn weder die Bank noch der Kunde haben ein Interesse daran, dass der Kredit nicht mehr bedient werden kann und die Immobilie im Rahmen der Zwangsversteigerung unter den Hammer kommt. Autorin Carmen Mausbach. Die Diplom- Kauffrau ist seit 2002 als freie Wirtschaftsjournalistin tätig. Ihre Schwerpunkte sind finanzwirtschaftliche, bankenspezifische und ethische Themen. 07 | 2023 33

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