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die bank 07 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT Mitglieder

MANAGEMENT Mitglieder des Gruppen-Gläubigerausschusses gelten, insbesondere wenn sie gleichzeitig Mitglied eines Gläubiger-Ausschusses sind, den sie im Gruppen-Gläubigerausschuss vertreten: Im Blick zu behalten sind hier nämlich nicht nur wie im „normalen“ Gläubigerausschuss die Interessen eines einzelnen insolventen Unternehmens. Vielmehr erstreckt sich der Tätigkeits- und Pflichtenkreis eines Mitglieds des Gruppen-Gläubigerausschusses auf alle Konzerninsolvenzverfahren. Die potenziellen Haftungsrisiken der Mitglieder des Gruppen-Gläubigerausschusses dürften somit – trotz der im Vergleich zum „normalen“ Gläubigerausschuss eingeschränkten Mitwirkungsmöglichkeiten und -pflichten – erheblich höher sein. Von daher bleibt zu hoffen, dass der größere Arbeitsaufwand und das erhöhte – wenn auch in der Regel über eine Haftpflichtversicherung abgedeckte – Haftungsrisiko der Mitglieder des Gruppen-Gläubigerausschusses angemessen vergütet werden und die Vergütung sich nicht an den „normalen“ Gläubigerausschüssen orientiert. Höhere Sanierungschancen für Konzerne Trotz der zahlreichen Punkte, die noch zu konkretisieren sind, gilt aber: Das Konzerninsolvenzrecht erhöht die Sanierungschancen für Konzerne erheblich. Insbesondere beugt es der Gefahr vor, dass die Synergien, die beim lebenden Konzern den Gesellschaftern, Gläubigern und Arbeitnehmern zugute kommen, in der Insolvenz vergeudet werden – frei nach einer prägnanten Formel von Prof. Dr. Hirte, MdB und maßgeblich an der Gesetzesnovelle beteiligt: „Was das Gesellschaftsrecht zusammengeführt hat, soll das Insolvenzrecht nicht scheiden!“ Die Sanierung eines Konzerns bleibt aber eine große Herausforderung. Denn auch künftig wird es Interessenskonflikte zwischen Konzerngesellschaften geben, die bewältigt werden müssen, damit sie nicht zu Verzögerungen oder Behinderungen durch einzelne Gläubigergruppen führen. An dieser Stelle greift unter anderem das neue Koordinationsverfahren ein, in dem ein Verfahrenskoordinator zwischen den Parteien vermitteln soll. Banken sollten ihre Gestaltungsmöglichkeiten nutzen Bei Konzerninsolvenzen handelt es sich häufig um Großverfahren. Banken sind daher gut beraten, die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten, die ihnen gerade auch über den Gruppen-Gläubigerausschuss im Rahmen der Insolvenzordnung zustehen, aktiv zu nutzen und professionelle Vertreter in die Gläubigerausschüsse zu entsenden. Ein weiterer Vorteil des Konzerninsolvenzrechts ist, dass Konzernlenker zukünftig eine Sanierung mithilfe des Insolvenzrechts (noch) stärker in Betracht ziehen und Insolvenzanträge früher stellen könnten. Das Konzerninsolvenzrecht erleichtert die Planung und Vorbereitung der Sanierung eines Konzerns erheblich. Allerdings wird eine Konzerninsolvenz damit allein noch nicht zum Selbstläufer. Vielmehr muss sich zeigen, wie sich das Konzerninsolvenzrecht in der Sanierungspraxis durchsetzen und bewähren wird. Autoren: RA Dr. Philipp Esser, Geschäftsbereich Internationale Sanierungsberatung, und RA Dr. Roland Fendel, Geschäftsbereich Restrukturierung, beide von der Kanzlei Schultze & Braun. 46 07 // 2017

MANAGEMENT Das Konzerninsolvenzrecht und der Gruppen-Gläubigerausschuss Das deutsche Insolvenzverfahren ist grundsätzlich rechtsträgerbezogen. Für jede Gesellschaft muss also ein eigenes Insolvenzverfahren beantragt und durchgeführt werden. Das ist im Fall einer Konzerninsolvenz problematisch, weil dadurch Gesellschaften, die wirtschaftlich zusammengehören, rechtlich getrennt werden. Ziel des Konzerninsolvenzrechts ist es daher, Konzerninsolvenzen planbarer zu machen und zu erleichtern sowie die Sanierungschancen zu erhöhen. Mit den neuen Regelungen ist es möglich, die Insolvenzverfahren von Konzernen – wie zum Beispiel Arcandor, Praktiker, Schlecker – bei einem Insolvenzgericht mit einem Insolvenzrichter und einem Insolvenzverwalter zu konzentrieren. Zwar wurde dies auch schon bislang in der Praxis häufig so gehandhabt. Allerdings fehlte bei Konzerninsolvenzen die notwendige Rechtssicherheit und Berechenbarkeit, die nun in weiten Bereichen hergestellt ist. Andererseits hat der Gesetzgeber einen eher minimalistischen Ansatz gewählt und – trotz entsprechender Forderungen aus der Praxis – z. B. auf eine verpflichtende Gerichtsstandskonzentration sowie die zwingende Einsetzung nur eines Insolvenzverwalters im Rahmen von Konzerninsolvenzen verzichtet. Stattdessen hat der Gesetzgeber im Konzerninsolvenzrecht Koordinationspflichten und Koordinationsrechte für Insolvenzverwalter, Insolvenzgerichte und Gläubigerausschüsse für den Fall festgeschrieben, dass es nicht sinnvoll oder möglich sein sollte, einen Gruppen-Gerichtsstand zu begründen oder einen personenidentischen Verwalter zu bestellen. Wichtige Bedeutung für die Gläubiger Aus Sicht der Gläubiger und damit auch der Banken kommt in diesem Zusammenhang dem Gruppen-Gläubigerausschuss eine wichtige Bedeutung zu: Als gemeinsames Gremium sollen in ihm die Interessen aller Gläubiger der betroffenen, insolventen Einzelgesellschaften des Konzernverbunds gebündelt und die Tätigkeit der einzelnen Gläubigerausschüsse und des Verfahrenskoordinators unterstützt werden. Allerdings wird ein Gruppen-Gläubigerausschuss nicht automatisch, sondern nur auf Antrag eines oder mehrerer Gläubigerausschüsse in den einzelnen Konzerninsolvenzverfahren gebildet. Der Gruppen-Gläubigerausschuss wird dann durch die Gläubigerausschüsse der einzelnen Konzerninsolvenzverfahren mit jeweils einem Mitglied sowie einem Mitglied aus dem Kreis der Arbeitnehmervertreter besetzt. Anders als bei den „normalen“ Gläubigerausschüssen hat der Gruppen-Gläubigerausschuss – abgesehen von der (Mit-)Bestimmung bei der Auswahl des Verfahrenskoordinators und bei der Beschlussfassung über den Koordinationsplan – allerdings eine eher beratende sowie unterstützende Funktion. 07 // 2017 47

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