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die bank 07 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING

ó BANKING (Smartphone-Bezahldienst) ohne Bankpartner aufgeben. Selbst Rocket Internet hat seine Pläne, eine eigene Bank aufzubauen, vorerst gestoppt. Zugleich plant die Bundesregierung, die Hürden für die Zulassung zu erhöhen. So sollen Crowdfinanzierungen über 1 Mio. € bzw. Einzelinvestitionen über 10.000 € unter die Prospektpflicht fallen. Entsprechend suchen viele FinTechs nach etablierten Partnern. Veränderungsbereitschaft ist gestiegen Deutschlands Banken haben sich vom Vertrauensverlust nach der globalen Finanzkrise erholt. Die Kundenzufriedenheit und -loyalität sind messbar gestiegen, insbesondere bei Direktbanken. Vor allem ein Faktor ist dafür entscheidend: die konsequente Einbindung digitaler Zugangswege. Nach einer Phase des Beharrens und Ignorierens haben die klassischen Banken die Herausforderung anund aufgenommen. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Horváth & Partners (2014) hat vor allem eine hohe Kundenorientierung, leicht verständliche Produkte und Dienstleistungen, vollautomatisierte Prozesse, Schnelligkeit, Preisvorteil und hohe Transparenz als entscheidende Erfolgsfaktoren im Wettbewerb identifiziert. Dennoch sehen viele Banken ihre Filialen nach wie vor als wesentliches Asset. Mittelfristig werden sie noch eine Unterstützung im Vertrieb sein. Doch langfristig werden sie wohl eher eine Belastung darstellen. Nicht mehr die Banken werden entscheiden, wann und wo ihre Kunden mit ihnen im Kontakt stehen – sondern die Kunden, die einen Wandel vom linearen Push-Vertrieb mit der Filiale als zentraler Plattform hin zu einem multidimensionalen Pull-Prozess über mehrere Beratungsquellen entlang der Entscheidungsprozesse von Kunden (Customer Journey) in Gang gesetzt haben. Dafür wird nicht primär Kosteneffizienz, sondern Schnelligkeit und Beweglichkeit erforderlich sein sowie eine offene Architektur hinsichtlich Technologie und Betrieb mit schlanken Kanälen und Organisationsstrukturen, einer integrierten IT-Landschaft, effektiver Governance sowie einer agilen Kultur. Noch hindern vor allem die Trägheit der Organisation, die auf Verlässlichkeit und Risikovermeidung konditionierte Mitarbeiterschaft sowie monolithische, teilweise noch in COBOL geschriebene IT- 1 Deutsche FinTech-Unternehmen German FinTech Overview – Unbundling Banks powered by www.paymentandbanking.com, APRIL 2015 Quelle: Paymentandbanking.com, 2015. 34 diebank 7.2015

BANKING ó Systeme die Banken daran, eigene FinTech -Geschäftsmodelle aufzubauen. Der strikte regulatorische Rahmen engt die Handlungsspielräume zusätzlich ein. Dennoch haben Banken gegenüber Fin- Techs erheblichen Vorsprung bei Marktanteilen und Ertragskraft, die sie nutzen können, um sich auf digitale Produkte und Dienstleistungen sowie mobile und interaktive Kanäle einzustellen. Derzeit zeichnen sich zumindest fünf strategische Optionen ab: a) Banken agieren als Backends für FinTechs; b) sie kooperieren mit FinTechs als Dienstleister; c) sie optimieren und digitalisieren bestehende Prozesse; d) sie beteiligen sich an Fin- Techs oder kaufen sie; e) sie bauen eigene FinTech-Angebote auf ” 2. Beispiel für eine konsequente Kooperationsstrategie Nach dem Markteintritt neuer Anbieter digitaler Finanzdienste und erhöhter Wettbewerbsintensität beginnt jetzt die Phase der strategischen Allianzen. So kooperieren DAB Bank und Augsburger Aktienbank mit Moneymeets, die DZ Bank mit iZettle (Payment) und die Fidor Bank mit Smava (Kredit-Vergleichsportal). Diese Unternehmen arbeiten nur in geringem Umfang in unmittelbarer Konkurrenz. Sie verknüpfen vor allem komplementäre Angebote, von denen beide Seiten profitieren können. Ein Beispiel für die konsequente Umsetzung einer Kooperationsstrategie ist Wikifolio.com. Auf der Online-Plattform können erfahrene Privatanleger, aber auch Vermögensverwalter, ihre Anlagestrategien als Wikifolios auflegen oder den Handelsstrategien anderer Trader folgen (Social Trading). Mit einem investierten Kapital von über 375 Mio. € und einem ausgelösten Handelsvolumen von mehr als 5,6 Mrd. € ist Wikifolio die führende Social-Trading- Plattform in Europa. Der Platzierungserfolg wurde gänzlich ohne eigenen Vertrieb erzielt. Kern der Unternehmensstrategie war von Anfang an ein Partnermodell mit führenden Marktakteuren. Dazu zählen die Lang & Schwarz AG als Emissionshaus für die börsennotierten Wikifolio-Zertifikate und die Börse Stuttgart als Listing-Partner. 2014 lagen Wikifolio- Zertifikate an der Euwax in Stuttgart bei Kundenorders erstmals vorne. Mit knapp 35.000 Orders wickelte Lang & Schwarz rund 25 Prozent des gesamten Handels mit Index-Produkten ab. Mit dem Sparkassen Broker und der Comdirect Bank ist Wikifolio Marketingpartnerschaften eingegangen – über beide Online-Plattformen können nicht nur Wikifolio-Zertifikate erworben werden, sondern auch Kommentare von Wikifolio-Tradern in Echtzeit verfolgt werden. Darüber hinaus gibt es Medienpartnerschaften mit Onvista (größtes Finanzportal), Finanzen100 (führende Finanz-App) und Wallstreet- Online (größte Finanz-Community) sowie den Anlegermagazinen Euro am Sonntag und Börse Online. In der Schweiz kooperiert das Unternehmen mit dem Finanzportal Cash.ch und der Neuen Züricher Zeitung (NZZ). 2 Strategische Optionen für die Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs Hohheit über den Kundenkontakt Kooperation als Backend Kooperation als Dienstleister Optimierung bestehender Prozesse Die Kooperationen sind die Basis des Vertriebsmodells von Wikifolio und bieten eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Online-Broker können ihren Kunden eine zusätzliche Assetklasse anbieten – und Wikifolios werden einem breiteren Publikum zugänglich. Außerdem erhalten Online-Broker und Medienpartner von Wikifolio Content in Form von Trading-Daten, Trader-Kommentaren und Sentiments in Echtzeit. Rund 500 Mio. solcher Content Items wurden bereits angezeigt und geteilt. Wie können FinTechs und Finanzdienstleister voneinander profitieren? FinTechs sind es gewohnt, neue Entwicklungen schnell aufzunehmen, Geschäftsansätze und technologische Lösungen zu entwickeln, mit flachen Hierarchien zu agieren und auf kurzen Wegen zu entscheiden. Ihre Mitarbeiter sind mit dem Internet aufgewachsen (Digital Natives) und praktizieren eine agile Kultur der ständigen Veränderung. Sie sind damit in der Lage, klassische, konventionelle Un- Grad der Transformation Beteiligung oder Kauf von FinTechs Aufbau eigener FinTech-Lösungen 7.2015 diebank 35

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