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die bank 07 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 2 | NPL-Quote in

MARKT 2 | NPL-Quote in Deutschland zum Ende des Jahres in Prozent 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quelle: Deutsche Bundesbank. ben und im kommenden Jahr oder später auf eine Anschlussfinanzierung der gesamten Restschuld zu den aktuellen Konditionen angewiesen sind. Für sie heißt es dann, entweder deutlich höhere Annuitäten zu stemmen oder sich bei gleichbleibenden Annuitäten mit längeren Kreditlaufzeiten zu arrangieren, die mitunter bis in das Rentenalter reichen können. Banken müssen Risiken der Anschlussfinanzierung im Blick haben Für die Banken könnte das unangenehme Folgen haben, denn in beiden Fällen besteht die Gefahr, dass Immobilienbesitzer die Darlehen nicht mehr bedienen können. Im ersten Fall, weil deutlich mehr finanzielle Mittel als bisher eingesetzt werden müssen, um den Kapitaldienst aufzubringen. Im zweiten Fall ist es zwar möglich, die höheren Kreditzinsen mit niedrigeren Tilgungsraten auszugleichen. Allerdings verlängert sich dadurch auch die Laufzeit und damit die Dauer bis zur vollständigen Rückführung des Darlehens. Nicht selten können die regelmäßigen Zahlungen der Kunden an die Bank sogar bis weit in die Rentenphase reichen, wo üblicherweise ein deutlich geringeres Haushaltsnettoeinkommen als während der Erwerbsphase zur Verfügung steht. Auch bei Gewerbeimmobilien stehen Anschlussfinanzierungen an, die aufgrund der Zinswende teurer oder im Vermietungsfall deutlich unrentabler geworden sind. Vgl. Abbildung ÿ 1 Banken sind deshalb gut beraten, das Risiko der Anschlussfinanzierung ihrer Privatund Firmenkunden bestmöglich abzuschätzen. Im Mittelpunkt steht daher die zentrale Frage, wie sich die Bauzinsen in den kommenden Jahren entwickeln werden. Maßgeblich hierfür sind die geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank. Diese wirken sich zwar nur indirekt auf die Zinsen für Immobiliendarlehen aus, bilden aber das Fundament für Umschichtungen an den Geld- und Kapitalmärkten und somit für die Nachfrage nach Pfandbriefen und Staatsanleihen, deren Renditen wiederum maßgeblich für die Zinsen von Baufinanzierungen sind. Konkrete Prognosen zur weiteren Leitzinsentwicklung gibt die EZB nicht ab. Dafür verantwortlich sind vielmehr unabhängige Dritte wie etwa Analysten und Institutionen, die ihre Einschätzungen dazu in regelmäßigen Abständen publizieren. Für das vierte Quartal 2023 sehen die Prognosen wie folgt aus: Im ECB-Survey of Professional Forecasters rechnen die Befragten damit, dass der Hauptrefinanzierungszinssatz der EZB im vierten Quartal 2023 bei 4,04 Prozent liegen wird, bevor er im Jahr 2024 dann leicht zurückgeht und im Jahr 2025 schließlich auf 3 Prozent sinken wird. Das Handelsblatt Research Institute (HRI) geht von einem Leitzins-Peak von 4,25 im vierten Quartal 2023 aus. Dieser Prognose schließt sich auch die Deutsche Bank an. Auch sie erwartet in ihrem Basisszenario, dass der Leitzins Ende 2023 bei 4,24 Prozent liegen und das Ende des Erhöhungszyklus erreicht sein wird. Letztendlich trifft die EZB ihre Zinsentscheidungen auf der Grundlage volkswirtschaftlicher Kennzahlen. Hierzu zählen insbesondere die am HVPI (harmonisierten Verbraucherpreisindex) gemessene Inflation, das Wirtschaftswachstum (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) und die Arbeitslosenquote. Voraussetzungen für die prognostizierten Leitzinssenkungen im Jahr 2024 sind Inflati- 30 07 | 2023

MARKT onsraten, die sich nicht wieder deutlich nach oben bewegen und sich in der Volkswirtschaft festsetzen, eine Wirtschaft, die nicht an Kraft verliert und dass es nicht zu einer gefürchteten Lohn-Preis-Spirale kommt. Ebenfalls müssen makroökonomische Schocks ausbleiben, die ein massives Problem für die Finanzmarktstabilität darstellen. Die Prognosen vom April, Mai und Juni 2023 gehen genau von diesen Voraussetzungen aus sowie von der Hoffnung, dass auch die geldpolitische Transmission mit der gewünschten Stärke auf die Wirtschaft durchschlägt. Laut den Eurosystem-Projektionen soll die durchschnittliche Gesamtinflation im Jahr 2023 bei 5,4 Prozent liegen. Im Jahr 2024 gehen die Fachleute von einer Inflation von 3 Prozent aus, und 2025 soll sie – insbesondere aufgrund des nachlassenden Inflationsdrucks bei den Energiepreisen – schließlich wieder auf 2,2 Prozent sinken. Damit wäre das angepeilte Inflationsziel der EZB von 2 Prozent so gut wie erreicht. Beim durchschnittlichen jährlichen Wachstum des realen BIP gehen die Fachleute des Eurosystems von einem Rückgang von 3,5 Prozent im Jahr 2022 auf 0,9 Prozent (2023) aus, um in den Jahren 2024 und 2025 wieder auf 1,5 bzw. 1,6 Prozent anzusteigen. Von internationalen Organisationen und privatwirtschaftlichen Institutionen liegen ebenfalls Prognosen zur Inflation und dem Bruttoinlandsprodukt vor. Sie sind zwar untereinander und auch mit den Projektionen des Eurosystems nicht direkt vergleichbar, da sie zu verschiedenen Zeitpunkten fertiggestellt wurden und ihnen zudem eine unterschiedliche Methodik zugrunde liegt, nichtdestotrotz liegen die einzelnen Projektionen dennoch nahe beieinander. ÿ 2 Vorsorge im Immobilienbereich dürfte zunehmen Für längere Zeiträume sind seriöse Prognosen kaum möglich, denn die Unsicherheit in der Welt nimmt immer weiter zu. Schon kleinere Krisen können jegliche Prognose schnell zunichtemachen. Es könnte also durchaus sein, dass die Zinsen hoch bleiben. Je länger dieser Zustand anhält, desto mehr werden ausfallende Kredite und gestiegene Kapitalkosten zu einem Problem für die finanzierenden Kreditinstitute werden. Durch die deutlich gestiegenen Zinsen haben die Kreditinstitute ihre Margen und damit ihre Gewinne zwar wieder steigern können, weil sie deutlich mehr für Kredite verlangen können, auf der anderen Seite die Zinsen aber nur verzögert und gemäßigt an Sparer weitergeben. Im Gegenzug schwächt der Zinsschock aber die Kunden, weil höhere Zinsen Kreditnehmer grundsätzlich finanziell stärker belasten. Die meisten Banken und Sparkassen sind deshalb im ersten Quartal 2023 07 | 2023 31

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