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die bank 07 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT HANDEL UND WANDEL

MARKT HANDEL UND WANDEL Der NPL-Markt bleibt in Bewegung Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht den Druck auf die Banken, den Umgang mit notleidenden Krediten (Non-performing Loans – NPL) zu priorisieren und Maßnahmen, Verfahren und Best Practices zu entwickeln, um das NPL-Problem in seiner Gesamtheit anzugehen. Dadurch wittern auch Forderungsmanager und Servicing-Anbieter größere Chancen. Mit dem Ziel einer besseren Kapitalausstattung setzen 60 Prozent der Banken auf die Thesaurierung von Gewinnen, jedes fünfte Institut will Kosten dadurch reduzieren, dass es die Vergütungsstrukturen anpasst. 36 Prozent erwarten Kapitalerhöhungen durch ihren Eigentümer und 16 Prozent solche über den Kapitalmarkt. Indessen planen jedoch nur 8 Prozent, auch Kreditportfolios zu verkaufen. 1 Dabei gibt es gute Gründe, sich von Kreditportfolios zu trennen. Mit einer Veräußerung können Kreditrisiken abgebaut und die Risiko-Ertrags- Profile optimiert werden. Jedes zweite Institut will die freie Liquidität zur Vergabe neuer Kredite nutzen, dann allerdings im neu definierten Kerngeschäft. Wachsender Druck, zunehmende Regulierung Auch der Druck der Regulierungsbehörden ist ein Argument für die Banken, sich von notleidenden Engagements zu trennen. So haben die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB) die Banken Europas im März 2017 erneut aufgefordert, ihre Bestände an Problemkrediten zu verringern. Diese sind seit 2008 deutlich gestiegen und beeinträchtigen die Ertragskraft der Banken sowie ihre Möglichkeiten, neue Darlehen zu vergeben. Problemkredite bleiben deshalb auch aus Aufsichtsperspektive noch für einige Zeit ein vordringlichesThema. Zum Ende des dritten Quartals 2016 lag der Anteil der Non-performing Loans (NPL) am Bruttokreditvolumen der von der EZB betrachteten Institute im Durchschnitt bei rund 6,5 Prozent – ein Rückgang um 54 Mrd. € im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Doch trotz der Bemühungen der Regulatoren, den Anteil notleidender Kredite zurückzufahren, haben die Geldhäuser in Europa derzeit einen Berg fauler Kredite im Wert von mehr als 1 Bio. € in ihren Büchern. Banken können die Wertschöpfung ihrer Portfolios enorm steigern, wenn sie externe Servicer nutzen – vor allem in ausfallgefährdeten Märkten. Die Märkte im Einzelnen – umtriebiges Italien Italien ist derzeit der aktivste Markt für Non-performing Loans in Europa – und wird es wohl auch weiterhin bleiben: Von den 2016 abgeschlossenen Transaktionen im Gesamtwert von 103,3 Mrd. € entfielen 36 Mrd. € allein auf Italien. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 2016 mehr als 40 abgeschlossene Deals in Italien – in Deutschland waren es lediglich 5. Das ist jedoch auch bitter nötig: Nach Angaben der Banca d‘Italia hatten italienische Banken 2016 Problemkredite für insgesamt 360 Mrd. € Euro in den Büchern. Doch die Geldhäuser arbeiten an einer Reduzierung der Risiken: Mit abgeschlossenen und laufenden Transaktionen im Wert von 76 Mrd. € bauen sie massiv ab. ÿ 1 Das entspricht den Deals von Großbritannien, Irland, Spanien und den Niederlanden zusammen. Dieser schnelle Umschlag wurde von der italienischen Regierung massiv unterstützt, sodass sich der Trend wohl auch 2017 fortsetzen und womöglich noch beschleunigen dürfte. Behäbiges Deutschland – NPL-Bestand geht langsam zurück Dagegen hat Deutschland mit 2,5 Prozent einen sehr niedrigen Anteil zahlungsgestörter Kredite. Tendenz: weiter fallend. Aktuell ist nicht damit zu rechnen, dass das NPL-Gesamtvolumen hierzulande in absehbarer Zeit wieder deutlich zunimmt. Grund ist die stabile Lage des Arbeitsmarkts und der Wirtschaft, in der tendenziell weniger Kredite ausfallgefährdet sind. Auch die Zahl der Transaktionen dürfte, besonders in Relation zu anderen europäischen Ländern, in den kommenden Jahren eher gering bleiben. Wenn die Zinswende in Europa ansteht, könnte der Bestand jedoch wieder steigen: Denn dann drohen den Darlehensnehmern steigende Zinsen bei ihrer Anschlussfinanzierung, die sie sich womöglich nicht alle leisten können. 2016 haben die Transaktionen in Deutschland einen Wert von 10 Mrd. € erreicht – im Vergleich zu 5,3 Mrd. € im Jahr 2015. Dennoch scheint dieses Volumen sehr gering, bezogen auf das Ausmaß der Nonperforming Loans und nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerte mit einem Volumen von etwa 240 Mrd. € in den Büchern der deutschen Institute. Die Banken hierzulande haben bisher kaum den Druck gespürt, entsprechend zu handeln. IFRS 9 und strengere Kapitalvorschriften könnten dies schon in den nächsten 12 bis 24 Monaten ändern und sie drängen, Verkäufe voranzutreiben. Rege CEE-Märkte – etwa Rumänien und Polen Auch wenn alle Blicke derzeit eher nach Südeuropa gerichtet sind, auch Zentraleuropa ist ein interessanter und sehr aktiver Markt: Mit 22 abgeschlossenen Transaktionen liegen die CEE-Länder denn auch auf Platz 3 im Ranking der Deals für 2016, nach Italien und Spanien. Die größte Transaktion, die 2016 abgeschlossen werden konnte, war der Verkauf von Immobilienkrediten im Wert von 1 Mrd. € von AXA an OTP in Ungarn. Als zweitgrößter folgt ein rumänischer Deal: KRUK übernahm, in Kooperation mit der International Finance Cor- 8 07 // 2017

MARKT poration, einer Tochter der Weltbank, ein Kreditportfolio im Wert von knapp 600 Mio. €. Wie in Italien ist jedoch auch hier noch Luft nach oben: Rumänien etwa konnte seine NPL-Quote von 16,1 Prozent im September 2015 auf 10,1 Prozent im Dezember 2016 senken. Doch liegt es damit noch immer deutlich über dem EU-Durchschnitt mit 5,1 Prozent. Gleiches gilt für unser Nachbarland Polen: Seit 2008 steigt dort das Niveau der ausgereichten Immobilien-, Verbraucher- und Unternehmenskredite. Mit dem Effekt, dass sich der Anteil notleidender Hypothekenkredite von 2010 bis 2016 vervierfacht hat. Auch das NPL-Niveau bei Verbraucherund Unternehmenskrediten ist weiter kaum verändert hoch, Ende 2016 lag es bei 6,9 bzw. 7,6 Mrd. €. Der Anteil zahlungsgestörter Kredite am polnischen Kreditvolumen insgesamt lag Ende 2016 bei 6,1 Prozent. Grundsätzlich hat sich das Transaktionsvolumen in der gesamten Region gut entwickelt, von 2,2 Mrd. € im Jahr 2015 auf 6,4 Mrd. € im letzten Jahr, und dürfte dieses Niveau auch 2017 halten. Denn der Anstieg bei den Transaktionen in der Region beruhte vor allem auf einer Annäherung bei den Preisvorstellungen: Anbieter sind zunehmend re- 07 // 2017 9

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